18.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt 5

Simone BorchardtCDU/CSU - Cannabisgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das gesamte Gesundheitssystem schreit gerade nach Unterstützung. Wir haben ein unkontrolliertes Krankenhaussterben. Apotheker sind verzweifelt, weil wir immer größere Zahlen von Apothekenschließungen haben. Erneut drohen Arzneimittelengpässe. Die Pflege steht vor einem Kollaps, um nur einige Herausforderungen zu nennen. Und jetzt kommen Sie mit einem Gesetzentwurf zur Cannabislegalisierung um die Ecke. Ein Thema, das in diesem Moment wirklich keiner braucht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sozusagen die Beruhigungspille, wenn der Patient bereits im Sterben liegt. Anstatt um das Überleben des Patienten zu kämpfen, haben wir nun einen Gesetzentwurf vorliegen, der selbst von Befürwortern nicht wirklich unterstützt wird und viele einfach ratlos zurücklässt.

Ich frage mich ernsthaft: Wofür das Ganze? Der Kinder- und Jugendschutz, den Sie vermeintlich stärken wollen, verkommt zur Farce. Meine Damen und Herren, wenn Sie die Prävention stärken wollen, warum werden dann die Mittel im Haushalt der BZgA um 30 Prozent gekürzt? Das ist doch absolut der falsche Ansatz!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist mittlerweile systematisch, dass die Bundesregierung Prozesse nicht von Anfang an denkt und erst recht nicht bis zum Ende; denn eine Cannabislegalisierung, ohne zuvor die Prävention zu stärken, ist einfach unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)

Herr Lauterbach, Sie erzählen uns, wie schädlich Cannabis ist, und zur gleichen Zeit wollen Sie uns erklären, dass es aber so, wie es die Ampel macht, ganz toll ist. Lassen Sie mich hierzu einmal ein paar Zahlen nennen: Wir wissen schon jetzt, dass rund ein Drittel aller Psychosen cannabisinduziert sind, besonders im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

(Zuruf der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Das ist ein verheerendes Zeichen. Es ist nachgewiesen, dass die Entwicklung des menschlichen Gehirns erst ab dem 25. Lebensjahr abgeschlossen ist. Was machen Sie? Sie wollen eine Freigabe ab 18 Jahren. Das ist doch völlig unsinnig!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der SPD sowie des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, erfreulicherweise geht der problematische Konsum von Alkohol zurück. Lassen Sie uns diesen Erfolg der Prävention und Aufklärung nicht dadurch zunichtemachen, dass Sie jetzt die nächste Substanz auf den Markt werfen. Was wir jetzt brauchen, ist ein strukturierter Ansatz. Wir brauchen jetzt den Ausbau von Hilfs- und Behandlungsangeboten.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den massiven Aufwand in den Suchtberatungsstellen, der mit einer Legalisierung zwangsläufig einhergeht, lassen Sie fahrlässig unter den Tisch fallen.

Die mangelnde Systemkenntnis macht sich auch bemerkbar, wenn wir uns einmal das Thema Medizinalcannabis anschauen. Wir als Unionsfraktion hatten im Frühjahr einen Antrag gestellt – den haben Sie abgelehnt –, damit Patienten leichter an Medizinalcannabis herankommen. Da können Sie mal sehen, was das für ein Unsinn ist! Was passiert jetzt? Patienten werden versuchen, sich selbst zu therapieren, jenseits der ärztlichen Begleitung. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Einstellung der Medikamente eine hochkomplexe Angelegenheit ist, die niemals durch den Besuch eines Social Clubs ersetzt werden darf.

Und deshalb, liebe Ampel, fordere ich Sie auf: Gehen Sie endlich den Genehmigungsvorbehalt für Medizinalcannabis an! Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Stärken Sie die Therapiehoheit der Ärzte! Besinnen Sie sich endlich auf die Gesundheit der Menschen, anstatt hier Lifestylepolitik zu machen! Beenden Sie die fatalen Kürzungen bei der Prävention, und schaffen Sie klare Fakten zur Aufklärung!

Und vor allem: Lernen Sie aus den Fehlern der anderen Länder! Sie lernen anscheinend an der falschen Stelle, meine Damen und Herren. Ihre Position, dass der Schwarzmarkt bekämpft wird, führt Sie wirklich in die Irre; denn die Idee der Social Clubs ist nicht neu. Wenn wir nach Spanien schauen, sehen wir doch, dass dort unter dem Deckmantel der Clubs weiterhin Organisierte Kriminalität operiert.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Völlig faktenbefreit!)

In Kanada floriert der Schwarzmarkt aufgrund niedrigerer Preise, Herr Lauterbach.

(Kristine Lütke [FDP]: Das ist doch Quatsch! – Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist halt falsch! Einfach falsch!)

Die Niederlande schränken den Konsum wieder ein, und selbst im liberalen Portugal ist der von Ihnen geplante Heimanbau völlig zu Recht untersagt.

(Zurufe der Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Meine Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ich appelliere an Sie: Setzen Sie sich mit den wirklich drängenden Problemen auseinander!

(Kristine Lütke [FDP]: Das tun wir auch!)

Und das ist nicht die Cannabislegalisierung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Linda Heitmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie informieren sich mal!)

Nächste Rednerin ist Dr. Kirsten Kappert-Gonther für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602181
Wahlperiode 20
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Cannabisgesetz
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