Kristine LütkeFDP - Endometriose
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe letzte Woche ähnlich begonnen, und auch diese Woche möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass manche Redebeiträge mit dem Fortschreiten der Sitzungswoche immer abstruser werden; deswegen gehe ich jetzt auch gleich zu den Sachthemen über.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Rund 2 Millionen Frauen in Deutschland sind von Endometriose betroffen. Pro Jahr erkranken 40 000 Frauen neu. Obwohl Endometriose eine so weit verbreitete Krankheit, ja eine Volkskrankheit ist, kommt ihr nicht die entsprechende Bedeutung zu. Die meisten betroffenen Frauen leiden unter extremen Menstruationsbeschwerden. Dabei sind die Symptome vielfältig. Häufig treten chronische Bauchschmerzen, extreme Rückenschmerzen, Übelkeit verbunden mit Erbrechen sowie starke Erschöpfung auf. Für viele erkrankte Frauen ist aufgrund der Schmerzen ein normales Leben kaum noch möglich. Die Krankheit kann zudem negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben und diese verringern. So wirkt sich Endometriose auch auf die Familienplanung aus, was neben den körperlichen Symptomen oft eine große psychische Belastung darstellt.
Aber nicht nur das private Leben leidet häufig massiv, auch die berufliche Entwicklung kann durch Endometriose erschwert werden. Starke Schmerzen können Fehlzeiten und Krankheitstage von betroffenen Frauen erhöhen. Durch Endometriose entsteht zudem ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Schätzungen gehen von mehr als 9 000 Euro pro Jahr und pro Patientin aus.
Endometriose wird häufig lapidar als normaler Regelschmerz abgetan, die Symptome werden nicht ernst genommen. Es dauert lange, teils zehn Jahre und länger, bis die Diagnose Endometriose endlich vorliegt. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass das Thema auch heute, am Tag der Endometriose, hier im parlamentarischen Raum debattiert wird. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Situation der erkrankten Frauen langfristig zu verbessern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn Betroffene können behandelt werden. Operationen, Schmerztherapien oder hormonelle Therapie können die Symptomatik deutlich verbessern.
Die Ursachen von Endometriose sind aber nach wie vor ungeklärt und eine Heilung der Erkrankung bis heute nicht möglich. Um sowohl die Behandlungs- als auch potenzielle Heilungschancen zu erhöhen, ist weitere Erforschung von Endometriose notwendig. Wir müssen mehr über die Krankheit erfahren. Wir brauchen mehr und bessere, genauere Daten. Nur so können wir die Lage der Frauen perspektivisch verbessern und ihnen eine individuelle Lebensgestaltung ermöglichen. Deswegen ist es absolut richtig, dass unsere Bildungs- und Forschungsministerin, Bettina Stark-Watzinger, die Endometrioseforschung mit einer entsprechenden Richtlinie anschiebt. Ich bin zuversichtlich, dass wir so in Zukunft nicht nur die Therapie, sondern auch die Aufklärung verbessern und das individuelle Leiden reduzieren können.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die vorliegenden Anträge der Union und der Linken lehnen wir ab. Sie gehen uns in einigen Punkten nicht weit genug.
(Lachen bei der LINKEN)
So fehlen uns beispielsweise die Entwicklung eines Disease-Management-Programms oder die Einbeziehung innovativer Testverfahren. Ebenfalls blenden die vorliegenden Anträge die pflegerische Versorgung aus, während aus unserer Sicht Pflegeexperten unbedingt eingebunden werden sollten.
Eines ist klar: Wir könnten beim Thema Endometriose längst weiter sein. Leider hat die Union ihre Leidenschaft für das Thema erst kürzlich in der Opposition entdeckt. In den vielen Jahren, in denen die Union den Gesundheitsminister und die Ministerinnen für Bildung und Forschung gestellt hat, ist kaum etwas passiert.
Bundesweit wurden in den letzten 20 Jahren weniger als eine halbe Million Euro in die Erforschung von Endometriose investiert. Als Koalition stellen wir nun allein für 2023 5 Millionen Euro Fördermittel bereit.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damit Forschung aber gelingt und wir neue und wichtige Erkenntnisse erlangen können, braucht es Kontinuität. Eine einmalige Erhöhung der Mittel reicht nicht aus. Deswegen freue ich mich, dass wir die Erforschung von Endometriose in den nächsten Jahren mit insgesamt 20 Millionen Euro fördern.
Was mir persönlich wichtig ist: Weit über Endometriose hinaus gilt es, das Thema Frauengesundheit in Medizin und Forschung endlich fest zu verankern. Ungefähr 50 Prozent der Weltbevölkerung sind Frauen. Die Daten- und Versorgungslage in medizinischen Studien ist jedoch nach wie vor unzureichend, und das, werte Kolleginnen und Kollegen, muss uns im Jahre 2023 ein Ansporn für die Zukunft sein.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Heidi Reichinnek.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7591376 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 126 |
Tagesordnungspunkt | Endometriose |