Lina SeitzlSPD - Raubtierbejagung - Schutz v. Menschen u. Weidetieren
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich ist es so: Getroffene Hunde bellen, Herr Otte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Unverschämtheit! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Also, die Dreistigkeit dieser Reden ist wirklich bemerkenswert!)
Aber zurück zum Thema. Erlauben Sie mir bitte eine Vorbemerkung. Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland bewegt sehr viele Menschen, nicht nur die Weidetierhalterinnen und -tierhalter in den Regionen, in denen sich Wölfe wieder angesiedelt haben. Es gebietet sich für uns als Deutscher Bundestag, in dieser Situation ernsthaft an Lösungen zu arbeiten, die die berechtigten Sorgen in der Bevölkerung adressieren, gleichzeitig aber eben nicht populistische Forderungen aufnehmen, sondern nur die, die rechtlich abgesichert sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Der Antrag ist total fundiert! Haben Sie den Antrag mal durchgelesen?)
Die aktuelle Rechtslage ist doch klar: Der Wolf ist europarechtlich streng geschützt. Forderungen nach wolfsfreien Zonen oder einem aktiven Bestandsmanagement, wie Sie sie in Ihrem Antrag formuliert haben,
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: … sind sogar in der EU-Richtlinie vorgesehen!)
sind EU-rechtlich nicht möglich.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Das ist doch völliger Unsinn! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das Gutachten von der FDP sagt doch was anderes!)
Die aktive Entnahme von Wölfen in Schweden, die von Ihnen oft als Vorbild genannt wird, hat zu einem Vertragsverletzungsverfahren geführt. Kollege Otte, wenn Ihnen das Thema so wichtig ist, dann wenden Sie sich doch bitte an Ihre Parteikollegin und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie wäre die richtige Adressatin.
(Beifall bei der SPD – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Die erfasst gerade die Daten! – Daniel Rinkert [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Ihr schreibt doch so gern Briefe!)
Die Entnahme von Wölfen – das wissen Sie auch; das haben wir ja in der letzten Legislaturperiode gemeinsam gemacht – ist möglich in einem engen rechtlichen Rahmen, den uns die EU vorgibt. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch – das muss man schon dazusagen; das adressieren wir auch immer wieder –, dass diese Möglichkeit in der Praxis für die Länder schwer umzusetzen ist. Nach wie vor sind da viele Fragen offen. Ich bin dankbar, dass auch die Bundesumweltministerin und der Bundeslandwirtschaftsminister hier adressieren,
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Nach zwei Jahren!)
dass jetzt gemeinsam an Lösungen und rechtlichen Vereinfachungen gearbeitet wird. Es braucht jetzt zeitnahe Lösungen, damit der Umgang mit den sogenannten Problemwölfen rechtssicher geklärt wird. Dazu gehört natürlich auch die unbürokratische Entnahme von einzelnen Wölfen.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: „Unbürokratische Entnahme“! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wie soll das funktionieren?)
Aber das beste Mittel gegen Nutztierrisse – das ist hier auch schon gesagt worden – ist der Herdenschutz. Das zeigen verschiedene Studien. Ein geschwächtes Rudel greift eben eher nicht ausreichend geschützte Weidetiere an. Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, blendet völlig aus, dass der Herdenschutz auch dann unerlässlich ist, wenn nur ein Wolf in der Umgebung streift. Es ist also hier die Aufgabe der Länder, flächendeckend Herdenschutzmaßnahmen zu fördern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist auch völlig klar, dass Herdenschutzzäune auf Deichen und in Steillagen schwierig umzusetzen sind. Das negiert keiner hier. Es gibt aber alternative Formen des Herdenschutzes. Darauf hat der Bundestag in der letzten Legislaturperiode auch schon aufmerksam gemacht und die Bundesregierung aufgefordert, eine Studie zum Herdenschutz in diesen Gebieten zu beauftragen. Mein Kollege Carsten Träger hat es gesagt: Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Ergebnisse dieser Studie jetzt endlich veröffentlicht werden, damit wir Lösungen für die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter in diesen Gebieten, nämlich in Steillagen und auf Deichen, finden.
(Beifall bei der SPD)
Einen letzten Punkt möchte ich noch kurz nennen. Wir sprechen hier immer wieder vom Monitoring. Wir haben in Deutschland ein sehr gutes Monitoring.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sie ziehen die Konsequenzen daraus nicht!)
Ich glaube, es gibt wenige Tierarten, die so gut gemonitort sind und im Übrigen auch so transparent gemonitort sind wie der Wolf. Das kann sich jeder auf der Seite der DBBW anschauen. Wir haben Genanalysen von jedem Wolf, von dem wir Proben entnehmen können. Es ist aber nicht vermittelbar, warum diese Daten nur alle sechs Jahre an die Europäische Kommission übermittelt werden müssen, damit diese dann feststellt, wann der günstige Erhaltungszustand erreicht ist. Das ist nicht vermittelbar. Hier muss sich auch die EU anpassen, damit wir die Bestandsaufnahme und das Monitoring auf EU-Ebene glaubwürdig und transparent darlegen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Frau Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke, für die Bundesregierung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7580602 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Raubtierbejagung - Schutz v. Menschen u. Weidetieren |