Pascal KoberFDP - Aktuelle Stunde: Protest der Post-Beschäftigten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, vor vier Wochen haben Sie einen Antrag hier in den Deutschen Bundestag eingebracht, mit dem Sie die Werkverträge in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche verbieten wollten.
(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
Ich habe Ihnen damals schon vorgehalten, dass Sie damit 4 000 mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Zehntausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Existenzgrundlage entziehen wollen und dass wir das natürlich nicht mittragen werden. Heute haben Sie diese Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag gefordert aufgrund einer Demonstration am vergangenen Montag hier in Berlin, in der es um ein anstehendes Gesetzgebungsvorhaben geht, nämlich die Reform des Postgesetzes. Ich hätte mir von Ihnen zumindest gewünscht, dass Sie darauf hinweisen, dass hierzu noch gar nichts vonseiten der Regierung vorliegt. Trotzdem werden aber sehr konkrete Ängste geschürt, und das ist schon fragwürdig. Ich glaube nicht, dass das in der aktuellen gesellschaftlichen Situation das Richtige ist.
(Beifall bei der FDP)
Gerade die Zustelldienste bieten sehr niedrigschwellige Angebote, um auch mit geringerer Qualifikation, mit geringeren Sprachkenntnissen in den Arbeitsmarkt hineinzukommen. Das sollten wir auch einmal bedenken, wenn wir über diese Branche reden. Das ist auch eine Chance. Wenn wir über die Integration von beispielsweise Geflüchteten und Migranten sprechen, dann müssen wir auch darüber sprechen, in welchen Branchen sie in der Vergangenheit erfolgreich integriert werden konnten, und das ist genau diese Zustellbranche. Das sollten wir hier auch einmal positiv bemerken.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich gibt es schwarze Schafe. Frank Bsirske hat mich aus meiner letzten Rede zu diesem Thema auch korrekt zitiert. Schwarze Schafe müssen natürlich verfolgt werden, und schwarze Schafe müssen sanktioniert werden. Aber es ist schon eine Frage des Gesellschaftsbildes, ob wir, weil manche die unternehmerische Freiheit missbrauchen, dann in der Folge allen ihre Freiheit nehmen. Das ist der große Unterschied, und da kann man eben nicht mit pauschalen Argumenten oder mit pauschalen Lösungen kommen. Da muss man um der Gerechtigkeit willen, um der Freiheit in diesem Land willen genauer hinschauen und präzise Lösungen formulieren.
(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Das war jetzt aber ein pauschales Argument!)
Die aufgedeckten Fälle sind in jedem Einzelfall zu beklagen. Das heißt aber auch, dass der Fahndungsdruck, der jetzt durch die strengeren Kontrollen entsteht, wahrscheinlich eine entsprechende Wirkung entfalten wird. Und insofern, glaube ich, sollten wir die Entwicklung in dieser Branche fair betrachten und mal hinsehen, wie sich die Branche vielleicht auch ein Stück weit selber regulieren oder sich aufgrund der Kontrollen der Verfehlungen der schwarzen Schafe in Zukunft noch weiter säubern wird. Damit ist, wie ich meine, ein Grundprinzip unseres Rechtsstaates verwirklicht, dass wir nicht alle pauschal unter Generalverdacht stellen und Generallösungen anstreben können, sondern dass wir Gerechtigkeit walten lassen: Die, die sich ordentlich verhalten, brauchen die Chance, ihre Freiheit auch weiterhin ausüben zu können.
(Beifall bei der FDP)
Verdi hat gerade in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber Deutsche Post im März dieses Jahres für 160 000 Beschäftigte eine durchschnittliche Gehaltserhöhung von 11,5 Prozent erreicht, für die unteren Einkommensgruppen sogar bis zu 20 Prozent. Das zeigt eines: Verdi ist leistungsfähig, Verdi ist stark. Aber der permanente Ruf nach gesetzlichen Regelungen läuft dem deutlich zuwider. Entweder soll gewerkschaftliche Arbeit erfolgreich sein und vor Ort stattfinden, nah an den Menschen, auch beratend über ihre Rechte, oder es ist nur noch eine Kampagnenmaschinerie, die vor den Toren der Politik Stimmung macht, um gesetzliche Regelungen einzufordern.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen – das sage ich der Führungsmannschaft von Verdi –, so wird man keine neuen Mitglieder gewinnen,
(Zuruf der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
und man wird dadurch auch nicht erreichen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden. Gerade die Gewerkschaftsbewegung muss sich wieder auf Bewährtes zurückbesinnen, nah an den Menschen sein, etwas weiter entfernt von der Politik – dann wird es schon wieder gut gehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Auf jeden Fall weit weg von der FDP! Das ist wichtig! Ganz weit weg von Ihnen! Dann kann es noch gut werden!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Peter Aumer das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7601647 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Protest der Post-Beschäftigten |