Kaweh MansooriSPD - Bürokratieabbau
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gestern Abend an einer Diskussionsveranstaltung teilgenommen, mit einem geschätzten Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion und einem geschätzten Kollegen aus der Fraktion der Grünen. Wir haben gemeinsam unter anderem über die Frage nachgedacht, was Demokratinnen und Demokraten tun können, um mehr Menschen von der Handlungsfähigkeit unserer Demokratie zu überzeugen.
Ich will einen Gedanken in diese Debatte einbringen, von dem ich jedenfalls sehr überzeugt bin. Ich glaube, es muss uns als Demokratinnen und Demokraten darum gehen, dass wir reale Probleme benennen, aber dann auch Lösungen auf den Tisch legen, die funktionieren.
Jetzt will ich das mal in den parlamentarischen Alltag übersetzen, den wir hier haben. Sie haben 16 Jahre aus dem Bundeskanzleramt heraus regiert. Seit Sie das nicht mehr tun, erleben wir im Wochentakt, dass Sie zwei Tage vor Debatten hier Anträge einbringen, in denen Sie mit einer Zahl von Spiegelstrichen vorgeben, alle Probleme auf einmal und sofort zu lösen. Gestatten Sie mir die Bemerkung: Ich finde das nicht besonders glaubwürdig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Weil meine Vorrednerin danach gefragt hat, welche konkreten Maßnahmen die Ampelkoalition unternommen hat, um private und öffentliche Investitionen zu beschleunigen, will ich einfach mal einen Überblick über die Maßnahmen der letzten zwei Jahre geben.
Wir haben es in wenigen Monaten geschafft, die Flüssiggasterminals zu planen und aufzubauen, indem wir auf überbordende Regelungen verzichtet haben.
Wir haben es mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes geschafft, mit bundeseinheitlicher Standardisierung dafür zu sorgen, und zwar ohne Umweltstandards abzusenken, dass Genehmigungsverfahren schneller werden, für mehr Wind an Land, für mehr Wind auf See.
Wir beschleunigen und digitalisieren mit dem Gesetz, das morgen hier in zweiter und dritter Lesung vorgelegt wird, Verkehrsinfrastrukturprojekte insbesondere im Bereich von Ersatzneubauten, indem wir auf unnötige Doppelprüfungen verzichten. Das ist eine Forderung, die auch Sie häufig in Debatten erhoben haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir stellen bei Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung das förmliche Verfahren so um, dass es in der Regel digital abzulaufen hat. Wir modernisieren bzw. vereinfachen Verwaltungsabläufe, etwa wenn es um Ausweisdokumente oder Kfz-Neuzulassungen geht. Und überall da, wo es einen hohen Bürgerkontakt gibt, versuchen wir, Prozesse zu standardisieren, zu digitalisieren und zu vereinfachen.
Ich will auch noch mal einen Punkt aus Ihrem Antrag ansprechen. Sie bezeichnen da die Kindergrundsicherung als Bürokratiemonster. Über die Details sprechen wir noch. Das Verfahren ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber gerade die Kindergrundsicherung ist doch ein Beispiel dafür, wie man diesen Sozialstaat einfacher und transparenter machen kann und wie es Eltern in einfachen Verfahren ermöglicht wird, alle Leistungen aus einer Hand zu bekommen. Daran arbeiten wir, und das ist ein Beitrag zum Bürokratieabbau in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
An dem Thema „bürgerfreundlicher Sozialstaat“ werden wir auch weiterarbeiten, gemeinsam mit den Ländern. Wir laden Sie auch herzlich ein, gemeinsam mit uns daran mitzuwirken.
Wir werden beim Thema Bürokratieabbau nicht nachlassen. Da will ich an Vorbemerkungen anknüpfen, die mein Kollege Lukas Benner gemacht hat, und auch einen Ausblick auf weitere Themen geben, die sich jetzt schon im Geschäftsgang befinden: etwa wenn es um Anlagengenehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geht, wo wir auch an Vereinfachungen und schnelleren Prozessen arbeiten; etwa wenn es um Stichtagsregelungen geht, damit für Unternehmen klar ist, dass Unterlagen, die zu einem bestimmten Stichtag eingereicht wurden, nicht aufgrund späterer Gesetzesänderungen noch einmal nachgebessert werden müssen; oder wenn es um Vereinheitlichung von Landesrecht geht. Da will ich noch mal einen Appell an Sie richten, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion.
(Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])
Ich höre vor allem aus CDU-geführten Bundesländern, dass die Vereinheitlichung von Bauordnungen nicht machbar sei. Unterstützen Sie uns doch dabei, auch die Länder für einfachere Gesetze zu gewinnen! Das wäre ein echter Fortschritt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist eine steile These!)
Deswegen müssen wir, wenn es um Bürokratieabbau geht, immer auch ein bisschen schauen, was denn hinter diesem Begriff steckt, was in der Box drin ist. Ich lese in Ihrem Antrag, dass Sie als Beispiele für Bürokratieabbau unter anderem die Bekämpfung von Kinderarmut, den Schutz von Menschen- und Arbeitnehmerrechten oder Umweltschutzstandards anführen.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Die Frage ist, wie man es macht!)
Ich will das aus Sicht der SPD-Fraktion in aller Klarheit zurückweisen. Das ist kein Beitrag für Bürokratieabbau, sondern das ist aus der Mottenkiste der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe auch Ihren Appell, Herr Dr. Krings, zum Thema „digital statt analog als Standard“ mit großem Interesse vernommen. Ich gehe davon aus, dass Sie dann auch Ihren Widerstand gegen die digitale Arbeitszeiterfassung als Standard aufgeben werden und uns dabei unterstützen, das in diesem Land zum Standard zu machen, um den Papierwust in den Unternehmen zu bekämpfen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Was für ein Widerstand? Das war doch mein Entwurf! – Zurufe der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] und Dr. Martin Plum [CDU/CSU])
Unser Weg, um private und öffentliche Investitionen zu ermöglichen, wird es sein, einfache Gesetze zu machen, eine Personaloffensive auch in den Verwaltungen anzugehen, Mut zur Entscheidung und zum Pragmatismus zu haben und damit dafür zu sorgen, dass die Modernisierung unseres Landes gelingt.
Ich komme zum Ende. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, was wir in diesem Land brauchen, ist endlich ein Turbo für Problemlösung, aber kein Turbo für Aktionismus.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Leif-Erik Holm für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602242 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 131 |
Tagesordnungspunkt | Bürokratieabbau |