12.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 128 / Tagesordnungspunkt 7

Kerstin Griese - Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat sich durch die Unterzeichnung der Agenda 2030 im September 2015 verpflichtet, die sogenannten Nachhaltigkeitsziele, die Sustainable Development Goals, durch eine nationale Strategie umzusetzen. Und nach der Agenda 2030 gehören die schwächsten und verwundbarsten Menschen in den Mittelpunkt unserer Politik und sollen durch die Bildung von inklusiven Gesellschaften gefördert werden. Niemand – das ist der Grundsatz – soll zurückgelassen werden: „Leave no one behind“ heißt es da. Ich freue mich, dass sowohl die Agenda 2030 als auch die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie auf dem Grundsatz beruht, dass die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension der Nachhaltigkeit gleichwertig sind.

Die Bundesregierung hat sich immer auch für die soziale Dimension der Nachhaltigkeit starkgemacht. Durch diese Schwerpunktsetzung und unsere Maßnahmen im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie stellen wir die Weichen für eine Politik, die die Menschen in unserer Gesellschaft zur Teilhabe befähigt und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Um es ganz konkret zu machen: Vor diesem Hintergrund wollen wir als Bundesregierung die nachhaltigen Angebote der formellen und informellen Bildung in allen Lebensphasen und der Ausbildung, der Fortbildung und der Weiterbildung weiter ausbauen und stärken. Dazu haben wir zum Beispiel hier am 23. Juni dieses Jahres das Aus- und Weiterbildungsgesetz beschlossen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Einführung einer Ausbildungsgarantie ist dabei eine Zusage an alle jungen Menschen, die eine Ausbildung aufnehmen wollen, dass sie individuell die bestmögliche Unterstützung hierzu erhalten. Auch das ist Nachhaltigkeit.

Wir wollen weiterhin auch Unternehmen, die ganz besonders von der Transformation betroffen sind, künftig mit einem an das Kurzarbeitergeld angelehnten Qualifizierungsgeld bei der Weiterbildung ihrer Beschäftigten unterstützen. Auch das ist Nachhaltigkeit.

Auch mit der Einführung des Bürgergeldes, das wir ja hier mit einer großen Mehrheit beschlossen haben, haben wir den Fokus auf Weiterbildung, auf nachhaltige Beschäftigungsaufnahme gelegt. Die haben wir verstärkt. Wir haben damit auch Chancengerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe in unserem Land ausgebaut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die ökologische Transformation ist ohne Alternative; das ist klar. Wir brauchen wirksamen und schnellen Klimaschutz, auch, um neuen Ungerechtigkeiten vorzubeugen; denn unter den Folgen des Klimawandels leiden bereits heute zuerst und zumeist die schwächsten Gruppen unserer Gesellschaft. Deshalb bringen wir den Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft voran. Gleichzeitig – und ich will betonen: das geht nur zusammen – wollen wir auch all das, was unser Land ausmacht – die Innovationskraft, die wirtschaftliche Stärke, aber auch die Solidarität, die Chancensicherung, die soziale Sicherung, die Demokratie und den Zusammenhalt –, stärken.

(Beifall bei der SPD)

Es bringt nämlich nichts, wenn wir am Ende zwar ohne Emissionen, aber auch ohne Industrie, ohne gute Arbeitsplätze und ohne gesellschaftlichen Zusammenhalt dastehen. Deshalb sage ich es noch mal: Wir denken das zusammen. An diesem Zusammenhalt, an sozialem Fortschritt arbeiten wir im Strukturwandel.

Es ist Aufgabe des Staates, die ökologische Transformation sozial gerecht zu gestalten; davon bin ich fest überzeugt. Wir brauchen also zum einen natürlich Brücken für die Industrie, wir brauchen aber eben auch Brücken für Menschen in unserem Land, damit niemand zurückgelassen wird, damit alle teilhaben können und damit die ökologische Wende nicht zur Spaltung in der Gesellschaft und zu größerer Ungleichheit führt. Dabei geht es nicht darum, dauerhaft zu subventionieren oder zu alimentieren – man kann auch nicht jede Belastung ausgleichen –; aber wir können auch nicht zulassen, dass einige sich freikaufen können, während andere auf alles verzichten sollen. Stattdessen müssen wir uns fragen: Wie können wir gezielte Unterstützung leisten, besonders um denjenigen, denen die finanziellen Möglichkeiten zur ökologischen Veränderung fehlen, einen Weg in die Klimaneutralität zu ermöglichen?

Denn klar ist auch: Diejenigen mit niedrigen und mittleren Einkommen tragen heute deutlich höhere Belastungen als Bezieherinnen und Bezieher hoher Einkommen. Sie geben nämlich proportional mehr von ihrem Einkommen – viel mehr – für Energie und für energieintensive Güter aus.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wer hat Gas denn teuer gemacht?)

Sie haben weniger Spielraum, auf klimaneutrale Alternativen umzusteigen, sei es in der Mobilität, bei der Heizung, beim Kauf von Lebensmitteln. Gleichzeitig ist ihr ökologischer Fußabdruck kleiner als der von sehr gut Verdienenden oder Vermögenden. Deshalb ist es uns wichtig, dass künftig noch stärker als bisher alle Klimaschutzmaßnahmen von Beginn an sozial gerecht konzipiert werden und dass dies auch systematisch überprüft wird.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm 2023 ein „Sozialmonitoring Klimaschutz“ beschlossen. Das gilt es nun mit Leben zu füllen, damit künftig frühzeitig alle notwendigen Informationen über soziale Auswirkungen von Klimaschutz auf dem Tisch liegen und eben auch in die Politikgestaltung einfließen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt – das will ich noch mal betonen – muss es unser Ziel sein, die Fragen der sozialen Dimension innerhalb der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie deutlich weiter auszubauen und ihnen auch einen hohen Stellenwert zu geben, auch einen höheren als bislang. Denn eine ökologische Transformation kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie eine sozial-ökologische Transformation ist. Das ist die Voraussetzung für Akzeptanz in der gesamten Gesellschaft und damit auch die Voraussetzung für das Gelingen einer fortschrittlichen, einer guten und nachhaltigen Zukunft. Dafür bitte ich Sie um Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort für die AfD hat Dr. Michael Kaufmann.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7601740
Wahlperiode 20
Sitzung 128
Tagesordnungspunkt Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine