28.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 9

Nadine SchönCDU/CSU - Nationale Datenstrategie der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits zum Digital-Gipfel 2022 haben wir alle auf sie gewartet: auf die Datenstrategie der Bundesregierung. Jetzt, zehn Monate später, liegt sie endlich vor. Schade, dass der Minister noch im Haushaltsausschuss ist; schließlich ist das eine der wenigen Maßnahmen zur Digitalpolitik aus seinem Haus, die rechtfertigt, dass er sich überhaupt Digitalminister nennen darf.

Es ist ein wichtiges Thema; denn der Zugang zu Daten und ein einheitlicher und auch rechtssicherer Umgang mit Daten sind essenziell für alle Wirtschaftsbereiche. Sie sind essenziell für die Forschung, essenziell für den gesellschaftlichen Fortschritt und auch für das Vertrauen der Bevölkerung in die digitale Entwicklung unseres Landes.

Ich finde es durchaus richtig, dass die Datenstrategie die Überschrift „Fortschritt durch Datennutzung“ trägt. Denn das ist ein positiver Zugang zum Thema Daten in einem Land, in dem man ja doch sehr oft Bedenken und sehr viel Angst hat. Deshalb erst mal Kompliment für diese Überschrift! Die Frage ist allerdings, ob die Maßnahmen, die in dieser Datenstrategie zu finden sind, den gleichen optimistischen Geist atmen und ob sie auch umgesetzt werden. Darauf komme ich später noch zurück.

Wir brauchen den Zugang zu Daten in allen Bereichen der Wirtschaft – das hat die Staatssekretärin bereits gesagt –, aber auch ganz intensiv in der Forschung. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Professorin Alena Buyx, wird mit dem Satz zitiert, dass um jede Uniklinik herum ein Friedhof von nicht realisierten Forschungsprojekten liegt, die einfach daran gescheitert sind, dass der Zugang zu Daten nicht möglich war. Das ist etwas, woran wir schon sehen, dass es Fortschritt verhindert, dass wir große Probleme im Zusammenhang mit der Behandlung von Krankheiten nicht lösen können, weil wir in unserem Land zu zaghaft sind, wenn es darum geht, Daten zu nutzen. Allzu oft müssen deshalb Forscher Daten aus dem Ausland nutzen, oder die Teams gehen direkt ins Ausland, um dort forschen zu können. Das ist nicht das, was wir wollen.

Deshalb ist es auch richtig, dass die Bundesregierung ein Forschungsdatengesetz auf den Weg bringen will. Aber wenn man in die Strategie schaut, dann stellt man mit Erschrecken fest, dass es das erst Ende 2024 geben soll. „ Deutschlandtempo“ ist das nicht. Und wenn Sie sagen, dass dieses Tempo so wichtig ist, dann würde ich schon erwarten, dass Sie Gesetze nicht Ende 2024 vorlegen, also dann, wenn Ihre Regierungszeit schon fast auf das Ende zugeht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen eine Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung, die Dinge ermöglicht und Chancen schafft. Wir haben einen Datenschutzföderalismus: in jedem Land eigene Datenschutzaufsichtsbehörden. Das führt dazu, dass vieles zu komplex, zu langsam, zu schwierig ist. Wir brauchen ein Einer-für-alle-Prinzip beim Datenschutz. Es kann nicht sein, dass ein Videokonferenzsystem in allen Ländern immer wieder aufs Neue geprüft wird. Es kann in meinen Augen auch nicht sein, dass Grundrechte viel zu wenig gegeneinander abgewogen werden. Datenschutz ist kein absolutes Recht. Der Persönlichkeitsrechtsschutz, der dahintersteht, ist ein wichtiges Gut in unserer Verfassung, aber es gilt immer auch die praktische Konkordanz bei der Abwägung mit anderen Grundrechten. Deshalb wünsche ich mir, dass auch in der Datenschutzaufsicht eine stärkere Abwägung erfolgt und dass wir unsere regulatorischen Rahmen so setzen, dass wir Ziele gegeneinander abwägen. Wenn ich mir beispielsweise den Bildungsbereich anschaue, muss ich schon fragen: Ist es wirklich besser, vor schwarzen Kacheln zu sitzen, damit der Datenschutz gewährleistet ist, oder ist nicht die Bildung der Kinder das vorrangige Ziel?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen mehr Abwägung, aber eben auch mehr Verbindlichkeit und mehr Einstimmigkeit in der Datenschutzaufsicht. Genau das wird auch in der Datenstrategie erwähnt, allerdings nur auf den Forschungsbereich bezogen, und das ist zu wenig.

Minister Wissing plädierte diese Woche für Mut und Offenheit. Wir verlangen, dass Sie diese Strategie schnell mit konkreten Maßnahmen unterlegen. Wir haben in unserer Regierungszeit die erste Datenstrategie auf den Weg gebracht. Wir haben zwei Open-Data-Gesetze verabschiedet. Wir haben GAIA-X auf den Weg gebracht.

(Dr. Volker Redder [FDP]: Furchtbar gescheitert!)

Wir haben Datenlabore in allen Ministerien geschaffen. Wir haben die gesetzliche Grundlage für Personal-Information-Management-Systeme geschaffen, was Sie jetzt nach zwei Jahren so langsam auf den Weg bringen. Wir haben das Wettbewerbsrecht geändert, um Monopolbildungen zu vermeiden. Sie haben bisher die Strategie geschrieben. Wir warten aber auf konkrete Maßnahmen wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, das Beschäftigtendatenschutzgesetz, das Mobilitätsdatengesetz. Derweil bringen Sie viele neue Institutionen auf den Weg wie das Dateninstitut und weitere, von denen keiner richtig weiß, was sie eigentlich genau machen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Deshalb sage ich: Nehmen Sie das, was Sie sich zum Ziel nehmen, bitte ernst mit konkreten Maßnahmen, die aber auch etwas bringen und nicht nur Symbolpolitik sind! Dann sind wir wieder beisammen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Bundesregierung hat das Wort Johann Saathoff, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591031
Wahlperiode 20
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Nationale Datenstrategie der Bundesregierung
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