27.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 5

Holger BeckerSPD - Bericht: Startup Strategie der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu: In der Vorbereitung auf diese Rede war ich wirklich gespannt auf die Beiträge aus der Opposition.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Und: Super!)

Denn auch wenn wir als Koalition Ihnen schon ab und zu mal eine Steilvorlage für einige hitzige Debatten in diesem Haus geliefert haben, kann man als Opposition durchaus auch mal zugeben, dass es eine starke Leistung ist, in welchem Tempo unsere Regierung schon über 40 Prozent – die Zahl ist ja schon ein paarmal genannt worden – der knapp 130 Maßnahmen der Start-up-Strategie, die letztes Jahr im Sommer vorgestellt wurde, umgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, wie Sie das messen! Das sind Luftschlosszahlen! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Das spiegelt sich übrigens auch in den veröffentlichten Zahlen des Startup-Verbandes wider. Im Vergleich zur zweiten Hälfte des Jahres 2022 ist nämlich die Start-up-Gründungsaktivität in Deutschland in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 16 Prozent gestiegen. Die Maßnahmen der Strategie scheinen also zu greifen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Zusammenhang möchte ich drei in meinen Augen sehr wichtige Aspekte hervorheben:

Erstens. Wir wirken mit der neuen Förderrichtlinie EXIST-Women einer besorgniserregenden Entwicklung entgegen. Wie in dem in dieser Woche veröffentlichten 23. Deutschen Startup Monito, kurz: DSM, zu lesen war, stagniert der Anteil der Gründerinnen und liegt im Moment bei 21 Prozent. Mit der neu eingeführten Richtlinie fördern wir die Diversität innerhalb unserer Gründungsszene und verstetigen damit das Ergebnis „Frauen holen Frauen ins Start-up“.

(Beifall der Abg. Lena Werner [SPD])

Zweitens setzt das gerade letzte Woche hier im Bundestag besprochene Zukunftsfinanzierungsgesetz genau an den richtigen Schmerzpunkten der Start-up-Branche an und ermöglicht unter anderem attraktive Mitarbeiterkapitalbeteiligungsmodelle. Diese bieten Chancen sowohl für die Unternehmen bei der Rekrutierung von guten Leuten als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, indem sie selbst die Früchte ihrer Arbeit ernten können – einer der wesentlichen Punkte, warum sich Personen für die Arbeit in einem Start-up entscheiden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dies wurde besonders hervorgehoben bei einer Veranstaltung zu diesem Thema, die ich jüngst in meinem Wahlkreis, in Jena, durchgeführt habe und an der eine Vielzahl von diversen Akteuren aus der Start-up-Szene teilgenommen haben. Dabei fiel folgender Satz einer sehr erfolgreichen Thüringer Gründerin, der für mich die Bedeutung von Start-ups in der deutschen Wirtschaft auf den Punkt bringt: Start-ups sind die erfolgreichen KMUs von morgen.

Im Austausch mit der Thüringer Gründerszene wurde unter anderem auf die herausragende Bedeutung der Maßnahmen des EXIST-Programms hingewiesen. Das betrifft tatsächlich auch die nun auslaufende Bundesförderung für das Programm EXIST-Potentiale. Hier möchte ich eindringlich an die Länder appellieren, diese an den Hochschulen – das ist nämlich die originäre Aufgabe der Länder – in ihren Haushalten einzuplanen. Zumindest für Thüringen kann ich schon mal mit vorsichtigem Optimismus vermelden, dass das so sein wird.

Ein weiteres neues Instrument steht mit den Start-up-Factories bereit. Als Abgeordneter eines ostdeutschen Bundeslandes muss ich allerdings auf einen Punkt hinweisen, der unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. In der Förderrichtlinie ist vorgesehen, dass die Projekte sich perspektivisch zu mindestens 50 Prozent aus privaten Mitteln finanzieren. Hier sehe ich ein wenig die Gefahr einer strukturellen Benachteiligung ostdeutscher Projekte; denn die industrielle Landschaft und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Erwerben dieser 50 Prozent privater Mittel ist in vielen ostdeutschen Regionen historisch bedingt einfach nicht mit westdeutschen Metropolregionen vergleichbar.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Thema ansprechen, welches wir als Politik zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für erfolgreiche Start-ups angehen müssen, nämlich das Thema Wachstumsfinanzierung für erfolgreiche Start-ups, wenn sie größer werden, insbesondere bei größeren Finanzierungsrunden wie den Series C und D. Mein Vorschlag an dieser Stelle ist ein offener Publikumsfonds der öffentlichen Hand mit einer Risikoabsicherung für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger. Dies würde einer breiteren Bevölkerungsschicht die Möglichkeit geben, risikoabgesichert in Start-ups zu investieren. So entsteht ein Mehrwert sowohl für die Gründungsszene mit einem gut gefüllten Finanzierungsfonds als auch für die gesamte Bevölkerung. Denn das ist es, was wir eigentlich wollen: eine dynamische Gründungsszene, die unserer Wirtschaft neue Impulse gibt und die Grundlage zukünftigen Wohlstands für alle in unserer Gesellschaft ermöglicht. Um, wie eine meiner Vorrednerinnen, Taylor Swift zu zitieren: I laid the groundwork.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7590930
Wahlperiode 20
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Bericht: Startup Strategie der Bundesregierung
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