18.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt 3

Norbert RöttgenCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Irak

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Fraktion stimmt dem Antrag der Bundesregierung, das Irakmandat fortzusetzen, zu, genauso wie wir es bei diesem Mandat immer getan haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Mandat hat sich erfolgreich gewandelt. Es war einmal ein militärisches Instrument zur Bekämpfung von Daesh, dem sogenannten „Islamischen Staat“. Es hat das erfolgreich getan. Es ist aber nicht völlig abgeschlossen. Es ist heute im Wesentlichen ein außenpolitisches Instrument, indem durch militärische Beratung zur Stabilisierung in der Region beigetragen werden soll.

Es ist ein bescheidenes Instrument. Es werden 500 Soldatinnen und Soldaten mandatiert, aber es sind nur 250 im Einsatz. Davon ist die Mehrzahl in der Luftbetankung aktiv. Es sind nicht mal 100 Soldatinnen und Soldaten, die an der militärischen Beratung teilnehmen.

Die Unionsfraktion – Kollege Wadephul und ich – hat schon vor einem Jahr, als wir eine Verlängerung diskutiert haben, kritisiert, dass der Einsatz richtig ist, aber zu wenig. Es fehlt eine deutsche Irakpolitik. Dieses Land ist zu wichtig, als dass wir sagen könnten: 90 Soldaten für die militärische Beratung drücken die Bedeutung des Irak für die Region und auch für Europa aus. – Das hat in der Debatte keine Resonanz gefunden und schon gar nicht in der Irakpolitik, die im vergangenen Jahr von Deutschland gemacht wurde. Ich möchte das, was vor einem Jahr gesagt wurde, jetzt nicht fortsetzen, weil wir auch mit diesem Mandat in einer neuen Zeit sind.

Wir sind mit diesem Mandat voll in der Aktualität einer neuen Zeit für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens, und das muss nun auch in das Mandat eingebettet werden. Die Zäsur, ausgelöst durch die brutalen Verbrechen, die nach dem Präzisionsplan der Hamas und befreundeter Terrorgruppen begangen wurden, muss dazu führen, dass Deutschland, die Europäische Union und der gesamte Westen eine völlig neue Konzeption für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Osten auflegen und durchsetzen, meine Damen und Herren. Das ist jetzt die Aufgabe, und das ist auch mein Appell.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieses Mandat ist richtig. Aber wenn sich deutsche und westliche Irakpolitik darin erschöpft, dann ist es viel zu wenig. Der Irak ist ein großes Land, ein bedeutendes Land: 45 Millionen Einwohner, eine dynamische Bevölkerungsentwicklung, viele junge Menschen, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Es ist ein Land, das Fortschritte gemacht hat, das aber noch nicht autark die eigene Sicherheit gewährleisten kann. Iranisch infiltrierte Milizen spielen eine große Rolle. Der Iran kann praktisch über Nacht dieses Land destabilisieren. Das liegt in der Hand des Iran. Die Wirtschaft ist völlig einseitig auf den Verkauf von Öl ausgerichtet. Fast der gesamte Haushalt speist sich daraus. Wir brauchen eine größere Diversifikation der Wirtschaft. Dazu kann Deutschland Beiträge leisten. Wir können energiepolitisch zusammenarbeiten. Wir müssen dieses Land in der Breite stabilisieren, sicherheitspolitisch und wirtschaftlich, damit es nicht zum Teil der Instabilität in dieser Region wird. Es ist jetzt wirklich Zeit, das zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir als Land müssen diese Region in den Blick nehmen, und zwar in einem weiteren Sinne. Vom westlichen Afrika über die Sahelzone sowie den Nahen und Mittleren Osten bis nach Afghanistan gab es mehr als ein halbes Dutzend Militärputsche in kurzer Zeit. Das ist ein riesiger Gürtel der Instabilität und des Terrorismus. Und wir sind davon betroffen. Allein aus dem Irak kommt in diesem Jahr die viertgrößte Gruppe der Flüchtlinge nach Deutschland. Wenn man die ganze Region zusammennimmt, stellt man fest, dass die Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Irak den größten Anteil ausmachen; wir sind allein unter diesem Aspekt von der dortigen Instabilität betroffen.

Wenn wir uns aber verantwortlich fühlen – Staatsräson Deutschlands – für den Schutz und die Sicherheit Israels, dann müssen wir das mit einem regionalen Ansatz umsetzen. Unser Appell ist also, dass die neue Situation von der Bundesregierung, von Deutschland so aufgefasst wird, dass wir in der Verantwortung stehen, einen neuen regionalen Ansatz, einen deutschen und europäischen Ansatz für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens zu finden – aus Verantwortung, aber auch aus unseren Interessen. Das Mandat ist richtig; es ist aber zu wenig.

Allen Soldatinnen und Soldaten, die dort ihren Dienst tun, danken wir, und wir wünschen allen, dass sie wohlbehalten wieder nach Hause kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Aydan Özoğuz.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602159
Wahlperiode 20
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Irak
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