28.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 13

Monika GrüttersCDU/CSU - 50 Jahre Deutschland in den Vereinten Nationen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York fand am 18. September 1973 – der Herr Staatssekretär hat das eben nur so gestreift; ich will es noch einmal etwas deutlicher sagen – eine kleine, aber schon damals als geradezu historisch wahrgenommene Zeremonie statt. Der damalige UN-Generalsekretär Kurt Waldheim gab, so sagt er, „mit großer Freude … die Anweisung, die Flaggen … der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland aufzuziehen“. Die beiden deutschen Staaten wurden an diesem Tag UN-Mitglieder Nummer 133 und 134.

Nur wenige Stunden zuvor hatte die UN-Vollversammlung über die Aufnahme der beiden Staaten entschieden. Doch als das Plenum um Zustimmung gebeten wurde, meldete sich prompt Israel und protestierte gegen den Beitritt der DDR mit der Begründung, die sozialistische Republik entziehe sich ihrer historischen Verantwortung für den Holocaust. Anschließend sprach sich die Botschafterin Guinea-Bissaus gegen eine Aufnahme der Bundesrepublik aus. Das afrikanische Land fühlte sich beim Prozess der Entkolonisierung von der Bundesrepublik im Stich gelassen. – Ich habe das hier nur deshalb noch mal zitiert, weil das so sehr unsere heutige Debatte abbildet. – Trotz des nur moderaten Beifalls war es dann doch ein epochales Ereignis in Zeiten des Kalten Krieges.

Wo stehen wir heute, 50 Jahre nach diesem historischen Moment? Deutschland ist mittlerweile – das ist angeklungen – zweitgrößter Beitragszahler für das gesamte UN-System und vor allem zweitgrößter bilateraler Geber humanitärer Hilfe. Deutschland war mehrfach Mitglied des Sicherheitsrats und des Menschenrechtsrats. Es gibt eine lange Tradition deutscher Beteiligungen an zahlreichen Friedensmissionen. Bonn ist UN-Standort, und in Hamburg tagt der Internationale Seegerichtshof. Deutsche haben in wichtigen Funktionen Spuren hinterlassen, wie zum Beispiel Klaus Töpfer als Exekutivdirektor des Umweltprogramms in Nairobi.

(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Darauf sind wir stolz.

Deutschland konnte in die Familie friedliebender Völker zurückkehren. Deutschland ist ein Stabilisator, wenn es um die regelbasierte Ordnung in der Welt geht und um die Werte, die die UN-Charta mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beschwört.

In den 33 Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung sind wir vom Konsumenten zum Mitproduzenten internationaler Ordnung geworden. Das sollten wir auch hierzulande viel stärker öffentlichkeitswirksam kundtun und dafür werben. Denn Deutschland hat sich in den vergangenen 50 Jahren ein hohes Ansehen erworben. Uns wird kein paternalistisches oder postkolonialistisches Verhalten vorgeworfen. Vorgeworfen wird uns eher, dass wir unser Ansehen nicht viel stärker bei der weltweiten Konfliktlösung einbringen.

Deutschland muss in vielen relevanten Bereichen mehr tun. Es muss aktiver an der multilateralen Problemlösung mitwirken – gerade jetzt, da unsere globale Weltordnung derart unter Beschuss steht. Zögerliche Reaktionen kommen da eher schlecht an.

Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit, der Ressourcen bündelt, religiöse Akteure viel stärker mit in den Blick nimmt und auch mit der Privatwirtschaft vor Ort kooperiert. Deutschland könnte – auch das übrigens als Antwort auf China – in Afrika, Lateinamerika und Asien eine gemeinsame europäische Initiative starten und vorantreiben. Wir brauchen außerdem zur Stärkung der Krisenprävention der VN ein funktionierendes globales Krisenfrühwarnsystem angesichts der vielen Risikofaktoren wie Klimaveränderung usw.

Und natürlich müssen wir uns viel stärker und mutiger bei der Reform der UN-Strukturen engagieren, vor allem beim aktuell blockierten UN-Sicherheitsrat. Deutschland könnte sich im Jubiläumsjahr seiner Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen an die Spitze derartiger Reformanstrengungen setzen. Das wäre ein starkes Signal.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Grütters. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Gabriela Heinrich, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591156
Wahlperiode 20
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt 50 Jahre Deutschland in den Vereinten Nationen
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