11.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 127 / Zusatzpunkt 1

Reinhard HoubenFDP - Aktuelle Stunde: Protest der Post-Beschäftigten

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerne möchte ich auf ein Paradoxon hinweisen: Wir machen hier eine Aktuelle Stunde, ohne dass wir etwas Aktuelles vorliegen haben. Das letzte offizielle Dokument zur Postgesetznovelle ist, wie schon angesprochen, aus dem Januar dieses Jahres.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das belegt wenigstens Ihre Inaktivität!)

Vielleicht hat Verdi gedacht – so wurde es auch uns erzählt –: Im September kommt die Vorlage zu diesem Gesetz, und so platzieren wir unsere Demo. – Das könnte ich nachvollziehen. Aber leider haben wir jetzt eine Demonstration gehabt, genauso wie wir jetzt eine Debatte dazu führen, ohne dass wir genau wissen, womit wir uns eigentlich beschäftigen. Deswegen hören wir sehr viele Spekulationen, sehr viel Hoffnung, einige Unterstellungen. Ich kann das nicht so ganz nachvollziehen.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Schade! Ich dachte, Sie können es klarstellen!)

– Also, wissen Sie, Sie aus der Union sollten mal ganz ruhig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Eijeijei!)

Meine erste Veranstaltung, die ich hier 2017 gemacht habe, war eine Veranstaltung zum Thema „Novellierung des Postgesetzes“. Ihre damaligen Kollegen haben vollmundig erklärt: Diese Legislaturperiode schaffen wir es. – Und? Der Kram liegt wieder hier, Sie haben gar nichts geschafft. Seien Sie ruhig; erzählen Sie uns hier nichts.

(Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Also: Nach 25 Jahren ist natürlich das vorhandene Postgesetz überholt und bedarf einer Reform. Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Briefe haben an Bedeutung verloren, die Stückzahlen sinken deutlich. Deswegen debattieren wir zum Beispiel auch über die gemeinsame Zustellung von Paket und Brief. Ich möchte an dieser Stelle mit einer Mär aufräumen. Gerade der Wettbewerb sorgt dafür, dass die DHL, die ja früher „Post“ hieß, sich dafür ausspricht, wieder am Samstag zuzustellen. Denn der Wettbewerbsdruck beim Paket zwingt DHL, samstags genauso wie die Wettbewerber auszuliefern, und das rettet damit in gewisser Weise die tägliche Zustellung des Briefes.

Meine Damen und Herren, ich habe es mir im Sommer gegönnt und mit einem Postzusteller in Köln eine Schicht gemacht, bin also morgens um halb acht in den Zustellstützpunkt gekommen. Wir haben vorsortiert und die Sendungen dann in ein Wägelchen gepackt. Wir haben so bis halb drei gearbeitet. Ich hoffe, ich habe ihn nicht behindert, sondern ihm ein bisschen bei der Arbeit, die er getan hat, geholfen. Ich muss sagen: Es ist eine zufriedenstellende Arbeit. Es stimmt auch nicht, dass nicht die Möglichkeit besteht, mal ein Schwätzchen zu halten. Natürlich ist es eine anstrengende Arbeit; aber der Kollege war ähnlich alt wie ich. Es ist also durchaus leistbar. Es ist ein guter Beruf, meine Damen und Herren. Und an diejenigen, die ihn ausüben: Mein Kompliment an Sie!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Keine Angst vor dem Gesetz! Wir können doch nicht ignorieren, dass wir eine Verschiebung vom Brief hin zum Paket haben. Natürlich wollen wir weiterhin eine flächendeckende Versorgung in Deutschland.

Liebe Linke, wir stehen in den Debatten doch nicht mehr vor der Frage, ob Arbeitsplätze erhalten werden müssen. Meine Damen und Herren, wir haben doch nicht nur Fachkräftemangel in diesem Land, wir haben auch Kräftemangel. Niemand muss sich, glaube ich, im Moment große Sorgen machen, dass keine Arbeit da ist. Ja, vielleicht werden Unternehmen verschwinden, aber DHL, ehemals Post, sicherlich nicht; denn die Aufgabe ist groß genug.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu der Zustellgeschwindigkeit machen. Nach den Gesprächen, die wir mit allen Stakeholdern geführt haben, ist es eigentlich so, dass sowohl diejenigen, die in großen Mengen Briefe verschicken, als auch diejenigen, die Briefe empfangen, sagen: Der Brief hat sich in seiner Wichtigkeit geändert. Für uns ist wichtig, dass der Brief zuverlässig kommt und im richtigen Briefkasten landet. Für uns ist nicht mehr entscheidend, ob er nach 48 Stunden oder nach 72 Stunden beim Empfänger ankommt.

Deswegen: Wenn wir doch die Chance haben, zum Beispiel auch ökologische Themen wie das Streichen der Flüge anzugehen, was zwingend notwendig ist, wenn wir bei der bisherigen Lösung der Zustellung bleiben, dann lassen Sie uns doch die Optionen öffnen, indem wir ohne Verlust für diejenigen, die einliefern, und für diejenigen, die empfangen, neue Lösungen in diesem Gesetz finden. Schön wäre es natürlich, wenn wir jetzt mal die Vorschläge des Bundesministeriums bekommen würden. Alle hatten offensichtlich auf Ende September gehofft.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Aha! Aha! – Maximilian Mörseburg [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Sie liegen noch nicht vor. Aber als rheinischer Optimist sage ich Ihnen: Wir werden das in dieser Legislatur erledigen – im Gegensatz zur Union in der letzten Legislatur.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Darauf einen Tusch!)

Das Wort hat die Kollegin Janine Wissler für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7601642
Wahlperiode 20
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Protest der Post-Beschäftigten
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta