Rasha NasrSPD - Auswirkungen von Zuwanderung auf die Sozialsysteme
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon beeindruckend, wie ein AfD-Antrag nach dem nächsten so überhaupt gar keinen Sinn ergibt. Die AfD-Fraktion ist für mich so ein bisschen das Monty Python der Bundestagsfraktionen, wobei der Gaga-Humor von Monty Python zumindest gewollt war. Das, was Sie hier von sich geben, meinen Sie ja tatsächlich ernst.
(Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)
Mal wieder sprechen Sie von „Sozialtourismus“. Deshalb möchte ich hier eine Sache klarstellen: Die einzigen Sozialtouristen in Deutschland sind Sie, werte AfD-Abgeordnete.
(René Bochmann [AfD]: Das ist eine Unverschämtheit! Wir haben ein Arbeitsleben hinter uns! 30 Jahre Beitragszahlungen in die Kassen!)
Sie sitzen seit Jahren hier im Bundestag oder in den Landtagen und lassen sich von den Steuergeldern hart arbeitender Menschen alimentieren, ohne auch nur einmal etwas für dieses Land getan zu haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Sie merken: Ich bin sauer. Und ehrlich gesagt, will ich mich überhaupt nicht mehr mit einer Partei beschäftigen, die hofft, bald wieder im Jahr 1933 zu sein. Stattdessen würde ich lieber über einen Mann sprechen, der offenbar noch nicht mitbekommen hat, dass wir nicht mehr 1993 haben. Mir ist natürlich nicht entgangen, dass sich die AfD in ihrer Wortwahl gern beim Oppositionsführer Friedrich Merz bedient, der sich wiederum in seinen Inhalten immer häufiger bei der AfD bedient.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Jetzt wird es aber zu einfach!)
Man fragt sich wirklich langsam: Henne oder Ei? Und ich muss schon sagen, liebe Union: „Die Ausländer klauen mir meine Wurzelbehandlung“, hatte ich dieses Jahr wirklich nicht auf meiner Populismus-Bingo-Karte.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sehr dünnes Eis! – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Es geht um einen Antrag der AfD! – Beatrix von Storch [AfD]: Politikwissenschaftlerin!)
Friedrich Merz, der bekanntermaßen lieber sein Privatflugzeug als die Bahn nimmt, möchte also lieber diejenigen, die wenig haben, gegen diejenigen aufwiegeln, die gar nichts haben. Und das macht er, damit beide Gruppen nicht merken, was er ihnen als Regierungschef alles nehmen würde, um es dann den Reichen zu geben – quasi ein umgekehrter Robin Hood. Wohlgemerkt: Alleinstehende Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften mit Vollverpflegung bekommen laut Asylbewerberleistungsgesetz ein Taschengeld in Höhe von 182 Euro. Kleine Übersetzung für alle die, die in den 90ern stecken geblieben sind: Das sind circa 360 Mark.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war gut!)
Denken Sie wirklich, dafür verlässt jemand seine Heimat?
Natürlich verschweigt Herr Merz, dass 27 Prozent aller Ärzte und 23 Prozent aller Mitarbeiter in den Praxen selbst einen Migrationshintergrund haben und dafür sorgen, dass er als Privatpatient jederzeit einen Termin bekommen kann,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
während Kassenpatientinnen wie ich etwas länger darauf warten müssen.
Es ist aber eben nicht nur diese eine Episode aus den Debatten der letzten Monate, wegen derer ich zuletzt öfter an „Die Lusiaden“ denken musste. In diesem Renaissanceepos über die Entdeckung des Seewegs nach Indien gibt es nämlich diese eine Figur, die mir dabei immer wieder in den Sinn kam: der alte Mann von Restelo, der ewige Bedenkenträger. Als Symbol des Pessimismus lässt er sich ständig neue Gründe einfallen, warum die Entdeckungsreise nur Unheil bringen wird und alle lieber zu Hause bleiben sollten. Die Union, sozusagen der alte Mann vom Bundestag, hüllt sich ebenfalls lieber in den Schutz nationaler Grenzen, obwohl sie weiß, dass unsere Wirtschaft Zuwanderung braucht, ja, dass alles andere unseren Wohlstand zerstört.
Also lassen Sie uns doch endlich darüber sprechen, wie wir die Integration von geflüchteten Menschen in unseren Arbeitsmarkt schneller voranbringen. Hören Sie doch auf Ihren Parteifreund und Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der letztens erst Gleiches forderte.
(Johannes Schraps [SPD]: Richtig!)
Das Festhalten an Wohnsitzauflagen und Arbeitsverboten ist wirtschaftsfeindlich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frau Nasr, es gäbe eine Zwischenfrage aus der AfD. Möchten Sie die zulassen?
Nein. Ganz herzlichen Dank, aber nein.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Das Mittun an der immer schrilleren Hetze, werte Union, ist wirtschaftsfeindlich. Der Ruf nach Schlagbäumen und stationären Grenzkontrollen ist wirtschaftsfeindlich. Und Sie, liebe Union, wollen doch so gerne die Stimme der Unternehmen sein. Dann hören Sie doch auch bitte auf die Unternehmen und erleichtern Sie mit uns gemeinsam Geflüchteten den Zugang zum Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dieses Kleingeistige und Einengende hat diese Welt schon einmal ins Unheil gestürzt. Lassen Sie uns also nicht nur einmal im Jahr „Nie wieder“- oder „We remember“-Schilder hochhalten, sondern lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diese Demokratie zu festigen und die Antidemokratinnen und Antidemokraten, die Deutschland hassen, wieder aus allen Parlamenten rauszuschmeißen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP] – Beatrix von Storch [AfD]: 15 Prozent SPD, 23 Prozent AfD!)
Ich lasse eine Kurzintervention aus der AfD-Fraktion zu. Herr Beckamp hat das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602064 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 129 |
Tagesordnungspunkt | Auswirkungen von Zuwanderung auf die Sozialsysteme |