Tilman KubanCDU/CSU - Soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es braucht gemeinwohlorientierte Unternehmen im sozialen Sektor, und ja, es ist richtig, dass wir sie unterstützen; denn sie leisten einen erheblichen Beitrag für unsere Gesellschaft. Sie bringen Ideengeber zusammen und entwickeln neue Produkte. Deswegen sagen wir all den Machern: Danke. Weil diese Macher es sind, die es schaffen, Überschusswaren oder Produkte mit einem falschen Label an Menschen, die weniger Geld haben, auszugeben, bevor sie weggeworfen werden. Weil sie es schaffen, Lernferien als Bildungsprogramm für Kinder anzubieten, die ansonsten in den Ferien nichts erlebt hätten. Und weil sie es schaffen – wie Labora in meiner Heimatstadt –, ein soziales Kaufhaus auf den Weg zu bringen, wo Secondhandware angeboten wird und Menschen für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert werden.
Das sind alles lohnenswerte Unternehmungen, und die müssen wir unterstützen. Dafür braucht es aber auch eine Förderung; denn sie stehen vor einer schwierigen finanziellen Situation.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber die Frage ist, wie wir diese Förderung ausgestalten. Wenn ich in Ihrer Strategie lese, dass Sie eine neue Beratung in Innovations- und Gründerzentren aufbauen wollen, umfangreiche Indikatorensets einführen, neue wissenschaftliche Expertengremien implementieren und teure Qualifizierungsmaßnahmen fürs Beratungspersonal schaffen wollen, dann klingt das ehrlicherweise für mich wie ein Konjunkturprogramm für alle Berater in dieser Republik, aber nicht wie eine unbürokratische Hilfe für den sozialen Sektor, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Bürokratie bei der Beantragung darf ja nicht den Nutzen der Förderung überschreiten; dann wäre am Ende nämlich keinem gemeinwohlorientierten Unternehmen geholfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass es durchaus Sorgen bei Unternehmen gibt, die sich im Markt bewähren müssen.
(Zuruf der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Hier sind wir alle gefordert, nicht den Hauch eines Gegenpols zuzulassen, indem wir Unternehmungen gegeneinander ausspielen, weil wir alle den Auftrag haben, nicht die Spaltung in der Gesellschaft weiter voranzutreiben, sondern zu überwinden. Jedes Unternehmen leistet einen Beitrag für das Allgemeinwohl, sei es mit einem besonderen Zweck im sozialen Sektor oder sei es auch als gewinnorientiertes Unternehmen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Finanzierung unseres Sozialsystems. Deswegen haben wir die große Verantwortung, nicht die Unternehmen in gute und schlechte Unternehmen einzuteilen, sondern beide Unternehmungen haben unsere Unterstützung verdient, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben auch die Aufgabe, bei der Förderung dafür zu sorgen, dass nicht ein neuer staatlich alimentierter Wirtschaftsbereich entsteht, der dafür genutzt wird, politische Vorfeldorganisationen zu implementieren, wie wir es beispielsweise bereits im Transformationsbereich gesehen haben. Auch an die Adresse des federführenden Wirtschaftsministeriums sage ich sehr deutlich: Wir werden genau hinschauen, wer hier eine Förderung bekommt und wer keine Förderung bekommt, weil wir uns ein neues Family-and-Friends-Programm für das Habeck-Ministerium nicht erlauben können.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Sabine Poschmann [SPD])
Einen solchen Vertrauensverlust können wir uns in dieser Republik kein zweites Mal erlauben, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Holger Mann [SPD]: Schon wieder Deutschlandtag?)
Aber was mich wirklich ärgert, ist, dass Sie sich heute hierhinstellen, Frau Poschmann, und erklären: „Jetzt wird die große Förderung für den sozialen Sektor ausgerufen“,
(Sabine Poschmann [SPD]: Richtig!)
Sie aber gleichzeitig bei den Freiwilligendiensten und dem Kinder- und Jugendplan kürzen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Poschmann [SPD]: Warten Sie doch erst einmal ab! – Zuruf der Abg. Katja Mast [SPD])
Für Sie noch einmal die Zahlen zur Erinnerung: Bei den Freiwilligendiensten will Ihre Ampel 25 Millionen Euro sparen, bei dem Bundesfreiwilligendienst sogar 53 Millionen Euro.
(Sabine Poschmann [SPD]: Warten Sie doch erst mal ab!)
Damit sind 25 000 Plätze in sozialen Einrichtungen gefährdet. Beim Kinder- und Jugendplan, der dafür sorgt, dass Jugendfeuerwehren, dass Pfadfinder, dass Sportverbände dabei mithelfen können, dass junge Menschen sich zusammenfinden und zusammen etwas Gemeinsames erleben, aber auch zusammen etwas Gemeinsames erarbeiten und entwickeln können, wollen Sie 44,6 Millionen Euro einsparen.
(Sabine Poschmann [SPD]: Warten Sie erst mal ab!)
Und genauso hat Hubertus Heil angekündigt: Bei der Berufsberatung der unter 25-Jährigen – er ist dann ein bisschen zurückgerudert – wollte er zunächst im Haushalt 2024 400 Millionen Euro einsparen und bis 2028 noch einmal bis zu 900 Millionen Euro kürzen.
(Zurufe von der SPD)
Sie verunsichern eine Branche, die seit über 20 Jahren eine sehr erfolgreiche Arbeit in den Netzwerken macht. Und das lassen wir am Ende nicht zu!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn Sie sich hierhinstellen und sagen: „Wir wollen soziale Innovationen fördern und mit der Nationalen Strategie groß auffahren“, aber mit Ihrer undurchdachten Sparpolitik alle Mauern einreißen,
(Sabine Poschmann [SPD]: Vollkommen falsch!)
dann helfen Sie am Ende nicht dem sozialen Sektor und auch nicht der erfolgreichen Arbeit der vielen Menschen, die sich dort seit vielen Jahren engagieren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sebastian Roloff [SPD])
Jetzt stellen Sie sich hin und sagen: Warten Sie mal ab. – Sorry, aber mit dieser Politik, die Sie machen, verunsichern Sie eine ganze Branche über Monate.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Da hat er recht! – Zuruf der Abg. Sabine Poschmann [SPD])
Das erinnert mich ehrlicherweise an die Feuerteufel: erst den Brand legen und dann den Rettungshelden spielen. Das hat mit Stabilität und Sicherheit nichts zu tun,
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
und das sorgt nicht dafür, dass diejenigen, die auch einen guten Start ins Leben verdienen, unsere Unterstützung bekommen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Lena Werner.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7591322 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 126 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen |