28.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 125 / Zusatzpunkt 2

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gestehe: Es hat mich ja kaum auf den Sitzen gehalten, nachdem ich hier von den Rednern der Ampel – von Herrn Bartol, von Herrn Föst, von Herrn Daldrup – gehört habe, wie sehr dieses Maßnahmenpaket, wie sehr dieser Baugipfel gelobt worden ist. Das hat ja gerade getrieft vor Selbstlob.

Ich würde Sie mal gerne auch ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückbringen. Professor Südekum – Volkswirt, Ökonom, und zwar nicht irgendein Ökonom, sondern Berater Ihrer Regierung – hat gesagt: Dieses Maßnahmenpaket ist, wenn das alles so umgesetzt wird, gerade mal gut für 30 000 neue Wohnungen.

(Zuruf der Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben aber im nächsten Jahr wahrscheinlich nur knapp 180 000. Da können Sie noch 30 000 hinzuziehen; dann sind wir bei 210 000 Wohnungen. Das ist meilenweit von dem entfernt, was Sie sich vorgenommen haben. Das ist meilenweit von dem entfernt, was wir brauchen in diesem Land. Das ist ein Totalausfall, was Sie hier mit diesem Maßnahmenpaket gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Daniel Föst [FDP])

Es ist ganz anders, als Sie, Herr Kollege Föst, gesagt haben, dass nämlich alles schon abgearbeitet sei: Nichts ist abgearbeitet. Sie haben hier lediglich ein Papier vorgelegt – da steht erst mal vieles schwarz auf weiß –; da ist gar nichts in Gesetzesform gegossen, sondern das sind bloße Ankündigungen. Sie müssen mal „ins Machen kommen“, wie Sie immer sagen, und nicht nur irgendwelche Gipfel abhalten, wo am Ende nichts bei rauskommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will das auch gerne mal runterbrechen. Sie loben sich jetzt dafür, dass Sie den EH-40-Standard nicht einführen, dass die Baustandards sozusagen nicht weiter erhöht werden. Ja, wo stehen wir denn momentan? Momentan wird der geplante Bau von 60 000 Wohnungen in unserem Land – ich nenne mal das Beispiel Vonovia – zurückgestellt, weil das Bauen in unserem Land zu teuer ist. Jetzt sagen Sie: Alles wunderbar, jetzt erhöhen wir die Standards nicht. – Das hat doch gar nichts damit zu tun, was wir eigentlich brauchen.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)

Wir müssen dafür sorgen, dass die Kosten des Bauens in unserem Land runtergehen, und davon findet sich nichts in Ihrem Papier. Da haben Sie viel zu zaghaft agiert, lieber Kollege Föst.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie jetzt schon auf die EU-Gebäuderichtlinie eingehen und hier auf die Kommissionspräsidentin zeigen, dann will ich schon noch mal an die Wahrheit erinnern, also daran, wie es denn eigentlich ist. Natürlich hat die Kommission einen ehrgeizigen Vorschlag vorgelegt; gar keine Frage.

(Zuruf des Abg. Daniel Föst [FDP])

Aber die Wahrheit ist doch die, dass im Europäischen Parlament, und zwar vor allen Dingen mit den Stimmen der SPD und insbesondere der Grünen, dieser Vorschlag noch massiv verschärft worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU] – Daniel Föst [FDP]: Das ist falsch! Sie haben mehrheitlich zugestimmt!)

Das ist doch das Entscheidende.

Jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen: Ja, jetzt wollen wir irgendwie verhindern, dass es keine Sanierungspflichten durch die Hintertür gibt. – Ja, da reichen wir Ihnen als Union die Hand.

(Zuruf von der SPD)

Aber die Wahrheit ist doch an der Stelle so, dass insbesondere die Grünen, insbesondere Robert Habeck, bei den Verhandlungen auf der europäischen Ebene diejenigen gewesen sind, die dieses ganze Paket vorangetrieben haben. Robert Habeck wollte die Sanierungspflicht. Jetzt ist es ungefähr so: Sie zünden hier die Hütte an, dann rufen Sie nach der Feuerwehr, und dann feiern Sie sich dafür, dass Sie die Feuerwehr gerufen haben. – Das ist doch schizophren. Das hat doch nichts mit glaubwürdiger Politik zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So kann man das bei Ihren Maßnahmen weiter durchdeklinieren. Die AfA: Da sind wir sogar sehr dafür; gar kein Problem. Aber das nützt all den Unternehmen nichts, die gar nicht über die Schwelle kommen, eine Investitionsentscheidung zu treffen. Momentan ist es doch so, dass ganz viele Projekte storniert werden, weil da am Ende Mieten rauskommen von 18, 19, 20 Euro und mehr, die in diesem Land kein Mensch mehr bezahlen kann. Deswegen ist doch das Entscheidende, nicht alleine an der AfA anzusetzen, sondern dass die Baukosten sinken. Wenn Bauen in unserem Land nicht günstiger wird, dann wird Wohnen irgendwann unbezahlbar, und dazu finden sich leider viel zu wenig Ansätze in Ihrem Papier, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen ist es mir auch ganz wichtig, dass Sie sich hier nicht in Selbstlob ergehen, sondern dass Sie Ihre Verantwortung wahrnehmen. Das gilt insbesondere auch für die Bundesbauministerin. Es reicht überhaupt nicht aus, wenn Sie jetzt mit dem Finger auf die Bauwirtschaft zeigen und sagen: „Da ist aber in den letzten Jahren zu wenig Produktivitätssteigerung gewesen“ oder: „Da ist zu teuer gebaut worden“, wie der Kanzler gesagt hat.

Natürlich muss man sagen: Der Bauministerin fehlt es an der politischen Durchsetzungskraft. Sie hat keine Kompetenzen mit ihrem Ministerium. – Okay, da kann sie vielleicht nichts dafür. Aber wofür sie etwas kann, ist, wenn nach zwei Jahren – das stelle ich fest, wenn ich mir das Organigramm des Ministeriums angucke – ungefähr die Hälfte der Stellen immer noch nicht besetzt ist.

Herr Luczak.

Dann wundert es mich auch nicht, dass dabei nicht gerade kräftige Umsetzungsmaßnahmen herauskommen, die der Bauwirtschaft in unserem Land wirklich helfen. Das ist Ihre Verantwortung, Frau Ministerin.

Herr Luczak, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Christina-Johanne Schröder?

Immer gerne.

Vielen Dank. – Herr Kollege Luczak, Sie sind gerade darauf eingegangen, dass in diesem Land sehr teuer gebaut wird, auch im europäischen Vergleich. Das hat natürlich mit den Baunormen zu tun. Es hat aber auch mit den vielen unterschiedlichen Bauvorschriften unseres föderalen Systems zu tun.

Wenn wir mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darüber sprechen, was Bauen besonders teuer macht, sagen sie uns: Es sind auch die Stellplatzvorschriften. – Tiefbau ist mit das Teuerste am Wohnungsbau.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lange [CDU/CSU])

Habe ich es richtig verstanden, dass Sie sich jetzt auch dafür einsetzen, dass die unionsgeführten Länder ihren Autofetisch aufgeben und die Stellplatzverordnung in den Landesbauordnungen abschaffen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Brian Nickholz [SPD] – Lachen bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Ulrich Lange [CDU/CSU] – Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Keine Autos mehr! Genau! War das alles?)

Also, liebe Frau Kollegin Schröder, ich weiß jetzt nicht genau, mit wie vielen Landesbauministern Sie so sprechen. Aber dass die Unionslandesbauminister diejenigen sind, die für Stellplatzverordnungen eintreten und sagen: „Da muss es unbedingt welche geben“, das hat nun wirklich nichts mit der Realität zu tun.

(Zurufe der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Marianne Schieder [SPD])

Wenn ich mal das Beispiel Berlin nehme: Seit wenigen Monaten regiert Schwarz-Rot. Da haben wir jetzt gerade in einer novellierten Bauordnung vorgeschlagen, dass diese Stellplatzverordnung entfällt. Das ist auch genau richtig. Wir müssen an die Baustandards heran.

Deswegen noch mal: Ich will die Länder da gar nicht aus der Verantwortung nehmen, überhaupt nicht. Aber es ist die Aufgabe einer Bauministerkonferenz, in der die Bundesbauministerin zugegebenermaßen nur Gast ist, das zusammenzuführen, zu sagen: „Da müssen wir hinkommen“, und um für Verständnis dafür zu werben. Es ist doch das Gegenteil, was Sie mit Ihrer Ampel machen, indem Sie die Baustandards verschärfen und den EH 55 zum gesetzlichen Neubaustandard erklären. Das ist doch das Entscheidende: Sie sind diejenigen, die die Baustandards in diesem Land immer weiter verschärft haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mir ist es ganz wichtig, zum Ende noch einmal herauszuarbeiten: Viele der Maßnahmen, die jetzt vorgeschlagen worden sind, haben wir als Union – das ist ja auch in der Rede deutlich geworden – schon seit vielen langen Monaten gefordert.

(Daniel Föst [FDP]: Jahre können es ja nicht sein!)

Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie jetzt auch endlich anfangen, mit diesen Maßnahmen zu arbeiten. Aber das ist uns und insbesondere mir wichtig: Sie müssen jetzt auch ins Arbeiten kommen. Es reicht nicht aus, dass Sie das nur aufs Papier schreiben, sondern Sie müssen jetzt ins Umsetzen kommen.

Da will ich schon mal sagen: Dass zwei Verbände, und zwar nicht irgendwelche Verbände – nicht „zwei von hundert“, wie mal gesagt wurde –, sondern Haus & Grund und GdW, die für die übergroße Anzahl der Bestandshalter in unserem Land stehen, am Ende sagen: „Ich nehme daran gar nicht teil, weil ich kein Vertrauen in diese Bundesregierung habe, weil ich kein Vertrauen in die Führungskraft des Kanzlers habe“, das sollte Ihnen zu denken geben.

(Zuruf des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

Bauen muss in diesem Land Chefsache werden. Der Kanzler hat sich –

Kommen Sie zum Schluss, bitte.

– das ins eigene Haus geholt. Es ist jetzt seine persönliche Verantwortung, dass wir beim Wohnungsneubau vorankommen. Daran, meine Damen und Herren, werden wir ihn auch messen, den Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der letzte Redner in der Debatte ist für die SPD-Fraktion Kevin Kühnert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591019
Wahlperiode 20
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen
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