Jörg NürnbergerSPD - Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucherinnen und Besucher! Herr Nolte, es hätte mich zwar überrascht, wenn ich heute das erste Mal überhaupt in meinem Leben einen innovativen oder gar sinnvollen Antrag der Rechtsaußenpartei vorgelegt bekommen hätte, aber Sie haben mich nicht enttäuscht.
(Zurufe von der AfD: Oh! – Norbert Kleinwächter [AfD]: Wir haben einen hervorragenden Antrag vorgelegt!)
Ihr Antrag ist tatsächlich, wie viele oder eigentlich die meisten Ihrer Anträge, substanzlos. Er gehört – und das kann ich gleich zu Beginn sagen – abgelehnt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Aber Sie haben heute etwas geschafft: Es ist Ihnen wieder einmal gelungen, sich dabei zu übertreffen, Ihr eigenes Niveau zu unterbieten.
(Zuruf von der AfD: Wie bei Ihnen!)
Hätten Sie nämlich auch nur ein einziges Mal in den neuen Bericht über die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte geschaut – und dafür hatten Sie mittlerweile zehn Monate Zeit –, dann hätten Sie erkannt, dass dieser gerade erst erweitert worden ist. Er gibt eben nicht mehr nur Auskunft über die materielle Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme, sondern auch Informationen zu ganz wesentlichen weiteren Elementen der Einsatzbereitschaft wie Personal, Ausrüstung, Ausbildung und Übungstätigkeiten.
In seiner neuen Form stellt der Bericht also viel besser dar, wie es tatsächlich um die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte steht.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Auf wie vielen Seiten? Das ist doch lächerlich! – Hannes Gnauck [AfD]: Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben?)
Der neue Bericht ist viel näher an der Realität, und ich freue mich, dass wir hier das eingeführte Ampelsystem tatsächlich so darstellen können, dass es die Realität gut wiedergibt. Dass Sie beim Wort „Ampel“ so ein bisschen einen Trigger in sich verspüren und das schlechtreden wollen, wundert mich nicht.
(Martin Hess [AfD]: Sie braucht man nicht schlechtzureden, Sie sind schlecht!)
Aber das Ampelkonzept in diesem Bericht ist ein Erfolg, so wie die Ampel als politische Kraft in diesem Land erfolgreich ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sie haben sich mit Ihrem Antrag wieder einmal selbst disqualifiziert. An einer sachlichen Debatte sind Sie nicht interessiert.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sagten Sie schon!)
Nachdem ich Ihre Rede gehört habe, Herr Nolte, stelle ich fest: Es geht Ihnen um etwas völlig anderes. Sie spielen hier politische Spielchen auf dem Rücken unserer Soldatinnen und Soldaten, und das ist durchschaubar. Es ist auch unanständig, gefährlich und verantwortungslos gegenüber allen Menschen, die ihr Leben für unsere Republik einsetzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ebendiesen Soldatinnen und Soldaten möchte ich hier – auch das haben Sie überhaupt nicht getan – erst mal für ihren Einsatz ganz herzlich danken.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sehr geehrte Damen und Herren, der Krieg in der Ukraine hat ganz deutlich gezeigt, dass wir einsatzbereite und gut ausgerüstete Streitkräfte brauchen, um Stabilität und Sicherheit zu garantieren und um uns selbst und unsere Verbündeten im Notfall auch verteidigen zu können. Eine funktionierende Bundeswehr ist daher eine wichtige Voraussetzung für Frieden und Freiheit in Deutschland und Europa.
Wir erleben in dieser Zeit völlig neue Anforderungen an die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Landes- und Bündnisverteidigung rücken nach 30 Jahren wieder in den Mittelpunkt. Künftig werden wir mehr leisten müssen als bisher – quantitativ und qualitativ.
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Auch Sie könnten ein bisschen mehr leisten!)
Olaf Scholz hat deshalb zu Recht eine sicherheits- und verteidigungspolitische Zeitenwende ausgerufen – nicht die Wende rückwärts, die Sie wollen, sondern eine Wende nach vorne. In den anderthalb Jahren seit seiner Rede haben wir die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr kontinuierlich verbessert. Wir machen das nicht, weil es einfach ist. Wir machen es, weil es schwer ist, und wir machen es, weil es notwendig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben das Sondervermögen im Umfang von 100 Milliarden Euro beschlossen, um die wichtigsten Rüstungsvorhaben schnell und unkompliziert auf den Weg zu bringen.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Schulden!)
Wir haben bereits in moderne Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten investiert, um ihnen den bestmöglichen Schutz zu gewähren. Wir setzen auf wichtige neue Fähigkeiten wie die der F-35 oder des Luftverteidigungssystems Arrow, damit wir uns und unsere Bündnispartner in ganz Europa auch in Zukunft wirkungsvoll verteidigen können. Mit der Industrie besprechen wir die kontinuierliche Erhöhung der Produktionskapazitäten nicht nur bei Munition, sondern bei fast allen Waffensystemen. Insgesamt haben wir bereits zwei Drittel des Sondervermögens verausgabt. Künftig wird das Geld noch schneller fließen, und das ist auch gut so.
All das zeigt: Ausrüstung und Nachbeschaffung laufen auf Hochtouren. Da geht es jetzt Schlag auf Schlag. Neue Schiffe, neue U-Boote, neue Flugzeuge, Hubschrauber, Munition, Führungsgerät, Sanitätsmaterial – alles das ist jetzt in der Pipeline oder bereits unterwegs.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Warum fehlen 25 000 Soldaten?)
Es geht aber nicht nur um den Umfang und die Qualität der Beschaffung, sondern es geht auch um die Beschleunigung der Verfahren, und da geben wir richtig Gas. Boris Pistorius hat mit dem neuen Planungs- und Führungsstab endlich klare Strukturen geschaffen. Wir haben das Vergabewesen grundlegend reformiert
(Jan Ralf Nolte [AfD]: „Grundlegend“?)
und endlich eine Kurskorrektur eingeleitet. Komplexe und langwierige Verfahren haben wir verschlankt und damit deutlich beschleunigt. Künftig werden wir noch schneller bestellen können, was unsere Truppe benötigt.
Dazu gehört es auch, dass wir nicht überall auf den Goldstandard setzen, sondern pragmatisch dasjenige Gerät kaufen, das auf dem Markt verfügbar ist, damit die Lieferungen schneller bei den Soldatinnen und Soldaten, in den Hallen, Hangars und Docks ankommen. Es wird auch wieder ausreichend in Übungen investiert; denn Material, Personal und Übungen sind die Voraussetzungen für zuverlässige Einsatzbereitschaft.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Schönfärberei ist ein Scheißdreck dagegen!)
Trotzdem bleibt die Ausrüstung und Ausstattung der Bundeswehr keine Momentaufgabe, sondern ein langfristiger und nachhaltiger Prozess, den wir als Parlamentarier und Parlamentarierinnen kontinuierlich begleiten müssen.
(Hannes Gnauck [AfD]: Diese Rede ist voll von Phrasen!)
Wir wollen die Einsatzbereitschaft unserer Truppe stetig, dauerhaft und nachhaltig erhöhen. Die Umsetzung Ihres Antrags würde den Soldatinnen und Soldaten das Leben mit mehr Bürokratie nur noch schwerer machen.
(Hannes Gnauck [AfD]: Ah ja!)
Wir erreichen unser Ziel mit weniger Bürokratie und mit weniger kleinteiligen Vorgaben. Wir haben Vertrauen in die Fähigkeiten der Soldatinnen und Soldaten und der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr. Deswegen ist das Prinzip der Trennung in Artikel 87a und 87b Grundgesetz, durch unsere Historie bedingt, durchaus nachvollziehbar.
Wir werden unseren Verteidigungsminister weiterhin bei seiner erfolgreichen Arbeit unterstützen.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Davon merkt man aber nichts!)
Mit den bisherigen Maßnahmen und allen künftigen, die wir in der Koalition noch angehen werden, schaffen wir die Voraussetzungen für eine moderne, attraktive, einsatzfähige und kampfbereite Bundeswehr. Die Rechtsaußenpartei dort drüben steht dem Ganzen nur im Weg. Wir werden den Antrag nach den Beratungen ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP] – Rüdiger Lucassen [AfD]: Boah, war das eine schlechte Rede!)
Herr Lucassen, ich würde Sie bitten, bei Ihren Zwischenrufen auf Ihre Sprache zu achten.
Wir fahren jetzt fort mit Jens Lehmann für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7580570 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Einsatzbereitschaft der Bundeswehr |