22.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 123 / Tagesordnungspunkt 32

Henning OtteCDU/CSU - Einsatzbereitschaft der Bundeswehr

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren Zuschauerinnen und Zuschauer! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der AfD führt mal wieder dazu, dass es hier zwar ein unterhaltsames Programm gibt, aber ein Programm, das an den Bedürfnissen der Truppe vorbeigeht.

Sie sorgen sich in Ihrem Antrag um die territoriale Integrität Deutschlands und zeigen eine verschärfte Sicherheitslage auf. Ihr Antrag atmet aber absolut national beschränkte Sicht: kein Wort zum Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und damit zu einem Angriffskrieg gegen die Friedensordnung in Europa und kein Wort zur Einbettung Deutschlands in Europa und vor allem im Verteidigungsbündnis der NATO. Sie zeigen eine klar nationale Ausrichtung. Damit gefährden Sie die Integrität Deutschlands und stellen eine Gefahr nach innen wie nach außen dar,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es geht um die Bundeswehr!)

gesellschaftlich, gesamtstaatlich. Deswegen ist es ein Showprogramm, und dem ist nicht zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Sie träumen von einem Nationalismus, von Landesverteidigung, wie Herr Lucassen immer sagt. Nein, wir träumen davon, dass wir in Bündnisverteidigung sind und dass wir unseren Beitrag für die Landesverteidigung da auch zum Ausdruck bringen.

(Zuruf von der AfD: Da können Sie weiterträumen!)

Wir als CDU/CSU stehen zu einem gesunden Patriotismus, aber zusammen mit einer Integration in die Europäische Union und in die NATO; denn die NATO ist der Garant für Frieden und Freiheit. Das ignorieren Sie völlig. Deswegen ist der Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will mal mit einem Märchen aufräumen und darf da den Kollegen Al-Dailami als Kronzeugen zitieren; das hatte ich auch nicht gedacht. Er sagte, es sei ja in letzter Zeit so viel in Rüstung investiert worden. Sehr geschätzter Kollege Faber, Sie haben eben gesagt, jahrelang sei eingespart worden, was auch die AfD sagt. Das können Sie auch nicht alles wissen, weil Sie eine Zeit lang nicht hier waren.

Aber ich will mal sagen: Ab 2014 gab es einen stetigen Aufwuchs der Finanzen; in den vier Jahren der letzten Legislaturperiode waren es 30 Prozent. Wir haben das Weißbuch geschrieben, wir haben ein Fähigkeitsprofil aufgestellt, wir haben die Konzeption der Bundeswehr gemacht, wir haben Beschaffungen gemacht, wir haben Rüstungskooperationen gemacht, und das alles trotz des Finanzministers Scholz als Bremser.

Das Bundeskabinett hat es am Ende vielleicht nicht vehement durchgesetzt. Aber eins nehmen wir für uns in Anspruch, nämlich dass wir nach der Annexion der Krim in die Bundeswehr wesentlich mehr investiert haben und zur Bundeswehr gestanden haben. Andere Behauptungen müssen wir uns hier nicht vorhalten lassen. Zu Ihnen, zur Ampel, komme ich gleich noch mal extra.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Bundeskanzler stand hier und hat gesagt – erstes Versprechen –: mehr als 2 Prozent, Jahr für Jahr. – Das 100-Milliarden-Sondervermögen – zweites Versprechen – hat er relativiert: Die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sollen aufgeteilt werden, um das 2-Prozent-Ziel zu erreichen. Jetzt heißt es im Kabinettsbeschluss: Die 2 Prozent sind nicht mehr verbindlich, und die 100 Milliarden Euro sind nicht ausschließlich für die Bundeswehr da. Da zitiere ich den Bundesrechnungshof, der sagt: Das ist ein klarer Rechtsbruch. Es ist unzulässig, das Sondervermögen zum Auffüllen der alltäglichen Ausgaben zu nutzen. – Das ist ein Armutszeugnis und kein Bekenntnis zur Bundeswehr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marcus Faber [FDP]: Das ist auch nicht die Realität!)

Die Zeitenwende wird offensichtlich ausgebremst; der Einzelplan 14 ist nach wie vor eingefroren und noch auf dem abgesenkten Niveau von vor dem Kriegsausbruch. Lediglich die Steigerung der Personalkosten nehmen Sie auf. Und zu dem, was der Kollege Nürnberger sagt: Natürlich stehen jetzt mehr Übungen, mehr Ausbildung im Bericht; aber das bedeutet doch auch mehr Kosten.

Jetzt ist viel Gerät aus den Beständen der Bundeswehr zu Recht und notwendigerweise an die Ukraine abgegeben worden. Aber wo wird das denn wiederaufgefüllt? Die Bundeswehr braucht jährlich 20 Milliarden Euro mehr. Herr Pistorius hat gesagt, Herr Staatssekretär, schon 10 Milliarden Euro wären mindestens notwendig. Jetzt stellt sich der Bundeskanzler hin und sagt: Ab 2026 gibt es eine Lücke von 30 Milliarden Euro, Tendenz steigend.

Meine Damen und Herren, so kann man keine verlässliche Sicherheitspolitik in solchen Zeiten machen. Wenn sich die Familienministerin Paus am Kabinettstisch offensichtlich stärker durchsetzen kann als die Verteidigung,

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Hat sie ja nicht! – Zuruf der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE])

dann bieten wir, Herr Staatssekretär Hitschler, dem Bundesminister Pistorius an, ihn zu unterstützen. Die Ampel hat offensichtlich den Glauben an die Regierungsverantwortung verloren. Ich habe den Glauben an die Ampel verloren, und die Soldaten glauben dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marcus Faber [FDP]: Wir haben den Glauben an Sie verloren! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Henning, das ist Quatsch! Du weißt, was das für ein Quatsch ist, Henning! Ernsthaft! 100 Milliarden Sondervermögen versus 2 Milliarden!)

Wir haben gestern in einem Netzwerk der CDU einmal deutlich gemacht: Was brauchen wir denn? Wir brauchen ein Personalkonzept. Wie sollen denn die drei Divisionen aufgestellt und das Versprechen eingelöst werden, zusätzlich noch eine fest stationierte Brigade in Litauen zu haben? Ich kann nur sagen: drei Ministerien, drei Farben, drei Meinungen, keine Führung.

Wir müssten uns viel mehr darum kümmern: Was brauchen unsere Soldatinnen und Soldaten? Was braucht der Haushalt? Was braucht die Truppe? Da hilft dieser Antrag überhaupt nicht. Wir können nur sagen: Wir als CDU/CSU stehen zur Bundeswehr; wir setzen uns weiter ein. Wir alle sind aufgefordert.

(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Opposition stellt sichs gut, und in der Regierung kriegt man dann doch nix gebacken, ne?)

Machen Sie eine Korrektur der Haushaltszahlen! Geben Sie der Truppe das, was sie braucht!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als letzter Redner hat für die SPD-Fraktion Dr. Kristian Klinck das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7580575
Wahlperiode 20
Sitzung 123
Tagesordnungspunkt Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta