27.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 124 / Tagesordnungspunkt 4

Ye-One RhieSPD - Besserstellungsverbot für gemeinnützige Forschungseinrichtungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Unionsfraktion, ich muss schon sagen: Es ist wirklich immer wieder spannend, zu sehen und zu hören, was Sie alles fordern, seitdem Sie nicht mehr in Regierungsverantwortung, sondern in der Opposition sind,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

was auf einmal angeblich alles mit Ihnen möglich sein soll, seitdem Sie nicht mehr die Ministerien leiten, die für Ihre Anträge zuständig sind. Die Verantwortung für das, was Sie zum Beispiel heute in diesem Antrag fordern, lag in den vergangenen Legislaturperioden in Ihren Häusern und somit in Ihrer Zuständigkeit. Sie hätten es also angehen und ändern können. Stattdessen haben Sie nichts gemacht und es einfach ausgesessen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Stephan Albani [CDU/CSU]: Das haben wir nicht „ausgesessen“!)

Ich könnte mich jetzt freuen und sagen: „Es ist doch schön, Sie lernen dazu“, aber leider hat das, was Sie hier machen, mit Lernen nichts zu tun.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Ja, natürlich hat das was damit zu tun!)

Es ist reiner Opportunismus.

In einem Punkt – das gebe ich gerne zu – haben Sie allerdings recht.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Oh!)

Unser Ziel als Ampel ist die Stärkung von anwendungsorientierter Forschung und von Transfer zur Schaffung und Stärkung regionaler sowie überregionaler Innovationsökosysteme. Das haben wir 2021 so im Koalitionsvertrag festgeschrieben, und dazu stehen wir natürlich auch heute noch.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Und dazu machen wir Ihnen einen Vorschlag!)

Natürlich wissen wir, wie unverzichtbar dabei gerade die Arbeit der gemeinnützigen Forschungseinrichtungen ist. Ich persönlich weiß das nicht nur als Mitglied des Senats der Zuse-Gemeinschaft und aus regelmäßigen Gesprächen mit der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft in NRW. Auch vor Ort in meinem Wahlkreis Aachen konnte ich mich von der hervorragenden Arbeit der gemeinnützigen Institute gerade in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Transfer und ihrer großen Wirkung überzeugen, nicht nur in ihrer eigenen Region, sondern weit darüber hinaus. Gerade deshalb weiß ich auch, wie sehr das Thema Besserstellungsverbot drängt, wie sehr die Antragstellung für Ausnahmeregelungen die Institute beschäftigt, wie sehr die Hängepartie der letzten zwei Jahre in den Instituten zu schwerwiegenden Problemen geführt hat und wie viele Mitarbeitende deshalb um die Finanzierung ihrer Stellen bangen mussten.

Aber zur Wahrheit gehört auch: Die Hängepartie hätten Sie ganz einfach verhindern können, liebe Union,

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Die Ausnahmesituation endet zum Ende dieses Jahres! Das kracht bis zum Ende des Jahres! – Weiterer Zuruf des Abg. Lars Rohwer [CDU/CSU])

wenn Sie schon in Ihrer eigenen Regierungszeit den Tatendrang gehabt hätten, den Sie als Opposition jetzt auf einmal für sich entdeckt haben.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Denn das Problem ist doch überhaupt erst unter Ihrem Wirtschaftsminister entstanden. Ein einzelner Fall hat dazu geführt, dass auf einmal sämtliche Ausnahmeregelungen an unterschiedlichen Instituten infrage gestellt wurden, die bisher jahrelang kein Problem waren und jetzt auf einmal erneut und aufwendig geprüft werden mussten.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Genau! – Weiterer Zuruf des Abg. Lars Rohwer [CDU/CSU])

Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt: Diese Prüfung haben Sie in Ihrer Regierungszeit nicht abgeschlossen, sondern einfach aufgeschoben und uns überlassen.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Und Sie haben die Katastrophe ausgelöst!)

Natürlich hat das zu Verunsicherung und Unmut nicht nur in den betroffenen Instituten geführt; denn kein Institut und keine Mitarbeitenden konnten sich mehr darauf verlassen, dass bisher geltende Regelungen auch weiter Bestand haben.

(Beifall bei der SPD – Stephan Albani [CDU/CSU]: Ja, aber das haben Sie getan! – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Ja, aber das haben Sie ja veranlasst!)

Jetzt stehen wir seit zwei Jahren vor der Herausforderung, Ihr Chaos zu beseitigen und vor allen Dingen für Verlässlichkeit zu sorgen, was Sie 16 Jahre lang nicht geschafft haben,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stephan Albani [CDU/CSU]: Ach, das ist doch albern! – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Oh!)

nicht nur für den Moment, sondern langfristig; denn diese Unsicherheit der letzten zwei Jahre darf sich nicht wiederholen. Darum sind wir dabei, offene Fragen der Institute zu beantworten und gleichzeitig Rechtssicherheit und Planbarkeit zu schaffen. Denn was wir, die Institute und ihre Beschäftigten am allerwenigsten gebrauchen können, ist das nächste halb gare Konstrukt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass Sie seit Beginn meiner Rede – Sie haben es ja gerade gesagt, Herr Albani, dass wir uns in vielen Punkten einig sind – ganz gespannt auf die Begründung warten, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen werden, obwohl wir all die Probleme der gemeinnützigen Institute natürlich ebenfalls sehen. Ich will Sie nicht länger warten lassen: Ihr Antrag ist verkürzt und unvollständig, und Sie verschweigen, was die Konsequenzen Ihrer Forderungen sind. Ihr vermeintlich großer Wurf ist nicht die Lösung, die die Forschungseinrichtungen jetzt brauchen, und das wissen Sie ganz genau.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das sagen Sie selber!)

Wenn es tatsächlich so einfach wäre, wie Sie in Ihrem Antrag sagen, hätten Sie das alles – so hoffe ich zumindest – schon in der letzten Legislaturperiode in die Wege geleitet, um die gemeinnützigen Forschungseinrichtungen noch stärker zu unterstützen. Das haben Sie nicht getan.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Also, wir haben recht, aber Sie sind dagegen?)

Im Übrigen würde die Aufnahme der Institute in das Wissenschaftsfreiheitsgesetz, wie Sie sie vorschlagen, dazu führen, dass wir als Bund in den Aufsichtsgremien der Institute sitzen müssten,

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das ist überhaupt nicht notwendig! Nein! Nein!)

was zu mehr Bürokratie und zu mehr Abstimmung führen würde und nicht, wie von den Instituten gewünscht, zu weniger.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das ist eine Mär!)

Deswegen ist es so wichtig, dass die Ministerien jetzt eine Lösung finden, die die Verwaltung einfacher macht, Bürokratie abbaut und vor allem Rechtssicherheit schafft,

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Wir sind gespannt!)

damit sich die Institute und ihre Mitarbeitenden auf das Wesentliche konzentrieren können: ihre Forschungsarbeit. Das funktioniert am besten im Rahmen der bereits geltenden Gesetze, die aber natürlich rechtssicherer ausgearbeitet werden müssen. Das ist die Herausforderung, der wir uns als Ampel stellen.

(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Eine Rolle rückwärts! Mal was Neues!)

Abschließend – da bestimmt viele von ihnen die Debatte mit großem Interesse verfolgen –: Liebe Institute, wir konnten Ihnen in den letzten zwei Jahren nicht immer eine befriedigende Antwort geben,

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Und Sie bleiben sie heute auch schuldig!)

wenn es um laufende Prüfungen und aktuelle Antragsverfahren für Ausnahmeregelungen ging. Ich habe absolut Verständnis dafür, dass Sie deshalb frustriert und ungeduldig sind. Vermutlich werden wir auch noch etwas Zeit brauchen,

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Sie haben keine mehr!)

um gemeinsam mit Ihnen eine Lösung zu finden, die wie bisher Ausnahmen möglich macht und gleichzeitig anders als bisher eine langfristige Rechtssicherheit bietet.

Lassen Sie uns diese Zeit nehmen; sie ist gut investiert! Sonst stehen wir schon sehr bald wieder hier und diskutieren dieselben Probleme. Wir wollen, dass Sie sich auf uns, auf die Politik, und die gemeinsam getroffenen Regelungen verlassen können und dass diese auch langfristig Bestand haben und allen Prüfungen standhalten. Denn Verlässlichkeit, Planbarkeit und Rechtssicherheit haben Sie und Ihre Mitarbeitenden für Ihre wichtige Forschungsarbeit verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Das Wort erhält Dr. Michael Kaufmann für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Electoral Period 20
Session 124
Agenda Item Besserstellungsverbot für gemeinnützige Forschungseinrichtungen
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