Kristian KlinckSPD - Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der russische Angriff auf die Ukraine war ein extremer Einschnitt. Durch den Angriff ist wieder deutlich geworden – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus einer Rede von Generalmajor Christian Trull –:
„… dass die Menschheit und die Menschlichkeit geschändet werden können und das Geschehen oder Nichtgeschehen dieser Schändung von der Gewalt abhängen kann, von der Gewalt des Guten zwar, aber doch von der Gewalt, mit der es verhindert werden kann, nicht allein von der Menschheit oder der Menschlichkeit an und für sich.“
Nebenbei bemerkt – ich gucke mal in Richtung der AfD –:
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Na, los!)
Das klare Bekenntnis von Männern wie Trull zur Freiheit, zur Würde des Menschen und zu den Werten von Tresckow und von Stauffenberg könnte den Berufssoldaten in Ihren Reihen mal den Anstoß dazu geben, in sich zu gehen und darüber nachzudenken, ob die Werte der AfD die Werte sind, die sie vertreten wollen.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Na, na, na, na! Jetzt aber vorsichtig! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wir brauchen keine Belehrung!)
Aber wie die heutige Diskussion gezeigt hat, sind Sie diesen Weg schon sehr weit gegangen. Das ist schade; denn bei aller Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit einer offenen Diskussion – auch über strittige politische Fragen – glaube ich nicht, dass ein Platz dort, in der AfD-Bundestagsfraktion, ein guter Platz für einen deutschen Soldaten ist. Da liegt kein Segen drauf.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Hannes Gnauck [AfD]: Das kann man jetzt so oder so sehen!)
Aber zurück zur Zeitenwende des 24. Februar. Wir müssen realisieren: Es gibt wieder Diktatoren, die bereit sind, militärische Gewalt einzusetzen, um Grenzen zu verschieben, und das Geschehen oder Nichtgeschehen dieser Gewalt kann von der Gegengewalt der Verteidiger abhängen. Das ist der Grund, meine Damen und Herren, warum wir eine starke und einsatzbereite Bundeswehr brauchen: Wir brauchen sie, damit wir unser Land und unser Bündnis verteidigen können; ebenso brauchen wir sie, damit wir gar nicht erst angegriffen werden.
Die Einsatzbereitschaft von Streitkräften ist eine Daueraufgabe. Bevor sich auch nur eine Kompanie oder ein Bataillon in Marsch setzt – ich spreche gar nicht von einer Brigade –, hat der logistische Apparat und der Verwaltungsapparat lange gearbeitet. Damit Streitkräfte einsatzbereit sind, müssen alle Komponenten ineinandergreifen: Personal, Ausbildung, Material, Führungsfähigkeit, Logistik.
Diese Überlegung ist auch die Grundlage des Berichts über die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte, der hier Gegenstand eines Antrags der Opposition ist. Der Bericht zeigt Fortschritte auf: Wir sind ein verlässlicher Partner der NATO und stehen an der Seite unserer Verbündeten. Unsere Einsatzbereitschaft wird durch die vorbildliche Dienstauffassung unserer Soldatinnen und Soldaten und deren tägliches Engagement aufrechterhalten. Ihnen gebührt unser Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es gibt große Herausforderungen, die wir angehen und die wir auch angehen müssen. Wir brauchen eine materielle Vollausstattung unserer Kampfbataillone. Bei der Wartung und Instandsetzung gibt es noch viel zu tun. Wir müssen die Bereitschaft zur Bevorratung von Ersatzteilen haben. Herausforderungen gibt es auch im Bereich des Personals, bei der Digitalisierung und der Infrastruktur.
Was kann der Deutsche Bundestag zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft beitragen? Wir können und wir sollten, ja, wir müssen hinschauen und uns berichten lassen. Hilft der Antrag der Opposition da weiter? Ich glaube, eher nicht; denn zum einen fragen Sie ja teilweise nach Dingen, die bereits erhoben werden. Sie fragen auch nach Dingen, die man aus meiner Sicht kaum sinnvoll erheben kann. Aber vor allem kommt der neue Bericht ja in wenigen Wochen sowieso auf die Tagesordnung im Ausschuss, und Sie können Ihre Anforderungen dort formulieren, auch an das Format des Berichtes. Insofern ist die Verweisung in den Ausschuss hier folgerichtig.
Ein besonderes Engagement für unsere Bundeswehr kann ich aus Ihrem Antrag auch nicht herauslesen. Wir im Deutschen Bundestag haben nämlich noch eine weitere Verantwortung: Wir müssen die Ressourcen zur Verfügung stellen, um unsere Bundeswehr gut auszustatten. Da fällt schon auf – das kann ich Ihnen nicht ersparen, will ich auch nicht –, dass die AfD gegen das Sondervermögen der Bundeswehr gestimmt hat. Aus meiner Sicht ist in der Diskussion um das Sondervermögen deutlich geworden, dass Sie diese harte Verteidigungsbereitschaft der Demokratien gegen die Tyrannei, die in der Rede von General Trull deutlich wird, eben nicht wollen. In dieser Frage sind Sie moralisch nicht klar,
(Zuruf von der AfD)
und das ist schade.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Alexander Müller [FDP] – Thomas Seitz [AfD]: Wir verteidigen unser Vaterland!)
Sehr geehrte Damen und Herren, als Bundestag sind wir im ständigen Dialog mit Regierung, Ministerium, Bundeswehr und den Bürgerinnen und Bürgern. Wir müssen Dinge so aufs Gleis setzen, dass es vorangeht – auch bei der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Die Truppe hat es verdient, dass wir uns um sie kümmern. Dafür gibt es im Deutschen Bundestag eine große Bereitschaft, und wir schließen niemanden dabei aus, der es nicht selbst verdient hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7580576 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Einsatzbereitschaft der Bundeswehr |