Matthias MierschSPD - Bundes-Klimaschutzgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ein bisschen aufpassen, dass ich nicht zu sehr lache.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber, Frau Kollegin Weisgerber, ich war ja in vielen, vielen Verhandlungen dabei, auch in der Nacht der Nächte im Kanzleramt. Ihnen vier, die Sie da vorne sitzen, nehme ich tatsächlich allen ab, dass Sie wirklich Klimaschutz machen.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das ist aber sehr großzügig!)
Aber dahinter sind noch ganz, ganz viele Reihen für Abgeordnete,
(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])
die heute nicht da sind. Die werden aber alle wiederkommen, wenn Sie Verantwortung tragen. Deswegen will ich Sie schon damit konfrontieren, was zum Beispiel Ihr damaliger stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Herr Nüßlein, bei der Vorlage des Klimaschutzgesetzes gesagt hat. Er hat gesagt: Das machen wir nicht mit, das ist „ein planwirtschaftlicher Ansatz“.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Aber wir haben es doch beschlossen!)
Und dann Herr Brinkhaus – er war damals Ihr Fraktionsvorsitzender –, der den Sachverständigenrat, den wir vorgesehen und durchgesetzt haben, als „Zentralkomitee für Klimaüberwachung“ bezeichnet hat.
(Heiterkeit bei der SPD – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Halten Sie die Sektorziele jetzt für falsch? – Zurufe von der CDU/CSU)
Das ist das wahre Gesicht von CDU/CSU. Und es ist unser Gesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Und deswegen, Matthias, wollt ihr es jetzt wieder abschaffen?)
Gott sei Dank haben wir es durchgesetzt – mit Ihnen. Es hat viel Kraft gekostet. Aber stellen Sie sich nicht hierhin und sagen, Sie hätten dieses Gesetz gemacht!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dann sind wir jetzt bei dem, was gerade vorliegt.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Okay!)
Wir müssen jetzt attestieren, dass wir vor allen Dingen in den Sektoren Gebäude und Verkehr immer noch nicht da sind, wo wir eigentlich hinwollen.
(Karsten Hilse [AfD]: Auch nicht da, wo wir hinwollen!)
Und Sie, ausgerechnet Sie, kommen nun, nachdem wir im Gebäudebereich mit dem Gebäudeenergiegesetz wirklich richtig was geschafft haben,
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Na, was denn?)
als Erstes mit der öffentlichen Ankündigung, dass Sie es wieder abschaffen werden.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: 2020 haben wir das Klimaziel erreicht! Zusammen! Wir zusammen!)
Sie würden mit Ihrer Politik die Sektorziele sofort wieder reißen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP] – Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Liebe Frau Kollegin Weisgerber, wenn Sie dann mit dieser ominösen Bepreisung kommen, kann ich nur sagen: Wenn Sie die Sektorziele so lassen wollen und dann bepreisen, dann heißt das, dass Sie weiten Teilen der Bevölkerung Mobilität und Heizen nicht mehr ermöglichen.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Das ist unsozial. Und das muss man den Leuten sagen, was Sie hier gerade verbreiten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist ein Märchen! Wir haben einen moderaten Preis beschlossen, und das weißt du auch!)
Deswegen: Ja, es ist absolut richtig, glaube ich, das Ziel 2030 nicht anzufassen; das wäre meines Erachtens auch klar verfassungswidrig. Eine Flexibilität innerhalb der Sektoren hat es auch bisher schon gegeben; jetzt weiten wir sie aus. Aber aus meiner Sicht – Lisa Badum, da bin ich voll bei Ihnen – ist es ein nicht haltbarer Zustand, dass wir ein Gesetz haben und wir – da spreche ich die Bundesregierung insgesamt an – in bestimmen Bereichen die Sekorenziele reißen, aber man der Rechtsverpflichtung, ein Sofortprogramm vorzulegen, nicht nachkommt.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Genau!)
Deswegen – Robert, jetzt musst du tapfer sein; die anderen sind ja nicht da, auch der Verkehrsminister nicht –,
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Schade!)
glaube ich, ist es unsere Aufgabe als selbstbewusste Parlamentarier, diesen Mangel an unserem ursprünglichen Klimaschutzgesetz zu beseitigen.
(Beifall der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn einzelne Ziele verfehlt werden, muss es einen Automatismus geben,
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Da sind wir aber sehr gespannt!)
der uns garantiert, dass die Ziele dennoch insgesamt eingehalten werden. Das ist unsere Aufgabe in den parlamentarischen Beratungen, auf die ich mich sehr freue.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir werden euch daran messen!)
Vorschläge sind immer willkommen, auch von der CDU/CSU, vor allen Dingen, wie Sie nach Ihrem Konzept die Sektorziele einhalten wollen.
Aber jetzt, Herr Hilse, noch einen Punkt zu Ihnen. Wir beraten ja auch den Antrag der AfD „Aufkündigung aller internationalen Klimaschutzverträge“. Ich sage Ihnen: Wenn Sie das Klimaschutzgesetz nehmen und sich die dazugehörige Verfassungsgerichtsentscheidung ansehen würden, dann müsste Ihnen klar sein, dass eine solche Aufkündigung wirklich gegen das deutsche Grundgesetz wäre. Sie reden ja gleich noch; dann können Sie mir mal sagen, wie Sie Ihre Vorstellungen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbaren wollen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP])
Sie sind Verfassungsfeinde! Hier haben wir für den Bereich des Klimaschutzes ein Beispiel. Das müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land immer wieder sagen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Karsten Hilse.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7580582 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Bundes-Klimaschutzgesetz |