Jens LehmannCDU/CSU - Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ist heute wichtiger denn je; denn wir stehen vor einem fundamentalen Wandel der Sicherheitsarchitektur in Europa und in der Welt. Die kommenden Jahre und Jahrzehnte werden sicherheitspolitisch eine neue Epoche. Dafür braucht es einsatzbereite und voll ausgestattete Streitkräfte.
Wenn Deutschland sich im Indopazifik engagieren und erneut nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden will, dann muss das glaubwürdig auch mit deutschen Streitkräften abgesichert werden. Sich allein auf die wirtschaftliche Kraft zu verlassen, wird angesichts der derzeitigen Wirtschaftsentwicklung nicht ausreichend sein. Starke, einsatzbereite Streitkräfte sind am Ende der entscheidende Hebel, um glaubwürdig zu sein. Der Weg dahin ist übrigens die Einhaltung des 2-Prozent-Ziels, auch über das Sondervermögen hinaus.
Das ist also noch mal mein Hinweis, werte Kollegen von SPD, FDP und Grünen, in den kommenden Haushaltsverhandlungen deutlich mehr Mittel für die Bundeswehr bereitzustellen als bislang; denn das 2-Prozent-Ziel ist schließlich auch Ihres.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marcus Faber [FDP]: Das schaffen wir!)
Liebe Kollegen, uns als Unionsfraktion interessiert natürlich die Einsatzbereitschaft der Truppe. Wir wollen wieder Zahlen sehen. Die lustigen, bunten Darstellungen mit Piktogrammen funktionieren vielleicht in Kinderbüchern, aber nicht im Bericht über die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Mich stört es, dass die Ampelregierung das BMVg benutzt, um sich selbst im Bericht über die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zwischen den Zeilen zu feiern, indem sie die Zahlenübersicht gegen ein Ampelsystem austauscht. Das ist reine Symbolpolitik und verschleiert den Zustand unserer Parlamentsarmee.
(Beifall des Abg. Rüdiger Lucassen [AfD] – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Unsinn! Ich bitte Sie, Herr Lehmann!)
Es braucht also Zahlen, Zahlen, die nachvollziehbar und verständlich sind. Wir wollen einen Klarstand über das zur Verfügung stehende Material:
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zahlen ändern sich jeden Tag, und das wissen Sie auch, Herr Lehmann!)
Was hat ein Bataillon an Fahrzeugen im Sollbestand, und wie viele davon fahren tatsächlich? Das ist aus unserer Sicht wesentlich aussagekräftiger als gelb, rot oder grün gefärbte Kästchen. Wir wollen eine Übersicht über das Material, das Personal, die Infrastruktur und die Ausbildung.
Werte Kollegen, die AfD möchte das Thema Munition aufwerten, indem eine Kategorie „Munitionsverfügbarkeit und -reserven“ in den Bericht über die Einsatzbereitschaft aufgenommen werden soll.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das ist doch vernünftig!)
Zeitgleich wollen Ihre Kollegen in Sachsen das geplante Pulverwerk in Großenhain verhindern. Was wollen Sie denn nun? Wollen Sie ausreichend Munition für die Bundeswehr, über die auch berichtet wird, oder nicht? Oder sagen Sie etwa: „Munition ja, aber nicht in Deutschland produziert“? Es wäre schön, wenn Sie dies mit den sächsischen Parteifreunden mal klären könnten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zur Pulverfabrik nur am Rande: Es ist schön, wenn Bund und Länder Milliarden Euro an Subventionen zur Ansiedlung von Chipfabriken ermöglichen. Wir verstehen allerdings nicht, dass es bei der Pulverfabrik bislang an vergleichsweise geringen Fördersummen oder großzügigen Rahmenverträgen scheitert.
Meine Damen und Herren, zurück zum Antrag. Stichwort „Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie“: Mir ist noch nicht bekannt, dass unsere Rüstungsindustrie komplett verstaatlicht wurde und die Bundesregierung deshalb eine eigene Übersicht über alle Produktionskapazitäten hat. Falls die Verstaatlichung der Rüstungsindustrie die Intention des Antrages ist, widerspricht dies fundamental unserer Ansicht von freier Marktwirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Ralf Nolte [AfD]: Das ist nicht die Intention, Herr Kollege!)
Soweit ich weiß, ist das alles noch privatwirtschaftlich organisiert.
Die Produktionskapazitäten der Verteidigungsindustrie wären im Übrigen besser ausgelastet, wenn die Rüstungsexportpolitik spürbar vereinfacht würde.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Ja!)
Dann müsste der Chef eines bekannten deutschen Herstellers demnächst nicht mehr sagen, dass wir eine – Zitat – „Verbotsindustrie mit Erlaubnisvorbehalt“ sind. Das wäre eine exportpolitische Zeitenwende und eine Anerkennung der sicherheitspolitischen Epoche.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Werte Kollegen, schaue ich mir die Punkte Ihres Antrages an, lese ich die Forderung nach Kategorien wie „Tagesdienststärke“, „personelle Einsatzbereitschaft“, „Grad der Vollausstattung“, „Aufwuchsfähigkeit“ usw. Darin sehe ich ein neues Bürokratiemonster. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Ersticken wir die Bundeswehr nicht mit weiteren Berichtspflichten! Wir im Parlament fordern viele Berichte vom BMVg an. Aber wir müssen selbstkritisch genug sein, die Bundeswehr nicht in einem übergriffigen Informationsbedürfnis von ihren eigentlichen Aufgaben abzuhalten.
Mir ist es wesentlich lieber, wenn unsere Soldaten in Landes- und Bündnisverteidigung ausgebildet und trainiert werden, anstatt gegen oder mit Excel-Listen zu kämpfen. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort erhält Philip Krämer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7580571 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Einsatzbereitschaft der Bundeswehr |