20.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 132 / Tagesordnungspunkt 9

Detlef MüllerSPD - Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie der Volksmund so schön sagt: Was lange währt, wird endlich gut. – Nach langen und intensiven Beratungen hier im Bundestag und in der Koalition legen wir heute ein sehr gutes Genehmigungsbeschleunigungsgesetz vor und erfüllen damit einen zentralen Punkt unseres Koalitionsvertrages, auch wenn wir diese Woche, Herr Lange, noch mal eine Zusatzschleife drehen mussten.

Herr Lange, lieber Uli, du weißt ganz genau, dass diese Zusatzschleife, die wir diese Woche im Ausschuss drehen mussten, allein durch die Geschäftsordnung begründet war und nicht inhaltlich. Es waren die gleichen Unterlagen wie um 9.30 Uhr in der Früh, die gleichen Anträge, der gleiche Änderungsantrag. Diese Sondersitzung am Mittwoch hatte also keine inhaltlichen Gründe, sondern allein Gründe, die sich aus der Geschäftsordnung ergeben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Dilettantismus!)

Bereits in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes im Juni habe ich auf die Bedeutung des Gesetzes für den zukunftsfesten Ausbau der Infrastruktur in unserem Land hingewiesen. Denn wir brauchen mehr Kapazität auf der Schiene. Wir dürfen bei Instandhaltung, Sanierung und beim Ersatzneubau zentraler Trassen im Verkehrsbereich keine Zeit verlieren, wenn wir Verkehrsinfarkte verhindern wollen. Und: Wir müssen auch bei der Behebung von Engpässen in der bestehenden Infrastruktur, egal ob bei Straße oder Schiene, schneller vorankommen.

All das ist kein Selbstzweck. Deshalb müssen wir schnell ins Umsetzen kommen – bei allen Diskussionen um einzelne Streckenabschnitte und Verkehrsarten. Daher ist es auch nur folgerichtig, dass wir 138 Autobahnteilabschnitte zur Engpassbeseitigung priorisiert vorantreiben.

Hier sei ein kleiner Einschub erlaubt, da hier oft kritisiert wird – und das wird auch heute noch kommen –, dass bei diesen Maßnahmen zur Engpassbeseitigung keine Projekte in Ostdeutschland enthalten sind. Das hat einen ganz einfachen Grund, meine Damen und Herren. Die Autobahnen in Ostdeutschland sind, mal ganz platt gesagt, neuer und in einem besseren Zustand. Daraus aber abzuleiten, dass der Osten hier hintangestellt wird, ist, allein mit dem Blick auf die Schienenprojekte, schlicht falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der AfD: Auch Bundesstraßen!)

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Es muss ein gesamtgesellschaftlicher Anspruch sein, hier voranzukommen. Dass wir als Land große Infrastrukturmaßnahmen schnell umsetzen können, haben wir im vergangenen Jahr bei der Indienststellung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven gezeigt. Der Bundeskanzler hat das als „Deutschlandgeschwindigkeit“ bezeichnet und das auch zum Ziel ausgerufen.

Mit dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz übertragen wir nun die Punkte, die zu diesen schnellen Umsetzungen führen können, auf den Verkehrsbereich und schaffen damit die Voraussetzungen für eine substanzielle Beschleunigung.

Meine Damen und Herren, zu den wichtigsten Punkten.

Durch die Unterstellung des überragenden öffentlichen Interesses für zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere im Bereich der Schiene, priorisieren wir deren Umsetzung und stärken diese Projekte bei Abwägungsprozessen gegenüber anderen Rechtsgütern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Lieber Uli Lange, wir achten und wir schätzen uns; aber in den vergangenen Jahren bist du mir als Umwelt- und Naturschützer nicht aufgefallen.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Sie haben es nicht verstanden!)

Meine Damen und Herren, wir beschleunigen Ersatzneubaten, insbesondere bei Brücken, indem wir sie von der Planfeststellung freistellen, Normierungen stärken und von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung absehen. Wir beschleunigen Planfeststellungsverfahren, indem wir sie digitalisieren. Und wir nutzen, wo möglich, die Mittel von Genehmigungsfiktionen, um langwierige Verwaltungsverfahren zu beschleunigen.

Neben diesen Punkten aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf haben wir als Koalition aber auch weitere maßgebliche Verbesserungen erzielen können, die den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur deutlich stärken und sie für die Zukunft bereit machen. So weiten wir das schon genannte überragende öffentliche Interesse auch auf Projekte des Schienenpersonennahverkehrs aus und prüfen – das war für alle ziemlich überraschend –, inwieweit zusätzliche Schienenprojekte vorrangig umgesetzt werden können.

Besonders hervorheben möchte ich dabei, dass wir dies auch für die Schienenprojekte zur Strukturstärkung in den Kohleausstiegsregionen tun. Damit beschleunigen wir diese Projekte und stellen noch mal unmissverständlich die Bedeutung dieser Maßnahmen für diese Kohleausstiegsregionen – Lausitz, Mitteldeutsches und Rheinisches Revier –, aber auch für das gesamte Land dar.

Wir stärken den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur, indem wir das ins Gesetz aufnehmen – ein wichtiger Beitrag, um die Elektrifizierungsziele im Straßenverkehr und damit auch die Klimaziele Deutschlands zu erreichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss – Sie verzeihen mir bitte diese Doppelung; das habe ich bei meiner Rede zur ersten Lesung des Gesetzes hier schon ausgeführt –: Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist nicht per Federstrich im Rahmen eines Gesetzes möglich. Es braucht dazu vor allem den Willen aller Beteiligten, Prozesse schnell und zielführend umzusetzen.

Wir brauchen einen Mentalitätswechsel, ein Umdenken auch bei Bundes- und Landesbehörden, bei Rechnungshöfen, Landesdirektionen, in Regierungspräsidien. Wir müssen weg von der Rückversicherungsmentalität. Wir müssen weg von der Einstellung, lieber nichts zu entscheiden, als falsch zu entscheiden und mal lieber noch ein Gutachten anzufertigen. Wir müssen hin zum Machen, zum Ermöglichen, hin zur schnellen Entscheidung. Dabei sind alle gefordert, egal ob politische Vertreter oder Verwaltungen, egal ob Bund, Länder oder Kommunen. Daher mein Aufruf an Sie alle: Packen wir an! Fangen wir an!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Der Kollege Wolfgang Wiehle, AfD-Fraktion, der gleich zu uns sprechen wird, und der Kollege Dr. Martin Rosemann, SPD-Fraktion, haben heute Geburtstag.

(Beifall)

Da ich nicht weiß, wie sensibel die Kollegen sind, verzichte ich auf die Nennung des Alters.

Herr Kollege Wiehle, Sie haben das Wort. Bitte.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der CDU/CSU: Er kann so lange reden, wie er alt ist!)

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Session 132
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