Thomas BareißCDU/CSU - Änderung mautrechtlicher Vorschriften
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was Sie, Herr Sauter, die FDP und auch die Ampelkoalition hier heute vorlegen, ist meines Erachtens beispiellos. Genau die Partei, die immer wieder versichert – sie lässt da keine Gelegenheit aus –, mit ihr werde es keine Mehrbelastung geben, legt heute eines der größten Belastungspakete für Bürger und Wirtschaft in dieser Legislaturperiode auf den Tisch. Das ist das, was Sie heute gemacht haben. Das ist eine unglaubliche Sauerei für die ganze deutsche Wirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU – Florian Müller [CDU/CSU]: Erschütternd!)
In Zeiten von Inflation, steigenden Energiepreisen und auch Wirtschaftsdruck aus dem Ausland greifen sie mit kalter Hand in die Taschen der Bürger und kassieren noch mal kräftig ab.
(Widerspruch bei der SPD und der FDP)
In Zahlen gesprochen ganz konkret: 7,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen allein für das kommende Jahr sind geplant. Für eine vierköpfige Familie, die das dann zahlen muss, wird diese Mehrbelastung 400 Euro im nächsten Jahr ausmachen. Das heißt, Sie werden mit Ihrem Lkw-Mautgesetz die größten Inflationstreiber im kommenden Jahr sein, meine Damen und Herren.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig was gekostet hat die Scheuer-Maut!)
Nächstes Jahr werden wir sicherlich Preissteigerungen und Inflation beklagen. Heute steht schon fest, dass die FDP und das Verkehrsministerium die Haupttreiber der Inflation sein werden. Diese billige Ausrede, die EU sei schuld oder sogar Frau von der Leyen sei schuld, will ich in zwei Punkten entkräften.
(Carina Konrad [FDP]: Das ist keine billige Ausrede! Das ist geltendes Recht!)
Erstens. Sie führen die Maut wesentlich früher ein, als die EU das vorschlägt. Die EU sagt nämlich: Im März 2026 kann die CO2-Bepreisung kommen. – Das heißt, Sie führen diese 28 Monate früher ein, als sich die EU das vorstellt. Das bedeutet für Sie noch einmal eine Mehreinnahme. 17,8 Milliarden Euro mehr kassieren Sie in diesen 28 Monaten ab.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fließt in die Infrastruktur, die ihr vernachlässigt habt!)
Auch das zeigt ja ganz konkret, dass es Ihnen nicht darum geht, eine sinnvolle Lösung zu finden, sondern eine, durch die am meisten Geld reinkommt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der zweite Punkt. Auch die Spielräume, die die EU gegeben hat, haben Sie maximal ausgenutzt, um die höchsten Mauteinnahmen zu erzielen.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was man mit den Scheuer-Millionen alles hätte anfangen können!)
Andere machen es anders. Österreich beispielsweise macht eine stufenweise Erhöhung: nächstes Jahr nur 5,8 Prozent Erhöhung, das übernächste Jahr, 2025, 10 Prozent, dann 2026 6,5 Prozent. Das heißt, Sie verdoppeln die Maut über Nacht, und Österreich macht es stufenweise. Das zeigt den Unterschied. Wenn wir so vorgehen würden wie die Österreicher, würden keine 7,2 Milliarden Euro Mehrbelastung rauskommen, sondern nur 420 Millionen Euro. Das wäre zu ertragen. Auch da zeigt sich, dass Sie anders vorgehen, als es die Europäische Union vorschlägt.
Die Hauptkritikpunkte sind für uns ganz klar. Es führt in vielerlei Hinsicht zu einer enormen Mehrausgabe für Spediteure, für die Logistikbranche und auch für die deutsche Wirtschaft und die Bürger.
Besonders hervorzuheben ist: Es führt zu einer Doppelbelastung. Sie kassieren nämlich die CO2-Preise bei der Maut ab und zugleich an der Tankstelle über eine höhere CO2-Bepreisung; auch hier ist zum 1. Januar eine Erhöhung vorgesehen. Das ist eine Doppelbelastung, die Sie selbst im Koalitionsvertrag ausgeschlossen hatten. Auch das zeigt noch mal ganz klar, dass es Ihnen nicht darum geht, ob es sinnvoll ist, sondern einfach nur darum, möglichst viel abzukassieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweiter Kritikpunkt. Sie sagen immer, Sie seien technologieoffen, so auch jetzt gerade in Ihrer Rede. Im Gesetzentwurf steht, dass nur Elektro-Lkws befreit werden sollen, privilegiert werden sollen. Zu alternativen Kraftstoffen beispielsweise, die ganz wichtig sind für die nächsten Jahre, auch hinsichtlich der Frage der Verkehrswende, steht da nichts drin, Fehlanzeige. Also, Sie haben nur eine Technologie privilegiert, und dabei wird diese in den nächsten Jahren noch nicht einmal in großem Umfang auf den Straßen zu finden sein. Es gibt derzeit nur einige Hundert rein elektrisch betriebene Lkws auf deutschen Straßen. Also, Sie privilegieren eine Technologie, die es noch gar nicht gibt. Damit ist das mehr oder weniger ein kleiner Taschenspielertrick. Das wird den Bürgern nichts bringen und wird auch keine Lenkungswirkung auslösen.
Letzter Kritikpunkt – für mich der bedeutendste –: Die Nutzerfinanzierung fehlt. Normalerweise sagt man: Die Straße muss die Straße finanzieren. – Der Lkw-Fahrer weiß bisher genau, dass das Geld, das er zahlt, auch in die Straße fließt.
(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Das ist jetzt endlich vorbei! Das ist richtig gut!)
Aber nur 50 Prozent der Mauteinnahmen – was Sie vorhin gesagt haben, stimmt nämlich nicht – gehen in die Straßeninvestitionen der nächsten Jahre. Das ist der große Skandal. Der Rest geht zum Teil in die Schiene, und der ganze große Rest, nämlich 4,1 Milliarden Euro, fließt in die Finanzierung anderer Bereiche, anderer Haushaltslöcher. Der Minister wurde in dieser Woche bei der Regierungsbefragung gefragt, wo das Geld hingeht. Er selber wusste es auch nicht und hat gesagt, dass die 4,1 Milliarden Euro ein Rechnungsfehler seien; es werde entsprechend halt einfach verstaatlicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es zeigt sich ganz klar: Das Geld geht in die falsche Richtung. Die Wirtschaft wird abkassiert, und das Geld wird für das Stopfen von Haushaltslöchern genutzt. Diese Mauterhöhung ist ein Tiefschlag für die Wirtschaft, für die Bürger, für den Mittelstand. Deshalb lehnen wir sie ganz entschieden ab und werden auch mit Nein stimmen. Wir glauben auch, dass es ein ganz, ganz großer Fehler ist, den Sie da machen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat für die SPD-Fraktion Udo Schiefner das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602487 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 132 |
Tagesordnungspunkt | Änderung mautrechtlicher Vorschriften |