13.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 129 / Tagesordnungspunkt 25

Ronja KemmerCDU/CSU - Europäische Verordnung für Künstliche Intelligenz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Handy mit dem Gesicht entsperren, bequem von unterwegs die Waschmaschine oder den Staubsaugerroboter starten oder durch vernetztes Fahren CO2 sparen – das sind nur drei Beispiele von vielen, die zeigen, wo heute schon künstliche Intelligenz unser alltägliches Leben erleichtert. KI ist gekommen, um zu bleiben, und spätestens seit ChatGPT diskutieren wir auch in der breiten Öffentlichkeit über diese Technologie.

Die Potenziale, die wir damit nutzen können, sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Gerade in einem Land wie unserem, wo der Arbeits- und der Fachkräftemangel eines der drängendsten Probleme ist, liegen darin immense Chancen. Wir sind auch überzeugt davon, dass bei den großen Herausforderungen dieser Zeit – der demografische Wandel, die Gesundheitsversorgung und auch der Klimawandel – technologische Fortschritte diejenigen sind, die uns am Ende auch den Lösungen näherbringen. Zumindest wir als Union finden, dass das zunächst eine gute Nachricht ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die leider schlechte Nachricht ist allerdings, dass mit Blick auf KI viele Entwicklungen nicht bei uns in Deutschland oder in Europa stattfinden. Etwa drei Viertel der großen KI-Sprachmodelle kommen aus den USA, weitere 15 Prozent aus China. Und da müssen wir wirklich schon aufpassen, dass dieser Zug, der noch nicht abgefahren ist, der aber jetzt gerade große Geschwindigkeit aufnimmt, nicht ohne uns abfährt.

Wenn man der These zustimmt, dass technologischer Fortschritt auch die Grundlage unseres Wohlstandes ist, dann ist es eben falsch, aus purer Ideologie neue Technologien im Keim zu ersticken. Wir zumindest finden, das wäre ein schwerer politischer Fehler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen heißt es jetzt für die Ampel: Aufwachen, bevor es wirklich zu spät ist! Nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen in Brüssel kommt die KI-Verordnung dort jetzt auf die Zielgerade. Wir haben Sie schon vor über einem Jahr, im September 2022, hier im Bundestag dazu aufgefordert, dass Sie diesen Verhandlungen höchste Priorität einräumen und dass Sie sich vor allem dafür einsetzen, dass wir am Ende auch ein innovationsfreundliches Umfeld in Europa bekommen. Die Bilanz, die Sie da vorlegen – so muss man es sagen –, ist aber leider sehr enttäuschend. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es braucht eben für Schlüsseltechnologien wie KI einen Rahmen, der diese nicht verhindert, sondern genügend Freiräume bietet. Im globalen Wettbewerb brauchen unsere wirtschaftlichen Akteure, unsere Unternehmen, am Ende auch Spielregeln, die sich in der Praxis umsetzen lassen. Da müssen wir besonders auf KMUs und Start-ups achten, weil die eben keine großen Rechtsabteilungen haben, die nachher die ganze Bürokratie bewältigen können. Die Aussage vieler auch namhafter KI-Akteure, die wir noch in Deutschland und Europa haben, dass sie den Standort verlassen werden, wenn die KI-Verordnung überzieht, müsste eigentlich ein Alarmsignal an die Regierung sein. Aber die Zerstrittenheit der Ampel zieht sich leider in dieser Frage – genauso wie in so vielen anderen Bereichen – wie ein roter bzw. rot-grün-gelber Faden durch: weitgehende Abwesenheit am Verhandlungstisch und verpasste Fristen. Man muss sagen: Da liegt schon vieles im Argen. Jetzt gilt es, zu retten, was noch zu retten ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit unserem Antrag legen wir Ihnen heute für die finale Verhandlungsphase sehr konkrete Vorschläge vor, die es anzupacken gilt. Das geht von der Definition über die Frage der Dokumentationspflichten bis hin zu verschiedenen Aspekten, wie wir eigentlich mit generativer KI in der Verordnung umgehen. Eines brauchen wir am Ende als Ergebnis: Wir brauchen Klarheiten. Das heißt, dass auch Widersprüchlichkeiten, die sich ergeben können, zum Beispiel zwischen KI-Verordnung und DSGVO, in den Verhandlungen ausgeräumt werden müssen. Stichwort „DSGVO und Datenschutz“: Da brauchen wir, glaube ich, perspektivisch in Deutschland noch einmal eine Debatte, die einen Paradigmenwechsel ins Auge fasst. Wir brauchen einen Datenschutz in Deutschland, der praktikabler und innovationsfreundlicher ist. Der Status quo ist einfach unbefriedigend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht zusammengefasst um die Frage, wo der Wohlstand der Zukunft herkommt, wie wir die Weichen dafür stellen. Es geht aber noch um mehr: Es geht auch um die Frage der Souveränität Europas, und dazu zählt natürlich auch die digitale Souveränität. Aber Souveränität erreicht man eben nicht im Schlafwagen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel. Deswegen sage ich Ihnen heute auch noch mal: Nehmen Sie doch den Schlüssel zur Welt von morgen, der dort liegt, in die Hand, bevor es andere für uns tun; denn das wäre mitnichten im Interesse eines souveränen Europas.

Abschließend will ich noch zwei Dinge sagen, die wichtig sind, wenn wir über KI und generell über neue Technologien sprechen. Wir brauchen in Deutschland auch wieder mehr Neugier, und wir brauchen vor allem wieder mehr Mut und Optimismus. Wir reden dauernd von Risiken und schlimmen Szenarien, aber wir brauchen das Gegenteil. Deswegen auch der Appell an die Regierungsvertreter: Arbeiten Sie weiter an der KI-Strategie! Bis dato sind Sie eine solche schuldig geblieben. Der KI-Aktionsplan ist angekündigt, aber eine Umsetzung ist nicht in Sicht. Vor allem planen Sie, im ganzen Bereich der Digitalisierung Gelder zu streichen. Das geht auf keine Kuhhaut. Deswegen an Sie der klare Appell: Mehr Mut, mehr Neugier! Aber machen Sie vor allem Ihre Hausaufgaben, wenn es um die KI-Verordnung geht. Das ist unser klarer Appell.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Parsa Marvi.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602023
Wahlperiode 20
Sitzung 129
Tagesordnungspunkt Europäische Verordnung für Künstliche Intelligenz
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