29.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 126 / Tagesordnungspunkt 24

Linda TeutebergFDP - Eindämmung der Clankriminalität

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debattenkultur ist auch ein Standortfaktor für eine liberale Demokratie: Wie gelingt es uns, lösungsorientiert und sachlich über Themen zu diskutieren? Die Debatte heute und leider auch die Reaktionen auf die Vorschläge von Innenministerin Faeser während der Sommerpause, finde ich, sind ein Beispiel dafür, wie man Debatten durch absichtsvolles Missverstehen bis hin zu inflationärem verantwortungslosem Gebrauch des Rassismusvorwurfs nicht lösungsorientiert prägen kann.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Reaktionen auf die Vorschläge der Ministerin waren eher ein Panoptikum der beliebtesten Totschlagargumente.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mangels oder wider besseres Wissen haben einige den Begriff der Sippenhaft eingeführt. Dazu muss man sagen: Wer ernsthafte Vorschläge karikiert, um vermeintlich recht zu behalten, der leistet eben keinen Beitrag zu einer lösungsorientierten Debatte – ganz im Gegenteil.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Stimmt!)

Wer sich mit der Praxis austauscht, der hört ganz andere Erfahrungen. Viele Migranten sind es aus ihrem Heimatland gewohnt, auch Misstrauen gegenüber der Polizei zu haben, weil sie durch die Strukturen und die Erfahrungen in autoritären Systemen, in autoritären Staaten geprägt sind. Da ist es gerade eine Aufgabe für uns, die Wesensunterschiede zu unserem demokratischen Rechtsstaat zu vermitteln, auch Vertrauen zu unseren Behörden zu fördern und nicht mit solchen Begriffen wie „Sippenhaft“ zu hantieren. Damit tut man das Gegenteil, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es braucht vielmehr Aufklärung.

Klar ist, selbstverständlich: Ein Nachname ist kein Grund für eine Ausweisung. Sondern es ging um konkrete Tatbestandsmerkmale, um konkretes Verhalten von Personen, an das Rechtsfolgen geknüpft werden.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Genau!)

Wichtig ist aber auch, zu sagen: Es liefe auf ein Täterschutzprogramm hinaus, wenn jeder Druck auf Milieus mit Migrationshintergrund als rassistische Repression diskreditiert würde. Es geht immer um die Anknüpfung an konkretes strafbares Verhalten.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eine entschlossene Reaktion darf nicht aus falscher Rücksichtnahme ausbleiben. Das Phänomen klar zu benennen, ist notwendig, auch um Täter von Mitläufern zu trennen und um die Gefüge aufzubrechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der freiheitliche Rechtsstaat muss sensibel und robust zugleich handeln. „ Sensibel“ heißt, natürlich Stigmatisierung zu vermeiden. Die Landeskriminalämter zum Beispiel nennen öffentlich regelmäßig keine Familiennamen. Wenn bekannte Namen regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung sind, hat das mehr mit deren Dominanzgehabe zu tun und eigener Suche der Öffentlichkeit und nicht mit Indiskretion unserer Behörden. Gleichzeitig gehören natürlich auch Präventions- und Ausstiegsprogramme zum sensiblen Vorgehen.

Unser Staat muss aber auch robust sein, handlungsfähig. Das Gewaltmonopol des demokratischen Rechtsstaates durchzusetzen und gerichtsfeste Erfolge zu erzielen, das ist schwierig, erfordert hartnäckige, harte Arbeit unserer Ermittler, unserer Fahnder in allen Behörden. Wir brauchen hier eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, zwischen Polizeien, Finanz- und Zollbehörden, Sozialbehörden und vielen mehr.

Klar muss aber auch sein: Eine namensbasierte Recherche ist notwendig für sinnvolle Ermittlungen. Deshalb gilt es, beides sachlich auseinanderzuhalten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier, wie sonst im Leben, gilt: Das eine tun und das andere nicht lassen. Sowohl Nadelstiche setzen als auch verkrustete Strukturen aufhellen und aufbrechen. Beides ist notwendig. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Rechtsfreie Räume und Kontrollverlust sind nicht progressiv, nicht fortschrittlich. Das Gewaltmonopol unseres demokratischen Rechtsstaates, es ist eine Errungenschaft. Verteidigen wir sie!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die Unionsfraktion hat das Wort Mechthilde Wittmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7591353
Wahlperiode 20
Sitzung 126
Tagesordnungspunkt Eindämmung der Clankriminalität
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