Boris Pistorius - Bundeswehreinsatz in Irak
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Unsere Aufmerksamkeit richtet sich derzeit stark auf die Ukraine und die Ostflanke der NATO. Wir wissen: Sicherheit und Freiheit in Europa stehen auf dem Spiel. Der russische Angriff ist ein Angriff auf die gesamte internationale Ordnung. Wir werden die Ukraine weiterhin umfassend unterstützen, so lange, wie das notwendig ist. Wir stehen fest an der Seite unserer besonders exponierten Bündnispartner im Osten. Wie wichtig das ist, meine Damen und Herren, habe ich einmal mehr auf meiner Reise nach Estland und Lettland gespürt, von der ich heute Morgen zurückgekehrt bin.
Unsere Sicherheit, meine Damen und Herren, ist aber auch eng mit der Stabilität und Sicherheit in anderen Weltregionen verbunden. Auch dort müssen wir engagiert bleiben, Verantwortung übernehmen und handeln, wo es notwendig und machbar ist. Das gilt auch für den Einsatz im Irak. Es ist noch nicht lange her, dass der sogenannte „Islamische Staat“ Angst und Schrecken verbreitete – in den Ländern des Nahen Ostens ebenso wie in Europa und in Deutschland. Der IS ermordete auch auf irakischem Territorium Tausende Menschen, verschleppte und versklavte Frauen und Mädchen. Und der Bundestag hat die Verbrechen an der jesidischen Gemeinschaft im Januar offiziell als Völkermord anerkannt, und das mehr als zu Recht.
Der islamistisch motivierte Terrorismus ist nach wie vor eine Bedrohung. Und natürlich richtet er sich auch nach wie vor gegen Europa und Deutschland und die Art, wie wir leben. Für die Bekämpfung dieser Gefahr ist Irak ein Schlüsselland ebenso wie für die Stabilität der extrem volatilen Region. Die Lage im Land hat unmittelbare Auswirkungen auf unsere eigene Sicherheit; deshalb ist der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten so wichtig. Der Bundeswehreinsatz im Irak ist Teil der NATO Mission Iraq sowie der Operation Inherent Resolve der internationalen Anti-IS-Koalition. Gemeinsam mit unseren Partnern verfolgen wir dabei zwei wichtige Ziele:
Erstens. Wir bekämpfen den IS und sichern unsere Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus, gegen die Terrororganisation ab. Die Operation Inherent Resolve hat seit 2015 wesentlich zur Zurückdrängung des IS beigetragen.
Zweitens. Wir befähigen die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte, damit sie die Sicherheit ihres Landes zunehmend eigenständig gewährleisten können. Deshalb beraten wir sie im Rahmen der NATO Mission Iraq weiter.
Beide Operationen sind komplementär. Sie bilden ein Paket von aufeinander abgestimmten militärischen Maßnahmen. Und das zeigt Wirkung. Die Sicherheitslage im Irak ist so stabil und sicher wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr. Der „Islamische Staat“ konnte geschwächt werden. Die Anzahl der Anschläge geht stetig zurück. Unsere irakischen Partner sind immer mehr in der Lage, die Sicherheit im Land in die eigene Hand zu nehmen. Die Frauen und Männer in der Bundeswehr haben einen wichtigen Beitrag in diesen Jahren dazu geleistet. Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten, gilt unser Dank und unser Respekt für ihr Tun in einem äußerst herausfordernden Umfeld.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der AfD)
Und trotzdem ist der IS weiterhin im Untergrund aktiv, und er ist willens und fähig, im Irak, in Syrien und auch darüber hinaus terroristische Anschläge zu verüben. Deshalb wollen und müssen wir unser Engagement fortführen. Unser Einsatz bleibt im Kern, wie er ist. Unsere Personalobergrenze von 500 Soldatinnen und Soldaten bleibt unverändert. Auch Mandatsgebiet, Auftrag und Fähigkeiten bleiben unverändert. Wir bleiben einer der größten Truppensteller von Stabs- und Beratungspersonal für die NATO Mission Iraq. Bei der Operation Inherent Resolve werden wir unsere Beteiligung mit Stabspersonal sowie unseren Beitrag zu Luftbetankung und Transport fortsetzen.
Auch unser Engagement in Erbil werden wir weiterführen. Unser Luftraumüberwachungsradar im Zentralirak stellt, wie im letzten Mandat bereits angekündigt, zum 31. Oktober dieses Jahres den Betrieb ein. Es wird nach der intensiven Nutzung in der wüstenähnlichen Region zu Wartungszwecken nach Deutschland zurückverbracht. Mittlerweile konnte ein irakisches Luftraumüberwachungsradar in der Nähe stationiert werden, das nun zur Radarabdeckung in der Region beiträgt.
Unser Engagement, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist an multinationalen Anforderungen und auch an den irakischen Bedarfen ausgerichtet. Und es wirkt im Zusammenspiel mit dem umfangreichen politischen und zivilen Engagement der Bundesregierung. Deutschland hat Irak für Krisenbewältigung, Wiederaufbau und langfristige politische und wirtschaftliche Reformprozesse seit 2014 rund 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Unsere Stabilisierungszusammenarbeit im Irak füllt unseren integrierten Ansatz, den wir verfolgen, beispielhaft mit Leben. Und dieses Engagement bleibt auch und ist aus geopolitischer Sicht wichtig.
Wir wollen die Rolle des Landes als Partner des Westens stärken. Die irakische Regierung hat sich seit ihrer Bildung im Oktober 2022 als zuverlässiger Partner erwiesen. Die Fortsetzung unserer Unterstützung ist willkommen und erbeten. Das hat der irakische Premierminister Anfang des Jahres gegenüber der Bundesregierung noch einmal betont.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben im Irak viel erreicht. Jetzt gilt es, diese Erfolge abzusichern und zu verstetigen für eine friedliche Zukunftsperspektive des Irak. Ich danke Ihnen ausdrücklich für die bisherige Unterstützung und bitte Sie um Zustimmung zur Verlängerung des Mandats.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die nächste Rednerin ist Annette Widmann-Mauz für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7590869 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Irak |