Stephan ThomaeFDP - Stiftungsfinanzierungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die politischen Stiftungen sind ein wichtiger Teil der politischen Kultur unserer Demokratie. Gerade in Zeiten, in denen die freiheitlichen Demokratien unter Druck sind, sind sie wichtiger denn je. Sie werden von außen attackiert, sind im Wettbewerb mit autoritären Systemen weltweit. Aber auch im Inneren gibt es Strömungen, die die parlamentarische Demokratie verächtlich machen, die sich lustig machen über das Parlament, die den Parlamentarismus nicht stärken, sondern ihn dekonstruieren wollen. Deshalb brauchen wir Stiftungen, die sich für diese Verfassungsordnung einsetzen, und deswegen ist es auch gerechtfertigt, dass sie steuerlich gefördert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass in diesem Land nur steuerlich gefördert oder mitfinanziert werden kann, wer sich auf dem Boden dieser Verfassung bewegt,
(Stephan Brandner [AfD]: Dann dürften Sie alle nichts bekommen, Herr Thomae!)
wer nicht nur auf dem Boden der Verfassung steht, sondern sich auch aktiv jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung und für das Zusammenleben der Völker einsetzt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])
Das erwarten wir auch von den Stiftungen in diesem Land. Deswegen stellen wir genau diese Kriterien, die selbstverständlich sind, als Bedingungen für eine steuerliche Finanzierung der Stiftungen auf. Das verlangt natürlich eine Prognoseentscheidung: Aus vergangener Betätigung müssen wir auf die künftige Haltung einer Stiftung schließen. Es bezieht auch ein, dass wir die Augen nicht komplett verschließen vor den Wechselbeziehungen zwischen einer Partei, einer Grundströmung der Bezugspartei, und der Stiftung. Wir können nicht ganz so tun, als hätten Partei und Stiftung nichts miteinander zu tun, bei aller Wahrung des Distanzgebotes. Es ist doch klar: Wenn eine Partei ein Wolf ist, kann man nicht einfach so tun, als wäre die Stiftung ein Schaf. Deswegen brauchen wir eine gewisse Gesamtbetrachtung von Partei und Stiftung.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Neben diesen inhaltlichen Kriterien werden wir auch gewisse formelle Kriterien aufstellen. Aber sie sind nicht allein auf die AfD und ihre Stiftung gemünzt,
(Stephan Brandner [AfD]: Doch! Welches Kriterium denn nicht? – Albrecht Glaser [AfD]: Nein! – Peter Boehringer [AfD]: Nein, nein!)
sondern wir gehen davon aus, dass eine Stiftung nur dann steuerlich finanziert werden kann, wenn sie auch eine gewisse verfestigte politische Grundströmung im Lande repräsentiert.
(Zuruf des Abg. Roger Beckamp [AfD])
Unter einer Grundströmung verstehen wir, dass die Bezugspartei einer Stiftung in den Deutschen Bundestag gewählt worden ist, die also auch bundesweit eine gewisse Bedeutung hat und über 5 Prozent der Wählerstimmen erreicht. Das ist die Grundströmung, die wir damit meinen.
Die Verfestigung, meine Damen und Herren, bilden wir darin ab, dass wir verlangen, dass eine Partei drei Wahlperioden in den Deutschen Bundestag gewählt worden ist, also mehr als nur 5, 6 Jahre eine Rolle auf der Bühne spielt.
(Zuruf von der AfD)
Das hat Vorbilder. Das ist nicht neu von uns erfunden worden, sondern war auch Voraussetzung bei der Heinrich-Böll-Stiftung der Grünen, bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linken. Das ist also nicht allein auf die AfD und die Desiderius-Erasmus-Stiftung gemünzt, sondern das ist auch früher schon angewandt worden.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Ja, gibt es denn so was?)
Weshalb sollte man neue Stiftungen besser behandeln als frühere Stiftungen?
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt in der Tat einen schwierigen Punkt. Das ist der, welche Stelle für die Prüfung und Bewilligung der Mittel zuständig sein soll. Ich persönlich hätte mir gut vorstellen können, diese Aufgabe der Bundestagspräsidentin zuzuweisen, analog zur Parteienfinanzierung. Aber es geht hier um durchaus schwierige fachliche, rechtliche Prüfungsfragen.
(Peter Boehringer [AfD]: Vielleicht der FDP-Fraktionsvorstand!)
Dafür ist die Bundestagsverwaltung nicht gemacht. Deswegen ist es in der Tat wichtig, dass wir noch einmal von einer Kommission modellieren lassen, welche unabhängige Stelle auf Dauer dafür geschaffen werden kann, diese Prüffragen zu beantworten, ohne ein neues bürokratisches Monster zu generieren. Das müssen wir uns noch mal genauer anschauen.
Dazu wird auch die Sachverständigenanhörung dienen, die wir dann intensiv auf uns wirken lassen müssen; denn es ist eine schwierige Aufgabe, sich einerseits entschlossen und wehrhaft gegen Verfassungsfeinde zu stellen, aber gleichzeitig auf dem Boden der Verfassung und des Rechtsstaates zu bleiben. Diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst und werden uns deswegen genau anhören, was die Sachverständigen uns da ins Stammbuch schreiben. Auch dazu dient dieses parlamentarische Verfahren.
Ich bedanke mich dafür, dass wir in den Vorberatungen sehr gut zusammengearbeitet haben, bei den Kollegen und Kolleginnen aus Union, SPD, Grünen und Linken. Vielen Dank dafür. Das ermutigt mich, zu glauben, dass wir am Ende auch ein gutes, verfassungsgemäßes Gesetz auf den Weg bringen, das diese schwierige Aufgabe meistern wird.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Frieser [CDU/CSU])
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Clara Bünger das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602052 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 129 |
Tagesordnungspunkt | Stiftungsfinanzierungsgesetz |