18.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 130 / Zusatzpunkt 1

Dirk WieseSPD - Aktuelle Stunde: Verherrlichung von Terror unterbinden - Antisemitismus bekämpfen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es war ein wichtiges Signal, dass der Bundeskanzler am gestrigen Tag in Israel gewesen ist. Es war ein wichtiges Signal für die enge, freundschaftliche deutsch-israelische Zusammenarbeit, die bei uns Staatsräson ist. Dieses Zeichen, das der Bundeskanzler gestern gesetzt hat, und seine Worte, die er in Israel gefunden hat – all das war sehr wichtig.

(Beifall der Abg. Sonja Eichwede [SPD])

Ich will es sehr deutlich sagen: Diese widerwärtigen Jubelszenen – sie sind angesprochen worden –, die wir auf deutschen Straßen gesehen haben, diese Solidarisierung mit dem Hamasterror: Das dulden wir hier in diesem Land in keiner Weise. Diese Relativierung der brutalen Barbarei der Terroristen am letzten Wochenende – das ist nicht hinnehmbar für unser Land, und es ist unser aller Verantwortung, dagegen aufzustehen und gemeinsam zu zeigen: Das ist nicht unser Land, was wir da gesehen haben. Da sind wir alle gefordert.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Das gilt auch für das, was wir gestern Nacht gesehen haben – es ist angesprochen worden –: der feige Brandanschlag, die Davidsterne, die wieder auf die Haustüren gesprüht worden sind. Staatssekretär Strasser hat es gerade gesagt. Er hat gesagt: Das jüdische Leben, das gehört zu unserem Land. Es gehört zu Deutschland, schon seit über 1 700 Jahren. Wir haben erst im Jahr 2021 dieses 1 700-jährige Jubiläum des jüdischen Lebens in Deutschland gemeinsam begangen. Wir haben unzählige Veranstaltungen im ganzen Land gehabt. Ich glaube, wir sollten gemeinsam darüber nachdenken – lieber Kollege Strasser, ich greife das mal ein bisschen auf –, dass wir wieder so ein Zeichen setzen, dass wir wieder zeigen, dass jüdisches Leben zu uns gehört, dass jüdisches Leben zu Deutschland gehört, zu Europa gehört. Wenn nicht jetzt, wann dann sollten wir noch mal gemeinsam so ein Zeichen setzen? Darüber sollten wir nachdenken.

Ich möchte auch deutlich sagen, dass es richtig ist, dass der Rechtsstaat jetzt Zähne zeigt, dass der Rechtsstaat alles unternimmt, um Demonstrationen schon von vornherein zu verbieten. Ich halte es auch für richtig, das zu verbieten. Ich glaube, wir haben auch die rechtliche Handhabe dafür. Ich schaue da zum Beispiel ins Bundesland Hamburg, wo bisher sämtliche Demonstrationen untersagt worden sind, weil klar ist, dass von diesen Demonstrationen, dieser Unterstützung des Terrors der Hamas, Straftaten ausgehen. Da müssen wir genau hinschauen, Bund und Länder, gerade mit dem Blick auf das kommende Wochenende, dass wir da klare Kante zeigen. Ich möchte auch meinen Dank sagen an die Polizistinnen und Polizisten, die da für unseren Staat, für den Rechtsstaat, den Kopf hinhalten. Denen kann man gar nicht Dank genug sagen in dieser Situation.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es wurde schon gesagt: Es darf kein „Ja, aber …“ geben. Es darf in dieser Situation keine Relativierungen geben, von gar keiner Seite. Ich will es hier noch mal sagen, weil ich gerade in den letzten Tagen verfolgt habe, was für ein unglaublicher Dreck – ich muss das so sagen – in den sozialen Medien ausgeschüttet wird, auch wenn wir Postings machen dort. Es ist teilweise wirklich menschenverachtend, was da stattfindet. Das findet von vielen Seiten statt, und es findet auch von rechter Seite statt, wenn ich sehe, was da teilweise gepostet wird, teilweise auch von dem Zusammenschluss „Dritter Weg“, dieser rechtsextremen Vereinigung, die übrigens mit der Jungen Alternative enge Netzwerke hat.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist ja Blödsinn! Reden Sie nicht so einen Mist hier! Unglaublich!)

Dazu habe ich gar nichts von Herrn Hess heute gehört, nichts an dieser Stelle. Dieser Hass kommt genauso von dieser Seite. Das ist nicht tolerierbar, und auch dagegen müssen wir aufstehen!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe von der AfD)

Von daher: Wir brauchen eine harte und zielgerichtete Antwort unseres wehrhaften Rechtsstaates. Es muss sein, dass da, wo diese Straftaten der Terrororganisation verherrlicht werden, der Aufenthaltsstatus entzogen wird. Es ist richtig, das Betätigungsverbot der Hamas in Deutschland und das Verbot von Samidoun durchzusetzen. Es ist aber auch richtig, immer wieder zu fragen: Wie können wir diese Demokratie auch präventiv stärken? Wie können wir den Zusammenhalt, den Respekt in diesem Land stärken? Wie können wir es hinkriegen, gegen diesen Hass, diese Verachtung, die wir in den Demonstrationen sehen, einen Hass, der leider auch auf Schulhöfen Eingang findet, vorzugehen? Das funktioniert nicht kurzfristig, sondern das braucht viel Anstrengung, und das braucht auch viel Geld.

Ich bin gerade – das will ich hier einmal sagen – den Lehrerinnen und Lehrern in meinem Bundesland Nordrhein-Westfalen dankbar. Wir hatten gerade erst Herbstferien, und viele von ihnen haben in dieser Woche mit den Schülerinnen und Schülern diskutiert über die Videos, die natürlich über die sozialen Netzwerke auf die Handys kommen, und wie man das einordnen kann, wie man das verstehen muss. Da bin ich all denjenigen, die da für Aufklärung gesorgt und klare Haltung im Unterricht gezeigt haben, dankbar. Da will ich den Lehrerinnen und Lehrern mal ein großes Dankeschön sagen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Umso wichtiger ist es, zum Abschluss zu sagen: Wir müssen diese Form von Extremismus angehen. Wir müssen die Initiativen, die im Land dagegen aufstehen, die im Kampf gegen Antisemitismus seit Jahren dabei sind, stärken und sie umso mehr auch finanzieren. Umso wichtiger ist es, gerade in diesen Zeiten dafür zu sorgen und gerade jetzt das Ja zu geben für ein Demokratiefördergesetz. Das ist aus meiner Sicht wichtiger denn je.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wiese. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Gitta Connemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602146
Wahlperiode 20
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Verherrlichung von Terror unterbinden - Antisemitismus bekämpfen
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