28.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 18

Sebastian HartmannSPD - Medientransparenzgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, machen wir es in aller Kürze. Karl Kraus hat es mal mit einem Bonmot zusammengefasst: Manchmal ist selbst das absolute Gegenteil von dem Behaupteten nicht richtig.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Haben Sie schon zu Ende studiert?)

Dieser Entwurf ist wieder in typischer AfD-Manier gestrickt. Der erste Eindruck ist: Das ist eigentlich eine sehr vernünftige Idee, die die AfD hat.

(Beifall bei der AfD)

Und es ist doch sinnvoll, wenn Transparenz hergestellt wird und die Beziehungen und die Verflechtungen der Parteien offengelegt werden müssen.

(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)

Aber es geht der AfD ja gar nicht darum, Transparenz über Beziehungen oder Verflechtungen herzustellen, sondern sie versucht, mit Falschbehauptungen die Geschichte zu verklären.

(Stephan Brandner [AfD]: Welche denn? Was war denn falsch?)

Ich möchte Ihnen darlegen, wie es entstanden ist, dass die SPD über Druckereien und Zeitungen verfügt. Der Anfang war im Kaiserreich, als sich Arbeiterinnen und Arbeiter den Arbeitergroschen vom kargen Lohn abgespart haben – Gewerkschaften gab es nicht –, um in Zeiten der Zensur für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt im Kaiserreich zu sorgen.

(Stephan Brandner [AfD]: Das war einmal!)

Im Kaiserreich war die öffentliche Meinung so reguliert, dass die anderen, die Mehrheit in der Gesellschaft, nicht zu Worte kamen.

(Stephan Brandner [AfD]: Fast so wie heute!)

Die besagten Druckereien sind selbst erarbeitet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

Es ist eigentlich kein Wunder, dass das gerade aus der rechten Ecke kommt; es steht vielleicht in der Tradition einer rechtsextremen Partei. Die Nationalsozialisten haben die Besitzer von Medienerzeugnissen und Druckereien enteignet.

(Stephan Brandner [AfD]: Ein Halbkreis hat keine Ecken!)

Wer wissen will, auf welcher Seite der Geschichte jemand steht, dem sage ich mal eins:

(Stephan Brandner [AfD]: Wir stehen auf der richtigen Seite!)

Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten saßen im KZ und in Gefängnissen,

(Stephan Brandner [AfD]: Das war früher so! Heute sieht es genau andersrum aus!)

während andere, insbesondere die Rechtsextremen, in Volkskammern, Parlamenten und Amtsstuben saßen und die Republik nicht verteidigt haben, als es darauf ankam. Und das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche Skandal.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Ja, das war früher so! Heute sieht das genau andersherum aus!)

Die AfD hat hier,

(Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie mal was zum Thema!)

auch in der letzten Woche, versucht, den Diskurs zu zersetzen, und fordert nun, hier Transparenz herzustellen.

(Stephan Brandner [AfD]: Studieren Sie erst mal zu Ende, Herr Hartmann!)

Ich erinnere Sie, Herr Brandner, daran, was Sie in der letzten Woche gesagt haben: „Lieber Putin als Böhmermann!“ Das bringt das ganze Problem auf den Punkt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Hinter Ihnen steht Moskau. Sie sind die fünfte Kolonne Moskaus.

(Stephan Brandner [AfD]: Das Landgericht hat genau diese Aussage verboten!)

Sie haben Putins Trolle und die Medienmacht einer ganzen Social-Bot-Armee, die nur als Ziel hat, den deutschen Diskurs zu zerstören und diese erfolgreichste Republik, die wir je auf deutschem Boden hatten, zum Scheitern zu bringen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Kollege Hartmann, ich habe die Uhr angehalten, und Sie sehen es vielleicht auch schon: Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der FDP-Fraktion?

Gerne.

Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen.

(Stephan Brandner [AfD]: Jetzt kommen Wattebäuschchen!)

Der Kollege Brandner, der schon wieder hereinruft, sagte gerade eben, als Sie, Kollege Hartmann, die Situation in der NS-Zeit beschrieben hatten – ich zitiere –: Heute sieht es genau andersrum aus! – So hat es Herr Brandner gerade eben gesagt.

(Zurufe von der SPD: Unglaublich! Frechheit!)

Ich wollte wissen, wie Sie diese Situation und diese Behauptung in dem Kontext einschätzen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das sollten Sie mich vielleicht lieber fragen! – Gegenruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie wohl gerne!)

Lieber Herr Höferlin, das ist genau das, was die AfD macht: Sie zersetzt den Diskurs, geriert sich als Opfer und ist tatsächlich Täter.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Wolfgang Wiehle [AfD]: Wir sind Opfer!)

Denn nichts an dem, was jetzt hier als Skandal dargestellt wird, ist in Wirklichkeit verborgen. Es ist in Rechenschaftsberichten dargelegt. Jeder Geschäftsbericht ist einsehbar. Und wenn ein solcher Vergleich mit der dunkelsten Zeit unserer Geschichte gezogen wird,

(Stephan Brandner [AfD]: Das haben Sie doch gemacht! Sie reden die ganze Zeit darüber!)

die Ihr Ehrenvorsitzender als Fliegenschiss in der Geschichte bezeichnet hat

(Stephan Brandner [AfD]: Das hat er nicht gemacht! – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er wohl gesagt! – Jörn König [AfD]: Das waren Sozialisten, die das KZ errichtet haben! – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt benehmen Sie sich mal da drüben!)

– er mag auch „Vogelschiss“ gesagt haben –, ist es ein weiterer Schiss der AfD.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Das, meine Damen und Herren, zeigt deutlich auf, dass es dieser Partei nicht darum geht, das Beste in den Menschen zu wecken

(Jürgen Braun [AfD]: Lenken Sie nicht ab von der Realität, Herr Hartmann! Sie lenken ab!)

und diese Republik durch gute Ideen, gute Gesetzgebungsarbeit voranzubringen, sondern sie versucht, diesen Staat zu zersetzen.

(Stephan Brandner [AfD]: Der Staat ist Ihre Beute, Herr Hartmann!)

Die Narrative und die Macht, die Sie versuchen auszuüben, weil Sie wortwörtlich Putins Worte wiederholen, zeigen sich am Beispiel von Tino Chrupella.

(Stephan Brandner [AfD]: Nee, Chrupalla! Tino Chrupalla! Ich kann es auch gerne buchstabieren!)

Tino Chrupalla hat in den sozialen Medien geschrieben, die Zerstörung von Nord Stream 2 sei ein Anschlag auf die deutsche Energiesouveränität gewesen.

(Stephan Brandner [AfD]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)

Aber in Wahrheit, meine Damen und Herren, geht es gar nicht um die deutsche Energiesouveränität. Vielmehr versuchen Sie, die Abhängigkeit Deutschlands von Putins Reich des Bösen für immer herzustellen.

(Stephan Brandner [AfD]: Da haben Sie die falsche Rede, die Sie da vorlesen! – Fabian Jacobi [AfD]: Quatsch! Was hat das noch mal genau mit der SPD-Zeitung in Deutschland zu tun, Herr Kollege?)

Das sind Narrative, die Sie eins zu eins wiederholen. Sie versuchen damit, von der Medienmacht Russlands zu profitieren, während Sie von anderen fordern, Transparenz herzustellen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Fabian Jacobi [AfD]: Nichts hat das mit dem Thema zu tun, was Sie da erzählen!)

Nichts von dem, was aus diesem Schoße kroch, ist gut für unser Land. Nichts von dem, was aus Ihren Reihen kommt, bringt uns voran.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie reden hier wie so ein linker Evangelist! – Jürgen Braun [AfD]: Zur Sache, Herr Hartmann!)

All das, was Sie tun, sind Zerstörung des Diskurses und Verhetzung der Debatte. Wir haben einmal erlebt, dass Rechtsextreme diese Republik zum Scheitern brachten.

(Zurufe von der AfD)

Aber diese deutsche Demokratie scheitert nicht!

(Stephan Brandner [AfD]: Die scheitert an Ihnen! Die scheitert an der SPD!)

Wir sind der wehrhafte Rechtsstaat, und Sie sind die Feinde der Demokratie,

(Jörn König [AfD]: Nein, sind wir nicht!)

aber nicht die Hüter der Transparenz.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Abgebrochener Student!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591253
Wahlperiode 20
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Medientransparenzgesetz
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