Ruppert StüweSPD - Endometriose
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Wissen über Endometriose gehört in die Mitte der Gesellschaft; es geht uns alle an. Deshalb bin ich so froh, dass ich heute für meine Fraktion zu dem Thema sprechen darf.
Eine von zehn Frauen im gebärfähigen Alter ist davon betroffen. 40 bis 50 Prozent der ungewollt Kinderlosen leiden an Endometriose. Es geht um Ansiedlung von Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Das haben wir heute schon vielfach gehört.
Das Wissen gehört in die Mitte der Gesellschaft, und das meine ich sehr konkret. Die Endometriose-Vereinigung spricht darüber, dass es im Durchschnitt sieben Jahre bis zu einer Diagnose dauert, drei Jahre bei unerfülltem Kinderwunsch und zehn Jahre bei Schmerzen. Das ist wirklich das Fatale bei dieser Diagnose, der womöglich unzählige Fehldiagnosen vorausgehen.
Wie Endometriose entsteht, ist heute noch ungeklärt. Das Wissen über Endometriose gehört in die Mitte der Gesellschaft. Deswegen bin ich so froh, dass wir in der Forschungsförderung umgesteuert haben. Die DFG hat in den letzten zehn Jahren zwölf Projekte mit 2 Millionen Euro gefördert. 0,06 Prozent der Fördermittel der DFG gehen in diesen Bereich. Das BMBF hat zwischen 2006 und 2021 4 Millionen Euro für die Forschung ausgegeben. Und deshalb ist es schon ein qualitativer Unterschied, dass wir jetzt, ab 2023, jedes Jahr 5 Millionen Euro für die Forschung zur Verfügung stellen: übrigens 2,5 Millionen Euro für die Pathomechanismen, also ganz gezielt für die Frage, wie Endometriose entsteht, und 2,5 Millionen Euro für die interdisziplinären Nachwuchszentren. Das zu erwähnen, ist mir besonders wichtig; denn es geht um Geld für Forschung, es geht aber auch um die Forscherinnen und Forscher, die dazu forschen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen langfristig Strukturen aufbauen, die dafür sorgen, dass in den Krankenhäusern Personal vorhanden ist, das sich mit dem Thema beschäftigt, und die gewährleisten, dass Forschungsgelder, die wir dafür ausloben, auch abgerufen werden können. Und ich will noch was sagen: Ich finde, wir haben hier eine sehr konstruktive Debatte. Aber an einer Stelle will ich ein bisschen Schärfe reinbringen: Die EU fördert die Forschung seit 2015 mit 51 Millionen Euro aus dem Programm Horizon, mit 30 Millionen Euro für Projekte, die aus Deutschland koordiniert werden. Und ich möchte der Fraktion, die vor allen Dingen darüber geredet hat, wer heute eigentlich Frau sein darf, sagen: Das ist das Geld, das Sie abschaffen wollen, wenn Sie hier permanent Wahlkampf gegen die EU machen. Das ärgert mich wirklich. Beim Thema „Forschung zu Endometriose“ wird Ihre Ablehnung der EU nämlich ganz konkret.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Zeulner zu?
Gerne.
Sehr geehrter Herr Kollege Stüwe, ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie heute hier sprechen und danke Ihnen auch. Ich würde Sie dazu gern noch etwas konkret fragen. Draußen sind Demonstrantinnen und Betroffene, die ganz intensiv für dieses Thema kämpfen. Die Legislatur neigt sich langsam dem Ende zu; also, im nächsten Jahr um die gleiche Zeit wird das Zeitfenster, um gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen, vielleicht schon wieder geschlossen sein. Das ist meine große Befürchtung. Deswegen würde ich mir so sehr wünschen, dass Frau Engelhardt als sozusagen Verantwortliche für dieses Thema vielleicht mit einem Nicken Ihnen gegenüber möglich macht, dass wir miteinander sprechen und gemeinsam einen Antrag auf den Weg bringen.
Manchen geht der Antrag von uns nicht weit genug. Wir würden einen gemeinsamen Antrag gerne unterstützen. Meine Frage an Sie: Würden Sie uns unterstützen, dass wir dieses gemeinsame Forum im Deutschen Bundestag noch mal hinbekommen, für die betroffenen Frauen? Ich wäre Ihnen sehr, sehr verbunden, lieber Herr Stüwe.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege Stüwe, bevor Sie antworten: Es gibt eine weitere Zwischenfrage, nämlich aus der AfD-Fraktion. Lassen Sie sie zu?
Nein. – Ich glaube, die Frage der Kollegin Zeulner ist relevanter, sodass ich meine ganze Antwortzeit darauf verwende. Sie hat sich nämlich wirklich um das Thema Endometriose gekümmert. Sie war vorher bei der Demonstration. Die Kollegin Reichinnek hat die Demonstration sogar mit ins Plenum gebracht; wir hören es alle; einige von uns können es auch ein bisschen sehen. Dass Sie das gemacht haben, finde ich sehr schön. Auch dafür vielen Dank!
Ich glaube, diese Debatte hat gezeigt, dass wir an ganz unterschiedlichen Stellen zusammenarbeiten. Sie hat gezeigt, dass wir im Haushalt dafür gesorgt haben, dass mehr Mittel dafür bereitstehen. Und ich glaube, das ist eine Änderung, die vom ganzen Haus getragen wird. Wir haben gezeigt, dass wir gemeinsam mit den Betroffenen im Gespräch sind. Und ich glaube, wir können auch zeigen, dass wir bei den Beratungen zum Thema Endometriose – übrigens vielleicht auch noch bei der einen oder anderen Krankheit, die jahrelang strukturell unterforscht worden ist – zwar unterschiedliche Anträge formulieren, aber gemeinsam an Lösungen arbeiten und dazu miteinander ins Gespräch kommen.
Ich glaube, es wäre ein fatales Zeichen – darin stimme ich mit Ihnen überein –, wenn aus dieser Debatte das Signal kommt, dass die Diskussion heute das Ende der Diskussion über das Thema Endometriose im Deutschen Bundestag ist und dass der Deutsche Bundestag nicht gemeinsam etwas zu diesem Thema auf den Weg bringen will. Ob wir das durch gemeinsame Anträge machen oder durch gemeinsames Handeln, ist in der Kürze der Zeit nicht zu entscheiden, aber mir ist es wichtig, Ihnen das Signal zu geben: Wir gehen da gemeinsam für die Betroffenen voran, und unser Engagement für Endometriose ist nicht mit dieser Debatte am heutigen Tag zu Ende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zum Abschluss der Debatte noch mal Danke an alle, die sich engagiert haben. Danke an Die Linke und die CDU/CSU, die dazu Anträge eingebracht haben.
Kommen Sie zum Schluss bitte.
Danke an diejenigen, die draußen demonstrieren. Das Wissen über Endometriose gehört in die Mitte der Gesellschaft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Stüwe. – Das ist nun der Fluch der bösen Tat, wenn man Zwischenfragen nicht zulässt. Die AfD-Fraktion hat um eine Kurzintervention gebeten, die ich zulasse. – Bitte schön.
(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Vielleicht mal zum Thema! Das wäre super!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7591382 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 126 |
Tagesordnungspunkt | Endometriose |