Sebastian BrehmCDU/CSU - Wachstumschancengesetz
Liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Frau Heiligenstadt, hätten Sie mal lieber über die Rente gesprochen; das wäre, glaube ich, sinnvoller gewesen.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heftiger Konter, Herr Brehm!)
Herr Müller, Sie haben gesagt, dieses Gesetz sei enorm wichtig für die Bundesregierung. Warum ist dann der Finanzminister nicht anwesend? Warum ist der Wirtschaftsminister nicht anwesend? Wo ist die Bundesregierung? Lediglich die Umweltministerin ist da. Das ist doch skandalös!
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wo ist denn der Herr Merz?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Jahre mit ganz vielen Ankündigungen sind vergangen, und passiert ist gar nichts.
(Johannes Schraps [SPD]: Das ist ja der Middelberg-Sprech! Da geht es ja schon wieder weiter!)
Wenn Sie die Wirtschaft stabilisieren wollen, dann müssen Sie das jetzt machen. Jeder Betrieb, der wegzieht, ist weg. Sie machen Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik nach dem Motto „Heute stehen wir vor dem Abgrund, und morgen sind wir einen Schritt weiter“, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist das, was Sie betreiben, und deswegen müssen Sie jetzt wirklich handeln.
Sie legen einen Gesetzentwurf vor, in dem vieles im Klein-Klein beschrieben ist. Der schöne Titel des Gesetzes bringt aber keinen einzigen Arbeitsplatz. Sie betreiben mit diesem Gesetzentwurf wirklich Wählertäuschung, und das zeigt sich in allen einzelnen Maßnahmen. Sie streuen den Wählerinnen und Wählern Sand in die Augen. Mit der einen Hand täuschen Sie vor, was zu geben, und mit der anderen Hand sind Sie tief in der Tasche des Steuerzahlers. Wer bezahlt dieses Gesetz? Es bezahlen diejenigen, die mit Gas heizen. Sie werden mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belastet,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Mitten im Winter!)
und zwar ab Januar des nächsten Jahres, mitten in der Heizperiode.
(Markus Herbrand [FDP]: Populisten! Ihr seid Populisten! Jetzt kommt noch die Gastro!)
Das ist ungerecht, und damit machen Sie die Menschen in Deutschland jeden Tag und ab Januar erst recht ein Stück ärmer, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jens Spahn [CDU/CSU]: Im Winter die Gassteuern erhöhen! Darauf muss man erst mal kommen! – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)
Sie belasten mit einer irrsinnigen Bürokratie. Eigentlich müsste es „Bürokratiewachstumsgesetz“ heißen. Ich will das an drei Dingen verdeutlichen:
Erster Punkt: Investitionsprämie. Im Haushalt sind nur 200 Millionen Euro dafür vorgesehen. Da sieht man, wie ernst Sie es meinen. Freuen dürfen sich nur die Energieberater.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Maximal die Energieberater!)
Und das ist mit einer unglaublichen Bürokratie verbunden, sodass diese Prämie überhaupt nicht zur Auszahlung kommen wird. Man muss zuerst tausend Formulare ausfüllen und andere Dinge machen.
(Markus Herbrand [FDP]: Quatsch! Das ist wirklich Quatsch!)
Also, ein administrativer Flaschenhals sondergleichen! Ich weiß nicht, wie das gehen soll.
(Markus Herbrand [FDP]: Das ist ja klar, dass du nicht weißt, wie das geht!)
Aber wenn Sie das durchsetzen wollen, müssen Sie den Haushaltsansatz deutlich erhöhen, und Sie müssen endlich die Bürokratie in diesem Punkt abbauen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Abg. Karsten Klein [FDP] erhebt sich und wartet auf die Worterteilung)
Zweiter Punkt: begünstigte Thesaurierung. Sie wollen diejenigen, die Gewinne in den Firmen belassen, weiter entlasten, schaffen aber eine Irrsinnsbürokratie. Wenn Sie wirklich entlasten wollen, dann stimmen Sie doch unserem Vorschlag zu: 25 Prozent Besteuerung für alle, die ihr Geld im Unternehmen belassen. Das schafft Investitionen, das schafft Liquidität, und damit könnten die Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland endlich Sicherheit haben, auch im internationalen Vergleich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich halte Ihre Redezeit an, und ich sehe schon: Sie möchten die Zwischenfrage oder -bemerkung des Kollegen Klein zulassen.
Sehr gerne.
Sehr geehrter Herr Kollege Brehm, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich denke, bei aller harten politischen Auseinandersetzung sollten wir doch Fairness walten lassen. Sie wissen, dass der Bundesfinanzminister heute für die Bundesrepublik Deutschland in Marrakesch bei der IWF-Tagung ist und uns dort vertritt. Deshalb finde ich es ein bisschen daneben, wenn Sie seine Abwesenheit kritisieren.
(Beifall der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Johannes Schraps [SPD]: Genau!)
Wir diskutieren heute in erster Lesung ohne Zweifel ein wichtiges Gesetz. Aber ich glaube, es gibt auch andere wichtige Aufgaben, und das war in Ihrer Regierungszeit nicht anders.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es gibt ja noch mehr Minister! Wo sind denn die anderen? – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo ist denn der Wirtschaftsminister? Der Bundeskanzler?)
Wenn Sie hier über die Mehrwertsteuerthematik beim Gas sprechen, dann sollten Sie vielleicht auch noch darauf hinweisen, dass es die Unionsfraktion war, die die Finanzierung der Gas- und Strompreisbremse abgelehnt hat, und dass es die Unionsfraktion war, die kein eigenes Konzept vorgelegt hat.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Die Gasumlage war ja sehr erfolgreich!)
Bei Ihnen hätten die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen im letzten Winter im Kalten gesessen und ohne Gas zurechtkommen müssen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Johannes Fechner [SPD]: So sieht’s aus! Ganz genau! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Gasumlage! Genau! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wie lange darf der überhaupt reden?)
Herr Brehm, Sie halten im Prinzip seit sechs Jahren die gleichen Reden.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Vier Jahre lang haben Sie die gleichen Reden in Regierungsverantwortung gehalten. Aber umgesetzt haben Sie nichts. Deshalb ist es vielleicht gar nicht so spannend, darauf zu warten, was noch in Ihrer Rede kommt.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Frau Präsidentin! – [Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wie lange darf der eigentlich reden?)
Spannender wäre, von Ihnen mal zu erfahren, ob die Zusage Ihres Parteivorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden eingehalten wird, dass die Unionsministerpräsidenten im Bundesrat diesem Wachstumschancengesetz zustimmen, um Wachstum zu ermöglichen und den Wohlstand hier in diesem Land zu stärken, oder nicht.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Er hat überhaupt nichts zugesagt! Wie kommen Sie denn darauf? – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wie lange darf der eigentlich reden? – [Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Steuererhöhungspartei FDP!)
Deshalb möchte ich gerne von Ihnen jetzt wissen: Nehmen Sie Ihre Verantwortung in dieser Sache wahr oder nicht? Das ist entscheidend und nicht das, worüber Sie hier reden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lieber Herr Kollege, erst einmal: Es könnte ja auch der Wirtschaftsminister kommen, wenn es ihn ein bisschen interessieren würde; dann könnte er ja den Finanzminister vertreten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber auch ihn interessiert es nicht.
(Michael Schrodi [SPD]: Wo ist der Herr Merz, die laufende Wirtschaftsinkompetenz? – Gegenruf des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wo ist Herr Mützenich?)
Ich glaube, die Wählerinnen und Wähler wissen im Moment genau – das sieht man gerade auch an den Wahlergebnissen der FDP –, dass die FDP täglich ihre Meinung wechselt und jetzt zur größten Steuererhöhungspartei in Deutschland geworden ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das haben wir an vielen Dingen gezeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie sind in Bayern aus dem Landtag rausgeflogen und in Hessen nur ganz knapp dringeblieben.
Sie machen doch genau das Gegenteil dessen, was Sie vorher gesagt haben. Wenn wir Ihre Anträge heute eins zu eins ins Parlament einbringen würden, dann würden Sie sie ablehnen, weil Sie vor Rot und Grün kuschen. Das ist die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörn König [AfD] – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! – Markus Herbrand [FDP]: Fake News! Eijeijei!)
Zur Energie: Wir haben nicht die Atomkraftwerke abgeschaltet; das waren Sie in der Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das war doch euer Beschluss! Ihr habt das doch beschlossen! – Till Mansmann [FDP]: Das habt ihr beschlossen!)
Sie hätten die Laufzeiten verlängern können, Sie hätten die Strompreise stabilisieren können, und das haben Sie nicht gemacht – genau in der Krise.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau! Richtig!)
Ich will das an einem weiteren Beispiel aus Ihrem Klein-Klein-Gesetz noch mal erläutern. Sie sprechen von der Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags um drei Jahre, ab 2024 rückwirkend bis 2021, mitten in die Coronajahre. Das ist doch schwachsinnig, was Sie da machen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann doch nicht in Verlustjahre zurücktragen.
(Johannes Schraps [SPD]: Was ist jetzt mit den Ministerpräsidenten? Sprechen Sie mit denen?)
Wenn Sie wirklich Liquidität für die Unternehmen schaffen wollen, dann müssen Sie fünf Jahre zurücktragen, in die Jahre vor der Coronazeit, in der noch Gewinne gemacht worden sind.
(Markus Herbrand [FDP]: So wie ihr es gemacht habt! Super!)
Auch das geht in diesem Gesetz schief, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ehrlicherweise muss ich sagen: Am Schluss muss man schon den Kopf schütteln, übrigens auch über die FDP.
(Markus Herbrand [FDP]: Ja! Noch mal! Noch mal!)
Nun soll eine nationale Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle eingeführt werden. Man sieht doch alle Steuergestaltungen in der Betriebsprüfung. Die Finanzämter sind durch die Steuererklärungen informiert. Was Sie machen, ist nichts anderes, als Misstrauen und einen Überwachungsstaat für die Unternehmer zu schaffen. Sie vertrauen den Unternehmen nicht mehr.
(Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt [SPD])
Was die Unternehmen jetzt brauchen, sind Vertrauen, Freiheit, Beinfreiheit für Investitionen. Was Sie hier schaffen, ist eine unglaubliche Bürokratie.
(Markus Herbrand [FDP]: Hoffentlich ist die Rede bald zu Ende!)
Sie schaffen nur Papier; deswegen heißt es wahrscheinlich auch „WC-Gesetz“.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall des Abg. Jörn König [AfD)
Sie schaffen mit diesem Gesetz nichts anderes als mehr Bürokratie. Sie schaffen keine Entlastung.
(Markus Herbrand [FDP]: Peinlich! Hoffentlich ist die Rede bald zu Ende! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mäßigen Sie sich mal ein bisschen! Überwachungsstaat? Was sind das denn für Begriffe?)
Ich sage es noch mal – das muss man einfach konstatieren –: Diese Bundesregierung ist in wirtschafts- und finanzpolitischer Hinsicht die schlechteste Bundesregierung, die wir jemals hatten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Sie haben dieses Land in zwei Jahren kaputtgemacht. Sie haben in zwei Jahren minus 0,6 Prozent Wirtschaftsentwicklung erreicht. Deswegen machen Sie die Menschen in diesem Land jeden Tag ein Stück ärmer.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Was für ein Blödsinn! Dafür verdienen Sie aber sehr viel! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wladimir Putin ist dafür verantwortlich!)
Da werden wir nicht mitmachen. Wir sind gerne bereit, sinnvolle Maßnahmen umzusetzen, aber nicht auf diese Art und Weise mit mehr Bürokratie und Mehrbelastungen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])
Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Nadine Heselhaus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602016 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 129 |
Tagesordnungspunkt | Wachstumschancengesetz |