21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 9

Helge LindhSPD - Änderung des Filmförderungsgesetzes

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ja die Gnade des Vergessens.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das macht der Bundeskanzler jeden Tag!)

Man vergisst erstens auch leicht, dass das Amt der BKM mal anders besetzt war – Frau Bär, regen Sie sich doch nicht so auf! –,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ich rege mich doch gar nicht auf!)

dass andere auch Verantwortung trugen und nicht immer Corona dafür herhalten kann, dass wir uns jetzt mit der Generalnovellierung der Filmförderung beschäftigen. Dass das nicht vorherige BKM gemacht haben, liegt nicht an uns, sondern an den vorherigen BKM.

(Katrin Budde [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Das hätte vor Corona fertig sein können! Sie waren nicht in der Lage dazu! – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Hä?)

Das ist, glaube ich, ziemlich eindeutig.

Zweitens haben wir aus Ihrer Sicht vielleicht eine etwas merkwürdige Vorstellung von Parlament: Wir sind davon überzeugt.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ach so!)

Wir sind selbstbewusste Parlamentarier, und es geht uns um Gesetzgebung. Deshalb verhandeln und entscheiden letztlich wir über Gesetze, und niemand sonst.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Deswegen gibt es Bürgergeld! Liebe zum Parlament! I love it!)

So werden wir es auch in diesem Fall halten und dabei gut streiten, diskutieren und am Ende hervorragende Ergebnisse zeigen.

Wenn wir uns vielleicht mal vergegenwärtigen, worum es eigentlich geht, sollten wir uns einen Film vor Augen führen, der dieses Jahr auch mehrfach preisgekrönt wurde: „Holy Spider“, eine dänische Produktion, aber unter anderem von der FFA und auch vom DFFF umfassend gefördert. Dieser Film, vor der Ermordung von Jina Mahsa Amini gedreht, zeigt die Realität des Mullah-Regimes in all ihrer Bitterkeit am Beispiel eines Serienmörders. Da zeigt sich Film in seiner ganzen Kraft und geradezu prophetisch. Er seziert eine Gesellschaft und zeigt sie in ihrer Unmenschlichkeit und in ihrem Verstoß gegen die Würde. Das ist genau die Kraft des Films.

Deswegen: Es geht nicht einfach nur darum, den Markt zu fördern – das natürlich auch, aber nicht nur – und Fördersysteme zu verwirklichen, sondern es geht letztlich um diese Kunstform, die sowohl Markt ist als auch Kunst. Sie zum Blühen zu bringen: Das ist unsere Aufgabe, das ist unser Job, und diesem fühlen wir uns verpflichtet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dafür liegen nach unterschiedlichsten, ausführlichen Hearings und Debatten in meiner Fraktion Vorschläge auf dem Tisch. Wir haben jetzt Ideen, Eckpunkte seitens der BKM. Nun beginnt die Debatte, für die wir durch diese Verlängerung für das FFG 2024 jetzt Zeit gewonnen haben. Aber 2025 muss der große Wurf dann tatsächlich Realität sein.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, das ist sehr richtig!)

Das haben wir versprochen, und da sind wir auch entsprechend in der Pflicht.

Es wird eine intensive Debatte sein. Da brauchen Sie gar nicht zu lachen.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wer lacht denn? Wir lachen nicht!)

Wir tun nämlich, was andere nur angekündigt haben. In dieser Debatte wird es darum gehen: Was ist mit der Frage der Investitionsverpflichtung, dem Rechtebehalt, Tax Incentives? Vorgeschlagen ist ein Kombimodell. Darüber und über dessen Ausgestaltung werden wir zu diskutieren haben. Es wird um die Frage einer Stärkung automatisierter Referenzförderung gehen, gleichzeitig aber um die Weiterentwicklung der selektiven Förderung und um die Frage: Wie bringen wir das alles zusammen unter dem Dach einer starken FFA? Es gibt auch, jedenfalls außerhalb der kursierenden Vorschläge, Überlegungen zu einer Filmbank. All das ist im Topf.

Generell geht es darum: Wie werden wir umfassend – unter Infragestellung alles Bestehenden, unter radikaler Weiterentwicklung – unsere gesamte Filmförderlandschaft effizienter, besser gestalten, vor allem im Hinblick auf die Produzierenden, die Unternehmenden und die Künstler/-innen? Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Dass wir uns diese große Aufgabe vornehmen, ist überfällig und zwingend notwendig. Und wenn wir das tun, dann vergessen wir aber bitte nicht diejenigen, ohne die das nicht möglich wäre.

In meiner Stadt ist gerade der Kaufhof geschlossen worden, und eine Minute nach der angekündigten Schließung begann die Debatte: Was wird aus dem Standort? Dieser Kaufhof war aber erst durch diejenigen möglich, die dort arbeiteten. Und Film ist nur möglich durch diejenigen, die am Film arbeiten, durch diejenigen hinter und vor der Kamera, und insbesondere durch die Schauspielerinnen und Schauspieler. Deshalb kann man, wenn man von einer Generalrevision der Filmförderung und der Kulissen der Filmförderung spricht, nicht schweigen von den Arbeitsbedingungen. Also müssen wir reden über Tarifbindung, wir müssen reden über Allgemeinverbindlichkeitserklärungen.

(Widerspruch der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])

Das ist aber nicht nur eine Frage der Sozialpartnerschaft, sondern da, wo wir bundesseitig fördern, haben wir auch das Recht und die Möglichkeit, Bedingungen für diese Förderung zu setzen. Das betrifft anständigen, würdevollen Lohn gerade auch für Schauspielerinnen und Schauspieler, die eben nicht immer hervorragend verdienen, sondern allzu oft prekär. Das bedeutet auch, uns die toxischen und zum Teil unerträglichen Arbeitsverhältnisse anzuschauen. Ganz recht hatte Jasmin Shakeri, als sie beim Deutschen Filmpreis sagte: Das große, das eigentliche Problem ist nicht der Schweiger, sondern es sind die Schweiger.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Zu diesen Schweigern dürfen wir nicht schweigen, sondern wir werden reden, –

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

– streiten, diskutieren.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Das Ende wird eine hervorragende neue Filmförderge– –

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Das Ende war leider nicht mehr zu hören, weil ich Ihnen nach dem dritten Aufruf das Wort entzogen hatte.

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothee Bär, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7578819
Wahlperiode 20
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Änderung des Filmförderungsgesetzes
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