27.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 124 / Zusatzpunkt 1

Jessica RosenthalSPD - Aktuelle Stunde: Gemeinsam für unser Handwerk

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Handwerk ist das Rückgrat unseres Landes. Ich glaube, das ist jetzt in der Debatte deutlich geworden; darin sind wir uns einig.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Was macht ihr jetzt daraus? – Nina Warken [CDU/CSU]: Mir ist noch nicht deutlich geworden, was Sie machen wollen!)

Damit dieses Rückgrat uns weiterhin Stabilität geben kann, brauchen wir vor allem eins: Fachkräfte. Auch darin sind wir uns einig. Ich nenne noch mal die Zahlen; denn die haben wir, glaube ich, heute noch nicht so oft gehört: Wir reden über 400 000 Menschen, die wir jedes Jahr davon überzeugen müssen, dass unser Land die besten Bedingungen zum Leben und Arbeiten bietet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Davon – und das müssen wir so ehrlich konstatieren – sind wir aber weit entfernt. Es wird immer wieder schmerzhaft deutlich: Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen, in Deutschland dauerhaft zu leben, nicht nur, weil sie sich unsicher sind, welche Karrierechancen ihnen offenstehen, sondern eben auch, weil Möglichkeiten für ihre Familienmitglieder fehlen oder sie auf ein diskriminierendes Umfeld treffen. Wer könnte es allen verdenken, die nicht bei uns in Deutschland bleiben wollen!

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist jetzt nicht unser größtes Problem!)

Die aktuelle Debatte zur Zuwanderung mit all ihrer Hetze und dem Schüren von Ressentiments

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Oje!)

ist das Gegenteil von einer Einladung in unser Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Erlauben Sie mir daher, werte Kolleginnen und Kollegen der Union, in Ihre Richtung eine Bemerkung zu machen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, bitte!)

Wenn Sie wirklich etwas für das Handwerk tun wollen, dann beenden Sie endlich Ihr lösungsloses Schüren von Ressentiments! Kommen Sie an den Tisch, um vernünftige Lösungen zu finden

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Dagegen verwahren wir uns, Frau Rosenthal! – Nina Warken [CDU/CSU]: Ihr Weg hat jetzt auch noch nicht zu mehr Fachkräften geführt, oder?)

und vor allem endlich eine Willkommenskultur ohne Fremdenfeindlichkeit zu schaffen, gerade auch für zugewanderte Arbeitskräfte!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bernd Schattner [AfD]: Was jetzt? Zugewanderte oder Arbeitskräfte? – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das ist ja eine Unverschämtheit! – Nina Warken [CDU/CSU]: Es ist nur gut, wenn viele Handwerker solche Reden hören!)

Neben Zuwanderung – das ist auch schon deutlich geworden – brauchen wir natürlich jede und jeden in unserem Land, um das Handwerk zu stärken. Hunderttausende unbesetzte Stellen, Zehntausende Ausbildungsstellen, die unbesetzt sind – das sind beängstigende Zahlen. Deshalb lassen Sie mich eins klarstellen: Jeder junge Mensch, der oder die sich in unserem Land für eine Ausbildung entscheidet, erst recht im Handwerk, trifft eine verdammt gute und sinnvolle Entscheidung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie oder er

(Enrico Komning [AfD]: … oder es!)

trägt unter anderem dazu bei, dass Wärmepumpen installiert, Windräder aufgebaut oder Stromleitungen verlegt werden können und wir die Mammutaufgabe der Energiewende stemmen.

Deutlich muss aber auch werden, dass es für jeden Einzelnen die richtige Entscheidung ist. Eine qualitativ gute Ausbildung, Mitbestimmung, gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen müssen zu diesem Versprechen eben dazugehören. Auch hier sind in besonderer Weise die Betriebe gefragt. Nur um das zu ergänzen: Das Bundesvergabegesetz kommt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Und natürlich – darüber reden wir auch; das war Thema der Debatte – müssen auch wir als Politik eine Menge tun. Neben der Modernisierung und Weiterentwicklung der beruflichen Bildungsstätten, die nicht nur die Handwerkskammer in meinem Wahlkreis zu Recht fordert, gehört auch die Unterstützung aller jungen Menschen bei der Suche nach einer Ausbildung dazu. Genau deshalb haben wir, um auch noch mal in Erinnerung zu rufen, was wir schon alles tun, mit der Ausbildungsgarantie ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Bessere Berufsorientierung gehört genauso dazu wie der Mobilitätszuschuss. Diesen Mobilitätszuschuss bekommt jeder und jede, wenn man zum Beispiel eine Ausbildung entfernt von zu Hause beginnt.

(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Wir haben das Programm „Junges Wohnen“ auf den Weg gebracht und übrigens auch schon für die kommenden zwei Jahre verlängert. Wir investieren damit 1,5 Milliarden Euro: nicht nur in Studierendenwohnen, sondern endlich auch in Azubiwohnen, und das ist so notwendig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Denn die Sorge um unbezahlbare Mieten muss für jeden Azubi endlich der Vergangenheit angehören.

Mit der Ausbildungsgarantie sind wir aber auch noch einen weiteren Schritt gegangen. Wir haben endlich jedem jungen Menschen das Recht auf einen Ausbildungsplatz geschaffen. Denn zur Wahrheit – und diese Zahlen dürfen auch nicht unter den Tisch fallen – gehört, dass rund 240 000 junge Menschen laut dem Berufsbildungsbericht im Übergangssektor geparkt sind und die Zahl junger Menschen ohne Ausbildungsabschluss steigt. Das kann keiner hinnehmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Das Handwerk und die Politik müssen hier im Schulterschluss Seite an Seite stehen, um mit Unterstützung der vielen Förderinstrumente und in gemeinsamer Kraftanstrengung jedem dieser jungen Menschen eine Perspektive in einem Ausbildungsberuf – auch im Handwerk – zu geben. Wer jedem jungen Menschen versprechen will, dass eine Ausbildung im Handwerk die beste Entscheidung seines Lebens wird, der muss auch klarmachen: Mit einem Handwerksberuf hat man alle Karten in der Hand. Weiterbildung und auch eine mögliche Selbstständigkeit gehören zum Berufsbild dazu.

(Zuruf von der AfD)

In den kommenden fünf Jahren warten 125 000 Handwerksbetriebe darauf, an ihre Nachfolgerinnen oder Nachfolger übergeben zu werden. Auch hierfür braucht es gut ausgebildete Fachkräfte und insbesondere gut ausgebildete Meisterinnen und Meister. Mit dem Aufstiegs-BAföG bezuschussen wir aktuell bereits viele auf ihrem Weg zum Meister. Allerdings müssen die angehenden Meister/-innen immer noch viele Kosten selbst tragen.

Als SPD bleiben wir dabei: Bildung muss kostenfrei sein – der Master und der Meister; das ist völlig klar.

(Alois Rainer [CDU/CSU]: Macht es! Den Meister kostenfrei! Die Meister werden es euch danken!)

Ich freue mich darauf, in der kommenden Zeit gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Ampel das Aufstiegs-BAföG noch besser zu machen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Gerade die Maßnahmekosten müssen sinken, und auch die Öffnung für eine Teilzeitförderung muss kommen. Ich freue mich, diese Herausforderungen gemeinsam mit Ihnen zu bewältigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Was für Worthülsen!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7590866
Wahlperiode 20
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Gemeinsam für unser Handwerk
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