20.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 132 / Tagesordnungspunkt 36

Ye-One RhieSPD - Wasserstoffhochlauf

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir an Revolutionen denken, denken wir oft an demonstrierende Menschen, an Straßenproteste und an politische Veränderung. Aber nicht alle Revolutionen sind politisch und laut. Einige werden nicht sofort bemerkt; aber ihre Auswirkungen sind ähnlich tiefgreifend. Und oft sind sie technologischer und industrieller Natur.

Als zum Beispiel 1886 das erste Auto patentiert wurde, wusste niemand, was für weitreichende Folgen das haben würde. Pferdekutschen waren bis dahin das normale Fortbewegungsmittel. Wer weiter weg wollte, der konnte Eisenbahn fahren. Aber die Strecken waren ruckelig, es gab nicht viele Züge, und lange nicht jede Stadt hatte einen Bahnhof. Autos haben den Verkehr und unsere Art der Fortbewegung revolutioniert. Sie haben es möglich gemacht, von A nach B zu kommen, komfortabel, schnell und nach eigenem Bedarf – ohne Zweifel eine technologische Revolution, die unseren Alltag verändert hat.

Die Geschichte zeigt aber: Aus jeder Innovation entstehen auch neue Herausforderungen. In Deutschland sind über 48 Millionen Autos zugelassen. Öl und fossile Rohstoffe werden knapp,

(Karsten Hilse [AfD]: Nee! Die werden nicht knapp! Die werden überhaupt nicht knapp! Die sind nur ziemlich teuer!)

und die Batterien und Ladezyklen von Elektroautos sind noch nicht so weit, dass Elektroautos in jedem Fall und auf jeder Strecke eine Alternative sind. Ähnlich sieht es in der Industrie aus. Ressourcen wie Kohle und Gas werden weniger. Die Atomkraft ist und bleibt riskant. Und trotz vieler Jahrzehnte Forschung haben wir keine Lösung gefunden, wie wir atomaren Abfall sicher loswerden können.

(Beifall des Abg. Andreas Rimkus [SPD] – Karsten Hilse [AfD]: Doch, haben wir! – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Andere Nationen haben das schon längst! Ihr wolltet ja nicht!)

Ohne erneuerbare Energien wird es also nicht gehen. Dabei kann und wird Wasserstoff eine entscheidende Schlüsselrolle spielen – für die nächste industrielle, technologische Revolution

(Lachen des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

und auf unserer Suche nach einer Energiequelle, die nachhaltiger, effizienter und sauberer ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wer Ihren Antrag liest, könnte meinen, Sie alleine hätten das große Potenzial von Wasserstoff erkannt. Das Gegenteil ist aber der Fall. Ich frische, wie so viele Kolleginnen und Kollegen vor mir, Ihr Kurzzeitgedächtnis gerne auf: Vor gerade mal vier Wochen haben wir hier über die Fortschreibung der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung gesprochen. Ihr Antrag heute kommt also vielleicht mit großen Worten daher, bringt aber in Wahrheit nicht besonders viel Neues.

Unsere Wasserstoffstrategie sieht bereits einen deutlich beschleunigten Markthochlauf vor und verfolgt dabei zwei klare Ziele: die Förderung der heimischen Produktion und die Sicherung von Importen. Dabei wollen wir, anscheinend anders als Sie, langfristig und nachhaltig denken. Deshalb bleiben wir mit unserer Strategie nicht bei blauem Wasserstoff stehen, nur weil dieser im Moment einfacher zu gewinnen ist. Und vielleicht schlagen Sie noch mal nach, was das Wort „ausschließen“ genau heißt; denn das tun wir gerade nicht. Wir setzen sowohl auf blauen als auch auf grünen Wasserstoff. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die wir gerade als großes Industrieland haben, nicht nur für das Hier und Heute, sondern auch darüber hinaus. Das sind wir auch den nächsten Generationen schuldig. Alles andere wäre verantwortungslos.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sind Forschung und Entwicklung ein Herzstück unserer Strategie.

Mit der Elektrolyseinitiative H2Giga zum Beispiel fördern wir nicht nur die Serienfertigung von Technologien, sondern auch innovative Forschungskonzepte. Die RWTH Aachen ist dabei, wie bei so vielem, Vorreiterin und blickt weit über ihren eigenen Horizont hinaus. Seit 2022 baut sie ihre Kooperationen in Namibia aus; Schwerpunkt dabei: grüner Wasserstoff. Nicht nur die RWTH, sondern viele Wissenschaftler/-innen haben begriffen: Ein entscheidender Durchbruch bei grünem Wasserstoff kann nur durch eine enge internationale Zusammenarbeit gelingen.

(Beifall des Abg. Andreas Rimkus [SPD])

Und eine nachhaltige Energie- und Klimawende weltweit schaffen wir nur, wenn wir den Weltmarkt für Wasserstoff von Anfang an fair gestalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Dirk Spaniel [AfD])

Überall da, wo die Bedingungen für grünen Wasserstoff ideal sind, wie in Namibia, muss auch vor Ort die Energiewende vorangetrieben und die Energieversorgung sichergestellt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund spielen Hochschulkooperationen, Wissensaustausch und Forschungspartnerschaften eine entscheidende Rolle, ganz im Sinne der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung.

Unsere Strategie ist klar, zukunftsorientiert und schon jetzt erfolgsversprechend. Wir wissen: Wasserstoff ist nicht nur eine Energiequelle; er kann vor allem in seiner grünen Form der Schlüssel zu einer Revolution sein. Wir als Ampel stellen sicher, dass Deutschland an der Spitze dieser Revolution steht.

Liebe Kolleginnen von der Union, verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Gut, dass wir Ihren Antrag heute beraten. Schließlich gibt uns das die Gelegenheit, noch einmal all das aufzuzählen, was wir bereits umsetzen

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

und was wir konkret planen. Beim Vergleich Ihres Antrags mit dem, was wir bereits vor einigen Wochen hier in unserer Strategie vorgestellt haben, erkenne ich eine klare Zustimmung zu dem von uns eingeschlagenen Weg. Deshalb sage ich Ihnen: Sie können gerne jede Sitzungswoche einen weiteren Antrag einbringen, der einen oder mehrere Punkte unserer Strategie aufgreift. Wenn Sie dabei aber jedes Mal nur unsere Maßnahmen wiederholen oder sogar dahinter zurückbleiben, dann zeigt das eigentlich nur eines: Wir haben Ambitionen. Wir wollen etwas verändern. Das kann man von Ihrem Antrag nicht behaupten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Peter Heidt [FDP])

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Marc Bernhard.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602514
Wahlperiode 20
Sitzung 132
Tagesordnungspunkt Wasserstoffhochlauf
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