Ruppert StüweSPD - Genderideologie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Machen wir es mal transparent: Jede Fraktion in diesem Deutschen Bundestag kann Debattenplätze wählen und überlegen, was sie in diesen Debatten zum Thema macht.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Die AfD hat entschieden, ihre Angst vor der Gleichstellung der Geschlechter zum Thema dieser Debatte zu machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Und die SPD spricht über Kiffen! – Beatrix von Storch [AfD]: Sind Sie gegen Gleichberechtigung?)
Ich würde gern noch einmal ernsthaft über das Thema Wissenschaft reden. Da gilt nämlich das Prinzip des Universalismus. Wissenschaft respektiert jedes Forschungsinteresse. Wissenschaft prüft jede Aussage. Wissenschaft hinterfragt sich selbst. Wissenschaft bestimmt selbst, was Gegenstand der Forschung ist, nicht die Politik. Deswegen sind Genderstudies und Geschlechterforschung Teil der Wissenschaft – ob Sie es mögen oder nicht. In der Wissenschaft einer Demokratie ist das so: Die Wissenschaft bestimmt darüber, zu was geforscht wird, und nicht Sie von der AfD – zum Glück!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein! Die Politik entscheidet, was gefördert wird! Milliarden sind projektgebunden! Nur ein kleiner Teil ist grundfinanziert!)
Und natürlich fördert der Bund auch die Geschlechterforschung. Und ja, es gibt sogar Professorinnen und Professoren, die dazu forschen, ganze 170.
Und dann hinterfragt sich die Wissenschaft auch noch selbst: Ist das eigentlich richtig, was wir da machen? – Dafür gibt es den Wissenschaftsrat. Und was hat der geschrieben?
„Die Geschlechterforschung ist ein dynamisches und auch international zukunftsträchtiges Forschungsfeld mit großer Transferrelevanz.“
(Beatrix von Storch [AfD]: Wofür es viele Forschungsgelder gibt, für diesen Schwachsinn! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt auch Geld für die Sanierung von Adelsschlössern!)
– Natürlich gibt es dafür Forschungsgelder. Wir finanzieren in diesem Staat die unabhängige Forschung. Wir überlassen das nicht Parteien und auch nicht der Industrie. Wir sorgen dafür, dass Forschung unabhängig ist, und schaffen dafür die Bedingungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Und genau das wollen Sie angreifen. Deswegen ist Ihr Antrag auch so gefährlich.
(Nicole Höchst [AfD]: Unabhängige Forschung!)
In der Medizin ist es ganz klar. Wir haben in der letzten Woche über das Thema Endometriose diskutiert. Da wird klar, wie strukturell unterforscht manche Felder in der Medizin sind, wo es gerade um die Belange von Frauen geht.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Männer haben keine Endometriose!)
In der Bildung, in der Mobilität, in der Sicherheit, überall da kommt es darauf an, als was man in der Gesellschaft wahrgenommen wird, als Mann oder als Frau, und das hat Auswirkungen.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist Biologie! Endometriose! Das ist keine Wahrnehmung! – Gegenruf des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ey, Freunde, bleibt doch mal locker!)
Natürlich soll man das erforschen.
Wir haben es gehört: Es gibt sogar einen Nobelpreis dafür. Claudia Goldin hat ihn bekommen. Sie hat sich mit der Frage beschäftigt,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Haben wir schon gehört!)
wie sich eigentlich die Unterschiede im Arbeitsmarkt erklären lassen. Sie hat sich explizit damit beschäftigt – übrigens auf Grundlage von historischen Daten –, wie sich unterschiedliche Einkommenssituationen, wie sich unterschiedliche Berufswahlen von Frauen und Männern erklären lassen. Das zeigt wieder: Die Wissenschaft entscheidet frei über ihre Themen; sie lässt sich das von niemandem vorschreiben.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Hat aber nichts mit Gender zu tun!)
Frau Goldin bekam dafür sogar den Nobelpreis.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
1942 hat Robert Merton etwas zur normativen Struktur der Wissenschaft geschrieben. Damit möchte ich noch einmal zum Beginn meiner Rede zurückkommen. Denn es geht ja nicht nur darum, dass Sie Ihre Ängste hier einmal zum Thema machen – was ja Ihr gutes Recht ist. Interessant ist, was sich Robert Merton damals, 1942, im Angesicht des Faschismus, überlegt hat: Wie sieht eigentlich Wissenschaft aus? – Und er hat geschrieben: „Wissenschaft schließt nicht aus“, zusammengefasst in seiner „Normativen Struktur der Wissenschaft“. Wissenschaft treibt ein universeller Erkenntnisanspruch an. Und er hat das kontrastiert mit der Wissenschaft im Faschismus; die Wissenschaft im Faschismus exkludiert nämlich.
Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Der nächste Redner ist Alexander Föhr für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 130 |
Agenda Item | Genderideologie |