Christian PetrySPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Merz, Sie haben mich eben wirklich irritiert, als Sie Olaf Scholz dafür verantwortlich gemacht haben, dass die Flüchtlinge zu uns kommen. Ich war immer der Meinung, es wären in Afghanistan die Taliban, es wäre der IS, es wäre das Assad-Regime, es wäre der Angriffskrieg Putins und dessen Regime, die die Ursachen sind. Das ist eine solche Verdrehung, Herr Merz. Es ist doch klar, dass wir dann Bedenken haben, dass Sie die Brandmauer gegen rechts nicht aufrechterhalten, wenn Sie heute hier solche Dinge formulieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Gipfeltreffen des Europäischen Rates steht wieder einmal im Zeichen von Krisen, Kriegen, Terror. Besonders aktuell ist der Terror der Hamas; meine Vorredner sind sehr intensiv darauf eingegangen. Wir erwarten von den Regierungschefinnen und -chefs, dass sie in großer europäischer Verantwortung handeln und nicht mit nationalistischer Unvernunft. Dafür werden wir hier im Bundestag immer einstehen.
Wir brauchen eine geopolitische, reformierte und zukunftsoffene Europäische Union, so hat Olaf Scholz in seiner bemerkenswerten Rede zum Europatag im Europaparlament ausgeführt. Die Bilanz seiner bisherigen Arbeit ist beeindruckend. Ich möchte ein paar Beispiele nennen.
Schon in Coronazeiten hat er als Finanzminister den Wiederaufbaufonds ins Leben gerufen – eine europäische Erfolgsgeschichte, ein Paradigmenwechsel in der Finanzierung; Zukunftsprogramme, Investitionen, Nachhaltigkeit, Digitalisierung wurden vorneweg gestellt. Das Programm SURE zur Beschäftigungssicherung ist in Europa ein Meilenstein. Es geht auf das Konto dieses Kanzlers Olaf Scholz.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christian Dürr [FDP])
Der Angriffskrieg Russlands. Gestern hat im Europaausschuss – das war ein weiterer Tiefpunkt; man stumpft ja wirklich ab – ein Vertreter der AfD gesagt, dass die Wiederaufbauleistungen von denen, die das Land zerstören, nämlich Russland, USA und Großbritannien, zu leisten sind; sie wurden alle in einem Atemzug genannt! Das ist wirklich verwerflich; das entlarvt die AfD. Der Angriffskrieg geht von Putin aus; dort liegt die Hauptverantwortung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist viel für Deutschland geleistet worden unter der Federführung von Kanzler Olaf Scholz. 77 Milliarden Euro Unterstützungsleistungen aller Art, elf Sanktionspakete, und 4 Millionen Flüchtlinge sind in Europa aufgenommen worden; das ist eine Riesenleistung! 4 Millionen Menschen haben Zuflucht vor diesem Krieg bei uns gefunden, und wir hoffen, dass es möglich sein wird, den Frieden in die Region zu bringen, und dass die Menschen in ihre Heimat zurückkehren können. Dass es dieses kraftvolle Bild des einigen Europas gibt, was viele nicht erwartet haben, ist mit eine besondere Leistung von Kanzler Olaf Scholz. Vielen Dank!
(Beifall bei der SPD – Martin Reichardt [AfD]: Sie müssen sich noch fünfmal bei Herrn Scholz bedanken!)
– Genau.
Dazu gehört ebenso die in Fahrt gekommene Erweiterungsdebatte – bedauerlicherweise durch den Krieg. So deutlich wie nie zuvor ein anderer Kanzler oder eine Kanzlerin in Deutschland dies gesagt haben, sind die Beitrittsperspektiven für die Länder des westlichen Balkans und für die drei Kandidaten rund ums Schwarze Meer genannt worden. Der Berliner Prozess wird kontinuierlich vorangetrieben. Dies war vorher nicht der Fall, und auch dies ist eine große Leistung der Regierung Scholz. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der SPD – Martin Reichardt [AfD]: Noch dreimal!)
GEAS ist genannt worden und die Einigung auch; Dirk Wiese hat es ausgeführt. Wir haben hier jahrelang daran gearbeitet, und ich habe beruflich auch damit zu tun gehabt. Dass es jetzt eine Einigung gibt und geben kann und dass es eine einheitliche Vorgehensweise und dass es Standards gibt, ist ein Durchbruch, der nicht zu gering zu schätzen ist, und alle Versuche, dies zu zerreden, werden scheitern. Auch hier: eine große Leistung,
(Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])
die mit dieser Bundesregierung und mit unserer Hilfe als Parlament zustande gekommen ist.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In seiner Prager Rede hat Olaf Scholz die Erweiterungsfähigkeit angesprochen, auch hier die Reformfähigkeit. Und das ist auch ein wichtiger Punkt. Auch diese Debatte geht weiter. Hier haben wir ein deutsch-französisches Papier, das uns gute Vorgaben gibt, das wir diskutieren. Dieses deutsch-französische Papier gibt einen Fahrplan, wie wir, die EU, uns erweitern und weiterhin vertiefen können. Das ist doch die große Kunst; denn wir möchten bei einer Erweiterung die sozialen Rechte selbstverständlich nicht hinten runterfallen lassen und nur ein bisschen mehr Binnenmarkt bekommen. Wir möchten, dass es einheitliche Lebensverhältnisse gibt, der Wohlstand und die offene und liberale Demokratie gestärkt wird.
Das deutsch-französische Verhältnis ist besser als nie zuvor, auch wenn aus der Union immer Kassandrarufe kommen. Das erwähnte gemeinsame Papier ist ein absolut gutes Beispiel dafür. Wir wollen mit unseren Freunden die EU reformieren. Auch dafür nochmals vielen Dank!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich komme zum Schluss. Es gibt viel zu tun. Erweiterung und Vertiefung – das geht. Gleichzeitig Stärkung der sozialen Rechte – das geht. Ein Europa, das Sicherheit, Wohlstand und ein freies Leben sichert – das ist unsere Pflicht. Dafür stehen wir als SPD-Fraktion. Dafür steht diese Regierung. Und jetzt noch einmal, weil Sie es so gerne hören: Vielen Dank, Olaf Scholz! Gutes Gelingen!
Glück auf!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn noch werden? – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Listenplatz gesichert!)
Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Patricia Lips.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602225 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 131 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |