Jakob BlankenburgSPD - Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meiner Rede komme, Herr Dr. Stefinger: Wir haben es gerade gehört: Wir müssen global denken, aber lokal handeln – Treibhausgase bei uns als Klein-Klein zu bezeichnen, finde ich angesichts der Größe der Herausforderung, die vor uns liegt, doch ein bisschen zu kurz gedacht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
„Wir sind derzeit nicht auf dem richtigen Weg.“ Mit diesen Worten hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lage auf dem SDG-Gipfel der Vereinten Nationen Mitte September in New York zusammengefasst – ein erschreckendes Fazit mit Blick auf die Erreichung der international vereinbarten Ziele für nachhaltige Entwicklung.
Die Halbzeitbilanz der Agenda 2030, in der diese Ziele festgelegt sind, ist ernüchternd: hier bei uns in Deutschland, aber auch weltweit. Wir sind längst nicht da, wo wir zum Erreichen der Ziele der Agenda 2030 längst sein müssten. Globale Krisen wie die Coronapandemie, Klimaextreme wie Fluten und Dürren sowie kriegerische Auseinandersetzungen haben uns bei der Erreichung der SDGs zurückgeworfen. Aber das darf keine Entschuldigung sein. Vielmehr gilt es, sie zum Anlass zu nehmen für mehr Tempo, mehr Entschlossenheit bei uns in Deutschland und auch weltweit.
Die Vereinten Nationen haben ihre Mitgliedstaaten deshalb dazu aufgefordert, konkrete Beiträge zu einem „Rettungsplan für die Menschheit und den Planeten“ zu leisten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das klingt dramatisch, aber die Lage ist es auch. Die Herausforderungen sind vielfältig.
Ich bin Umweltpolitiker, und als Umweltpolitiker möchte ich hier die Artenkrise exemplarisch herausgreifen, die auf verschiedene SDGs Einfluss hat. Der Mensch hat im Laufe der Geschichte die Landoberfläche und die Ozeangebiete massiv verändert. Das hat zu einem großen Verlust an Biodiversität geführt. Inzwischen sind 80 Prozent der natürlich vorkommenden Säugetiere und 50 Prozent der Pflanzen verloren und mehr Arten vom Aussterben bedroht als je zuvor. Neben dem Klimawandel sind hier vor allem die intensive Nutzung und Zerstörung natürlicher Ökosysteme durch Industrie, Landwirtschaft und Fischerei als Auslöser zu benennen. Und genau hier setzt der Beschluss der Weltnaturkonferenz in Montreal aus dem Dezember des letzten Jahres an. Ziel ist es, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter effektiven Schutz zu stellen und so den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen oder diesen Trend sogar umzukehren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, dieser Beschluss macht Mut und zeigt, dass die Weltgemeinschaft handlungsfähig ist.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Davon ist auch die Bundesregierung überzeugt. Wir haben es in den verschiedenen Reden der Staatssekretärinnen, der Ministerin und des Ministers gehört: Deutschland ist dem Aufruf der Vereinten Nationen nach Mitarbeit an dem angesprochenen „Rettungsplan für die Menschheit und den Planeten“ gefolgt.
Beim SDG-Gipfel in New York hat die Bundesregierung zwölf Schlüsselbeiträge vorgestellt, die bei der Erreichung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung helfen sollen. Diese Beiträge reichen von der Stärkung der Ernährungssicherheit, der Verbesserung der Gesundheitssysteme und der Pandemieprävention bis hin zu Maßnahmen zur Gestaltung einer sozial gerechten Energiewende und der Reform der Entwicklungsfinanzierung. Genau diese Spannbreite unterstreicht die Vielschichtigkeit des Komplexes Nachhaltigkeit. Es geht längst nicht nur um den Bereich „Umwelt und Klimaschutz“.
Um zu Fortschritten in den verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit zu kommen, braucht es den Willen der Weltgemeinschaft, aber es braucht auch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Akteuren: auf der internationalen Bühne, aber auch hier in Deutschland. Ein zentraler Akteur für die Zusammenarbeit ist der Rat für Nachhaltige Entwicklung. Seine Jahrestagung am Dienstag, die auch Anlass für die heutige Debatte ist, hat der Rat unter die Überschrift gestellt „Blockaden überwinden: neue Wege in der Nachhaltigkeitspolitik!“ Das passt gut in die Zeit, wie ich finde, in der die Transformation unserer Energieversorgung und unserer Wirtschaft hin zur Emissionsfreiheit tatsächlich Realität wird. Diese Transformation – das merken wir Abgeordnete jeden Tag in den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern an den Infoständen, an Stammtischen, an Haustüren – führt aber auch zu Sorgen und zur Abwehrhaltung. Hier sind wir als Politikerinnen und Politiker gefordert. Auch wir müssen besser werden im Erklären, müssen die Menschen mitnehmen auf unserem Pfad der Veränderung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aus meiner Sicht ist dabei zentral, zu erklären, dass nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Interesse jedes und jeder Einzelnen ist. Es geht um nichts Geringeres als den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Eine Wirtschafts- und Lebensweise, die auf der Ausbeutung von Menschen und Natur beruht, kann auf Dauer nicht gut gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam die nachhaltige Transformation vorantreiben: hier bei uns in Deutschland, aber auch weltweit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat Stephan Brandner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7601750 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 128 |
Tagesordnungspunkt | Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie |