19.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 131 / Tagesordnungspunkt 7

Christian DürrFDP - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Israel ist das Land auf dieser Erde, das dem jüdischen Volk Sicherheit, Frieden und Freiheit garantieren sollte, und genau dieses Land wird brutal angegriffen. Israel verteidigt sich gegen den Terror der Hamas, der in seiner Scheußlichkeit so nur möglich ist, weil blinder und wirklich menschenverachtender Hass ihn treibt. Keine zwei Wochen seit Beginn der grausamen Angriffe befördert ebendieser Hass auch auf unseren Straßen hier in Deutschland den Hass zutage, der in Wahrheit – meine Damen und Herren, seien wir selbstkritisch – kein neuer ist. Der Anschlag auf eine Synagoge hier im Herzen Berlins erschüttert uns. Aber bei diesen Feststellungen, bei Worten darf es nicht bleiben. Wir müssen auch in Deutschland ins Handeln kommen. Die Art und Weise, wie sich der Hass gegen jüdisches Leben auf den Straßen in Deutschland im Moment entlädt, ist eine Schande. Ich will das in dieser Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Wir stellen uns nach den jüngsten antisemitischen Anschlägen noch stärker vor alle Jüdinnen und Juden, auch hier in Deutschland. Meine Damen und Herren, Toleranz, Weltoffenheit, die Werte des Grundgesetzes, das leitet uns hier, das leitet uns als Demokraten und vereint uns. Umso klarer müssen wir in dem sein, was wir nicht tolerieren. Ich finde, der Bundesjustizminister hat gestern in der Regierungsbefragung genau die richtigen Worte dazu gefunden: „Jüdisches Leben gehört zu Deutschland. Wer das nicht ertragen kann, gehört dann eben nicht zu Deutschland.“

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sagte gerade: Wir müssen ins Handeln kommen; bei Worten darf es nicht bleiben. – Ich bin deshalb dem Bundesjustizminister dankbar, dass er mit seinen Kollegen in den Ländern in einem engen Austausch steht, um eine deutliche Antwort des Rechtsstaats auf solche Taten zu geben. Es darf keine Vollzugsdefizite bei den Landespolizeien geben. Es darf keine Vollzugsdefizite bei den Justizbehörden geben.

Ich fordere alle Justizministerinnen und Justizminister, alle Innenministerinnen und Innenminister der Länder in Deutschland auf, hier sehr klar eine Antwort zu geben. Wir stehen hinter ihnen. Es muss am Ende Verurteilungen geben, meine Damen und Herren. Diese Bilder sind des Rechtsstaats nicht würdig; wir akzeptieren sie nicht. Der Rechtsstaat wird jede Straftat verfolgen; denn das, was auf deutschen Straßen geschieht, das sind Straftaten, die wir nicht tolerieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich müssen wir auch selbstkritisch auf die Integrations- und Migrationspolitik Deutschlands der letzten Jahre – in Wahrheit: Jahrzehnte – zurückblicken. Deswegen ist es richtig, Herr Bundeskanzler, dass das Thema Migrationspolitik natürlich auch ein wichtiges beim Europäischen Rat ist. Ich will es in aller Deutlichkeit sagen: In Deutschland und in Europa braucht es eine Wende in der Migrationspolitik.

(Thomas Ehrhorn [AfD]: Hört! Hört! – Weitere Zurufe von der AfD)

Herr Merz, ich will es in aller Deutlichkeit sagen: Ich bin dankbar, dass auch Sie noch einmal unterstrichen haben, dass die Demokraten das gemeinsam tun sollten. Gleichwohl sind die Sozialleistungen des deutschen Staates ja keine Erfindung dieser Koalition.

(Zuruf des Abg. Tino Chrupalla [AfD])

Gleichzeitig müssen wir reagieren. Die Möglichkeiten gibt es. Das ist der Grund, warum wir Freie Demokraten den Bundesländern seit Wochen sehr klar sagen: Bargeldauszahlungen an Asylbewerber sollten eingestellt werden.

(Beifall des Abg. Steffen Janich [AfD] – Martin Reichardt [AfD]: Seit Jahren! – Weitere Zurufe von der AfD)

Ich freue mich übrigens, dass sich die Bereitschaft dazu jetzt abzeichnet und unserem Rat gefolgt wird, beispielsweise in Baden-Württemberg, beispielsweise in Brandenburg und nun auch in Bayern. Es wurde vor einigen Jahren schon diskutiert; aber ich hoffe, dass die neue Bayerische Staatsregierung da jetzt auch ins Handeln kommt.

Ich sage es klar: Wenn am 6. November dazu Einigkeit der Ministerpräsidenten besteht, dann ist die von mir beschriebene Wende in der Migrationspolitik möglich. Die Bundesinnenministerin hat ihren Beitrag geleistet, indem sie ein Notifizierungsverfahren für vorübergehende Grenzkontrollen auf europäischer Ebene angestrebt hat; die Schleierfahndung kommt dazu. All diese Instrumente – es ist richtig, Herr Bundeskanzler: es gibt nicht den einen Knopf, der zu drücken ist – auf den verschiedenen Ebenen mit politischer Verantwortung müssen zusammengebunden werden.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

Alle staatlichen Ebenen müssen ihren Beitrag zur Begrenzung irregulärer Migration leisten.

Meine klare Erwartung an alle 16 Ministerpräsidenten ist: Ich erwarte, dass das, was sie jetzt rechtlich schon tun können, nämlich Bargeldauszahlungen durch Bezahlkarten zu ersetzen, der Beschluss der MPK am 6. November sein wird – um das in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich müssen wir auch auf die wirtschaftliche Situation Europas und unseres Landes schauen. Ich bin froh, dass die Bundesregierung gerade beim Bürokratieentlastungsgesetz vorangeht, dass wir bei der Planungsbeschleunigung in dieser Woche als Deutscher Bundestag unseren Beitrag leisten, um Wachstum wieder möglich zu machen, auch in Deutschland.

Und ich freue mich über die Ankündigung, dass man jetzt auch auf der europäischen Ebene bereit ist, in den Bürokratieabbau einzusteigen. Aber ich will sagen, dass das, was die Kommissionspräsidentin dort angekündigt hat, mir in Wahrheit nicht ausreicht; da muss mehr kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat ausgerechnet, dass Frau von der Leyen in Brüssel allein im vergangenen Jahr viermal so viel Bürokratie aufgebaut hat, wie jetzt wegfallen soll. 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland fordern einen Abbau der Bürokratie. Ich bin gespannt, wie Sie das diesen Unternehmen erklären.

Ich nehme uns dort alle in die Pflicht. Die wirtschaftliche Fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland ist mit ihrer geopolitischen Fähigkeit verbunden. Das betrifft Deutschland, das betrifft Europa. Deshalb erwarte ich auch vom Europäischen Rat, dass Wachstumsimpulse ausgehen. Europa und Deutschland brauchen diese Impulse. Das günstigste Wachstum, das wir unserer Wirtschaft bescheren können, ist der Abbau von überflüssiger Bürokratie. Auch hier sollten Deutschland und die Europäische Union gemeinsam arbeiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat das Wort für die Fraktion Die Linke Amira Mohamed Ali.

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Ehrhorn [AfD]: Wird das jetzt eine Abschiedsrede?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602219
Wahlperiode 20
Sitzung 131
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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