28.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 9

Johann Saathoff - Nationale Datenstrategie der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in Deutschland Bedenken haben, eine Starkregenkarte im Internet zu veröffentlichen, dann läuft was falsch in der Datenpolitik. Auf einer Starkregenkarte können Sie, meine Damen und Herren, flurstücksgenau erkennen, ob und, wenn ja, wie hoch Ihr Grundstück bei einem Jahrhunderthochwasser zum Beispiel überflutet werden würde.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Die Karten der Landesämter für Kartografie sind richtig gut. Schauen Sie sich das mal an! Nur können Sie das nicht in allen Bundesländern. In Berlin zum Beispiel gibt es Datenschutzbedenken. Weil die Karten flurstücksgenau sind, haben sie – so manche Datenschützer – Personenbezug und sollten deshalb nicht veröffentlicht werden dürfen. Mit anderen Worten: Die Karten sind zu gut.

Das Beispiel veranschaulicht, warum wir eine optimistischere Haltung zu Daten und Informationen brauchen und was unsere neue Datenstrategie erreichen will. Die Botschaften der Datenstrategie sind klar: Wir brauchen mehr Daten. Wir brauchen bessere Daten. Wir brauchen eine intelligente Datennutzung. Und wir brauchen mehr Datenkompetenz der Verwaltungen, aber auch der Bürgerinnen und Bürger. In puncto Datenkompetenz zum Beispiel sieht es so aus: Viele meinen, im Internet sei alles umsonst; aber in dem Moment, in dem ein Produkt im Netz nichts kostet, ist man selbst das Produkt. Diese Erkenntnis sollte bei Bürgerinnen und Bürgern in Sachen Datenkompetenz mindestens vorhanden sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und wir brauchen eine Datenkultur des Teilens und der Transparenz.

Die neue Datenstrategie ist eine neue Herangehensweise im Umgang mit Daten: Nicht Datensparsamkeit soll im Mittelpunkt stehen, sondern Datenreichtum. Gut begründetes Handeln ist nur auf einer guten Datengrundlage möglich. Gute Daten führen zu guten Entscheidungen und damit auch zu guten Regierungen. Nicht das noch so unwahrscheinliche Worst-Case-Szenario darf über die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung entscheiden. Wir plädieren für optimistische Datennutzung. Man kann sagen: Wir wollen mehr Datennutzung wagen. Wir plädieren für einen ermöglichenden Datenschutz.

Selbstverständlich ist uns der Dual-Use-Charakter von Daten bewusst. Mit smarten Geodaten kann man smarte Landwirtschaft betreiben, diese Daten können aber auch missbraucht werden. Privatsphäre, geistiges Eigentum, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bedürfen natürlich des Schutzes.

Meine Damen und Herren, wir sind ja das Bundesministerium des Innern und auch für Heimat. In Ostfriesland würde man sich fragen: Neue Datennutzung? Wat köst mi dat, und wat bringt mi dat? – Da ist mir wichtig: Der Zugang zu Daten ist eine Gerechtigkeitsfrage, aber auch eine Machtfrage und sogar eine Frage der Daseinsvorsorge:

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Informationsmonopole behindern die Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit. Offene Daten bieten neue Möglichkeiten für bessere Bildung und soziale Teilhabe. Der Zugang zu den Informationsressourcen des Staates sollte deshalb grundsätzlich voraussetzungslos möglich sein.

Der Datenzugang der Bürgerinnen und Bürger dient auch der Begrenzung staatlicher Macht. Der Staat ist in vielen Bereichen einer der größten Informationsbesitzer. Ein Informationsmonopol des Staates, aber auch einiger großer Unternehmen sollte es aber nicht geben. Informationszugang wirkt machtbeschränkend. Das Prinzip offener Daten bedeutet mehr Beteiligung und damit auch mehr Demokratie.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Grundversorgung mit offenen Daten kann sogar als Teil der staatlichen Daseinsvorsorge angesehen werden, da sie zur Inanspruchnahme von Grundrechten erforderlich ist.

Public Money – Public Data: Noch immer hat sich der Gedanke nicht vollständig durchgesetzt, dass Daten, deren Erhebung und Verarbeitung mit Steuergeldern finanziert worden sind, bereits aus diesem Grunde grundsätzlich der Allgemeinheit kostenlos und natürlich uneingeschränkt zur Verfügung stehen und damit sowohl für Gemeinwohlzwecke als auch für individuelle Zwecke genutzt werden können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aus all diesen Gründen verlangt unsere neue Datenstrategie: mehr Daten, bessere Daten und eine intelligentere Datennutzung! Dann klappt es auch mit der Starkregenkarte für die Sicherheit der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Steffen Janich.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591032
Wahlperiode 20
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Nationale Datenstrategie der Bundesregierung
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