19.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 131 / Tagesordnungspunkt 8

Sebastian RoloffSPD - Bürokratieabbau

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja ganz begeistert, dass wir jetzt über Bürokratieabbau sprechen und es auch endlich mal einen Unionsantrag dazu gibt.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Es gab doch schon einen!)

Der ist uns seit Monaten für die Kernzeit angekündigt worden. Das ist so ein bisschen Ihr Platzhalter, Ihr Evergreen: Wenn uns gerade sonst nichts einfällt, beklagen wir mangelnden Bürokratieabbau.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Es gab doch einen ersten schon! Gestern war die Anhörung dazu! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Können Sie sich nicht daran erinnern?)

– Ich komme gleich auf die gestrige Anhörung. – Deswegen bin ich froh, dass jetzt endlich ein Antrag vorliegt, über den wir reden können.

Leider sind die Redebeiträge im Gegensatz zur Tagesordnung offensichtlich nicht aktualisiert worden; denn zumindest die Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, hätten wenigstens die Erkenntnisse aus der gestrigen Anhörung im Wirtschaftsausschuss mal in irgendeiner Form verarbeiten können.

(Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])

Ich gehe gleich darauf ein. Aber ein seriöser Umgang mit dem Ihnen angeblich so wichtigen Thema ist das nicht. Es scheint der Opposition eher um billige Punkte zu gehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir uns nämlich – und ich empfehle das ausdrücklich – das Protokoll der gestrigen Anhörung anschauen, dann sehen wir, dass sich der Vorsitzende des Normenkontrollrats, Herr Goebel, der ehrenamtlich tätig ist und das überparteilich macht, sehr deutlich zum Bürokratieentlastungsgesetz IV, zum Wachstumschancengesetz, zum Praxischeck und zum Digitalcheck eingelassen hat und überall zu einer durchaus positiven Bewertung gekommen ist. Er hat sinngemäß gesagt, das seien Schritte in die richtige Richtung, und natürlich auch angemahnt, es müsse mehr passieren. Aber er lobt die Maßnahmen der Bundesregierung ausdrücklich. Das hätte man, wenn man ihn hier schon als Zeugen bemüht, im Sinne der Redlichkeit schon erwähnen können.

Die Bürokratieentlastungspakete I bis III sind zwar von unionsgeführten Bundesregierungen auf den Weg gebracht worden – sie haben das auch nicht alleine gemacht –, aber man hätte genauso erwähnen können, dass wir mit dem Wachstumschancengesetz und dem Bürokratieentlastungsgesetz IV die Wirtschaft um 2,3 Milliarden Euro – man muss es noch mal sagen – entlasten. Das hätte zumindest zur Wahrheit dazugehört.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Darüber hinaus ist die große Herausforderung beim Bürokratieabbau, dass es eben nicht nur die Bundesebene betrifft, sondern es mindestens vier rechtsetzende und ausformulierende Ebenen gibt. Dementsprechend ist es positiv hervorzuheben – auch das hätte man ja zumindest mal würdigen können; auch wenn wir keinen Applaus brauchen –, dass der Bundeskanzler zusammen mit Macron eine Initiative zum Bürokratieabbau in Brüssel gestartet hat. Ich glaube, das geht in die richtige Richtung. Denn es ist völlig klar: Bürokratieabbau in Deutschland kann nur im Zusammenwirken mit der Europäischen Union funktionieren. Und dementsprechend sind wir sehr dankbar, dass das in Brüssel angestoßen wurde.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Darüber hinaus hat der Bundeskanzler den Ländern, Kommunen und der demokratischen Opposition einen Deutschlandpakt vorgeschlagen, der eben genau darauf zielt, alle Verwaltungen auf allen Ebenen zu professionalisieren, Prozesse zu beschleunigen und Synergieeffekte zu heben. Das braucht das Commitment aller Beteiligten. Dass Sie hier Oppositionsanträge stellen, ist Ihr Job, sehr schön; darüber freue ich mich. Aber es wird dann darum gehen, wirklich Butter bei die Fische zu geben. Ich bin gespannt. Dann werden wir sehen, ob Sie konstruktiv mitarbeiten oder nicht.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wir machen nicht Ihren Job!)

Dementsprechend werden wir sehr genau hinschauen, wie Sie sich verhalten.

Was mich in Ihrem Antrag ein bisschen amüsiert, ist, dass Sie den Deutschlandpakt jetzt schon als bloßes Schlagwort abtun, selber aber eine Agenda Bürokratieabbau fordern.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Genau!)

Das ist schon fast eine besondere Form von Humor. Aber vielleicht geht es Ihnen ja doch um die Sache.

Was mich sehr wundert und was mich ehrlicherweise auch fast ein bisschen ärgert, weil Sie eigentlich seriöser sind, ist Ihr Vorschlag eines Bürokratiemoratoriums bzw. Belastungsmoratoriums. Sie wissen doch selber, dass Sie jeder gesetzgebenden Körperschaft jede Form von Handlungsspielraum nehmen, wenn man ihr schlicht für ein Jahr quasi verbietet, bis andere Regeln abgeschafft sind, Gesetze zu beschließen. Dass sie die Arbeit völlig einstellen wollen, glaube ich nicht. Also sollten wir doch bitte seriös bleiben und eher über konkrete Vorschläge, wo man Bürokratie abbauen kann, sprechen, statt einfach nur Schlagworte in den Raum stellen.

Ich habe es erwähnt: Die Bundesregierung hat seit 1. Januar 2023 den Digitalcheck eingeführt – ist nicht in Arbeit, sondern läuft schon –, der neue Gesetzesvorhaben auf deren digitale Umsetzbarkeit prüfen wird. Auch das ist ein Schritt, den Herr Goebel in der Anhörung gestern begrüßt hat, ebenso wie den Praxischeck des Bundeswirtschaftsministeriums, wo man in engem Austausch mit den betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmern, Verwaltungen sowie Expertinnen und Experten Hemmnisse, Erschwernisse und Synergieeffekte diskutiert und noch vor Beschluss abgeändert hat. Das hat im Bereich der Photovoltaik zum Beispiel gut funktioniert. Da sind 50 Hindernisse identifiziert und beseitigt worden. So geht moderner Bürokratieabbau, und nicht über Schaufensteranträge.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602248
Wahlperiode 20
Sitzung 131
Tagesordnungspunkt Bürokratieabbau
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta