Sonja EichwedeSPD - Soziales Mietrecht
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Insofern geben wir der Linken und ihrem Antrag recht, auch wenn wir mit vielen ihrer Schlussfolgerungen nicht übereinstimmen.
In der Tat ist es bundesweit so, dass circa jeder zehnte Haushalt über 40 Prozent des verfügbaren Einkommens für seine Wohnung aufbringen muss. In München liegt der Kaltmietendurchschnitt für eine 100-Quadratmeter-Wohnung inzwischen bei circa 20 Euro pro Quadratmeter. Das ist zu viel. Das können sich viele Familien in unserem Land nicht leisten, insbesondere wenn sie noch Geld für die Ausbildung der Kinder, für die Rente und gegebenenfalls für die Pflege der Angehörigen zurücklegen müssen. Deshalb wollen wir und werden wir hier auch etwas tun.
Folglich ist die Zielrichtung dieses Antrags richtig. Wir brauchen Wohnungspolitik für die Menschen, nicht für die Märkte. Mieten und Wohnungen sind keine Spekulationsobjekte. Wohnungen sind individuelle Rückzugsräume, die sehr wichtig sind für jede und jeden von uns; denn Wohnen darf kein Luxus sein. Wohnen ist ein Menschenrecht, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und ja, es stimmt auch: Es reicht nicht, ausschließlich zu bauen. Aber wir müssen bauen. Wir müssen Anreize für die Wohnungswirtschaft setzen. Wir brauchen insgesamt mehr Wohnraum. Aber wir müssen auch bei der Entwicklung der Bestandsmieten anknüpfen und diese im Fokus haben. Sonst wird es so sein, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung, der gerade in den Städten lebt, das Leben in den Städten, in seiner sozialen Infrastruktur nicht mehr leisten kann.
Deshalb haben wir als Ampel auch im Koalitionsvertrag eine Mietrechtsreform vereinbart. Diese muss bald kommen. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen muss heruntergesetzt werden, und der Mietspiegelbetrachtungszeitraum muss ausgeweitet werden. Das wird spürbare Verbesserungen auf dem Wohnungsmarkt und im mietrechtlichen Bereich bringen. Dieser Preisexplosion müssen wir etwas entgegensetzen. Wir warten voller Spannung und mit etwas Ungeduld auf den Referentenentwurf aus dem Justizministerium, der dann hoffentlich bald zu einem Regierungsentwurf führt, den wir dann hier im Parlament beraten können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als SPD-Fraktion ist uns auch klar, dass wir auf die veränderte Lage auf dem Wohnungsmarkt reagieren müssen – eine veränderte Lage, die durch die gestiegenen Kosten und die Inflation gerade entstanden ist. Ein wichtiger Punkt sind die gestiegenen Mieten in Indexmietverträgen. Darauf müssen wir reagieren und brauchen einen neuen Anknüpfungspunkt. Denn viele Tausende Mieterinnen und Mieter ächzen unter der enormen Inflation, und dann ist auch noch ihr Mietvertrag an den Verbraucherpreisindex gekoppelt, und die Miete steigt insofern mit.
Indexmietverträge waren lange Zeit ein unkomplizierter Weg für Mieter und auch für Vermieter, um eine moderate Mieterhöhung ohne großen Verwaltungsaufwand und Gerichtsverfahren zu haben. Ursprünglich waren sie insbesondere für gewerberechtliche Mietverträge gedacht. Jetzt ist es so, dass dadurch große Zufallsgewinne generiert werden. Das ist eine zu große Belastung für Mieterinnen und Mieter. Dem müssen wir etwas entgegensetzen. Die Antwort meiner Fraktion darauf ist eine Kopplung an den Nettokaltmietenindex. Dann haben wir einen fairen Ausgleich der Interessen von Mietern und Vermietern und auch eine langfristige Planbarkeit für beide Vertragsparteien, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Außerdem brauchen wir eine Schließung der Schlupflöcher der Mietpreisbremse. Das Bundesjustizministerium hat eine gute Studie zu möbliertem Wohnraum vorgelegt, aus der mehr als deutlich wird, dass viele Menschen heute in Großstädten in überteuerte möblierte Wohnungen ziehen, weil sie schlicht keine andere Möglichkeit haben und keinen anderen Wohnraum finden. Wie viel sie dabei für die Miete und wie viel für die Möbel bezahlen, wissen sie meist gar nicht. Wir fordern deshalb eine Transparenz für den Möblierungszuschlag. Dieser sollte gesondert ausgewiesen werden, und er sollte auf einer einheitlichen Berechnungsgrundlage beruhen, damit klar wird, wie viel für die Möblierung ausgegeben wird.
Außerdem brauchen wir klare Regeln, wann eine Wohnung nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet wird. Die Rechtsprechung hat hier gute Kriterien aufgestellt. Diese wollen wir in Gesetzesform gießen, damit wir in diesem Bereich mehr Transparenz haben. Wir sagen: Für einen Mietvertrag mit einer Länge von über fünf Monaten muss zwingend die Mietpreisbremse gelten; eine Wohnung mit einem Mietvertrag über einen Zeitraum, der darüber hinausgeht, ist nicht mehr zu einem vorübergehenden Gebrauch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe denjenigen recht, die sagen: Wir müssen diese Anreize schaffen, um mehr Wohnungen zu bauen. – Wir müssen die Wohnungswirtschaft wieder ankurbeln; das ist ganz klar,
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: So gelingt das aber nicht!)
und daran arbeiten wir als Ampel. Das hat der Baugipfel im Kanzleramt in der letzten Sitzungswoche
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: … nicht gezeigt!)
gezeigt. Wir brauchen aber ebenso Regelungen für den Bestand, und wir müssen dafür sorgen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger das Leben in unserem Land – auch in meinem Wahlkreis in Brandenburg an der Havel oder in Rathenow – auch leisten können, dass sie dort leben können, wo sie arbeiten. Das gehört zu einem guten, sozialen Land dazu, und in einem solchen leben wir.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Daniel Föst [FDP])
Was so viele im Mieterland Deutschland dringend benötigen, werden wir als Ampel angehen. Dazu haben wir Vorschläge im Koalitionsvertrag und darüber hinaus als SPD-Bundestagsfraktion gemacht. Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Land!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Daniel Föst [FDP])
Vielen Dank, Frau Kollegin Eichwede. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Jan-Marco Luczak, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7601807 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 128 |
Tagesordnungspunkt | Soziales Mietrecht |