20.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 132 / Tagesordnungspunkt 9

Mathias SteinSPD - Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da hat der Herr Ploß jetzt ja zum Schluss mal ein richtiges Feuerwerk gemacht und gezeigt, wie man Planungsbeschleunigung richtig machen kann.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ja! Zustimmen!)

Sie sind jetzt in der Opposition. Wir haben, Herr Schnieder, in der letzten Wahlperiode zusammen regiert, und Sie machen jetzt hier laufend weise Vorschläge, die europarechtlich ganz, ganz schwierig sind, wie die Einschränkung des Verbandsklagerechts und die Stichtagsregelung. Und beim LNG-Terminal vergessen Sie eins: Wir sind beim LNG-Terminal ein erhebliches Risiko eingegangen. Sowohl bei der Herstellung als auch bei der Frage des Rückbaus. Wir haben gesagt: Die Umweltverträglichkeitsprüfung wird nachgeholt. – Das bedeutet, dass wir dann sozusagen wieder rückbauen müssen. Wenn wir das bei den Hunderten, bei den Tausenden Straßenbaumaßnahmen ernsthaft machen würden, dann riskieren wir Milliardenbeträge. Das ist eine unverantwortliche Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich finde es auch unverantwortlich, wenn Sie sich jetzt als die Gralshüter der Wasserstraßen hierhinstellen und vorgeben, dass Sie da richtig was tun. Bei den letzten Haushaltsverhandlungen im Verkehrsausschuss stellt die Union doch glatt den Antrag, die Mittel für die Unterhaltungsbaggerung für die seewärtigen Zufahrten zu streichen und für die Unterhaltung der Binnenwasserstraßen zur Verfügung zu stellen. Ich weiß nicht, ob Ihre Hafensenatorin in Hamburg es so besonders gut findet, dass Sie die Existenz des Hamburger Hafens gefährden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der SPD: Unerhört! – Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist ja unglaublich! Ist das wahr?)

– Ja, leider.

Nun will ich sagen: Ein Gesetz, das ich in der letzten Wahlperiode mit verhandelt habe, ist das tolle Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz.

(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: MgvG!)

Damals sind wir dem Irrglauben aufgesessen – auch Sie –, dass wir als Deutscher Bundestag die bessere Planfeststellungsbehörde sind. Im Koalitionsvertrag waren fünf Maßnahmen vorgesehen, und im Gesetz waren es dann zwölf Maßnahmen. Ich habe mir viel Kritik anhören müssen; denn bei diesen Planungsbeschleunigungsmaßnahmen ist das ja immer so: Wenn man eine Maßnahme nicht reinschreibt, dann glauben die Bürgerinnen und Bürger, dass an gar keinen anderen Stellen mehr gebaut wird, als es in diesem Gesetz vorgesehen ist. Und das ist falsch.

Wir haben damit europarechtlich eine Bruchlandung gemacht. Wir haben damals schon in der Anhörung festgestellt: Wenn wir diese komplexen Verfahren im Bundestag behandeln, haben wir – abgesehen von den Mehrheitsbildungen, die nicht immer ganz einfach sind – natürlich auch noch das Problem, dass sich jeder Abgeordnete durch 20 Aktenordner fressen will. Ganz ehrlich gesagt: Wenn Sie jetzt schon bei 44 Seiten Probleme haben, dann werden Sie bei diesen Akten erst recht Probleme haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Jetzt ist aber Schluss hier!)

Ich will Ihnen mal sagen: Gesetze sind für Planungsbeschleunigung das eine. Aber wir brauchen da noch mehr Bausteine. Wir sind diejenigen, die das anpacken. Ich will Ihnen mal ein paar Bausteine nennen, die wir brauchen. Wir brauchen sicherlich gute Gesetze. Wir brauchen gute Planerinnen und Planer, die wirklich auch alles planen, und die brauchen dann manchmal auch etwas Zeit. Wir brauchen klare, realistische Priorisierungen; denn es hilft nichts, wenn wir immer noch mehr, noch mehr und noch mehr Maßnahmen machen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir haben nur eine begrenzte Ausstattung an Personal.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Situation, dass mehr Bauingenieure in Ruhestand gehen als neue dazukommen. Und da hilft es nichts, immer teurere und immer schwierigere Projekte aufzulegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen sagen, wie das mit der Wasserstraße jetzt geht. Ich möchte jetzt mal ein Projekt vorstellen, wo wir in Rekordgeschwindigkeit, ohne dass das im Gesetz vorgesehen war, die Planfeststellung realisiert haben. Und zwar betrifft das die Vertiefung des Seekanals in Rostock. Das haben wir gemeinsam in den Bundesverkehrswegeplan 2016 aufgenommen. Der Abschluss der UVP war 2019, die Planfeststellung 2021 und der Baubeginn 2022. In 2025 werden wir mit der Vertiefung des Seekanals Rostock um 2 Meter fertig sein. Die Kolleginnen und Kollegen von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung haben dort wirklich Großartiges geleistet. Wir haben gute Baufirmen, die das sicherstellen. Das ist auch für die Versorgung Deutschlands eine ganz entscheidende Herausforderung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein ähnliches Beispiel ist der Nord-Ostsee-Kanal, wo die Planfeststellung nicht das Problem war, sondern der Bauablauf, der manchmal auch etwas komplexer ist.

Zum Schluss wünsche ich mir etwas. Wir hatten ja nicht nur eine Beschleunigungskommission zum Thema Schiene, sondern auch eine zum Thema Mittelrhein. Da zeigt sich: Eine der zentralen Maßnahmen ist, eine Mannschaft, ein richtig gutes Team an Bord zu haben. Da fordere ich den Bundesverkehrsminister auf: Unterstützen Sie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen! Besetzen Sie die Stellen dort wirklich gut! Wir können nicht nur mit halber Mannschaft volle Kraft voraus fahren; wir müssen mit ganzer Mannschaft volle Kraft voraus fahren. Und das werden wir als Ampelkoalition auch schaffen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])

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Session 132
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