Michael ThewsSPD - Auswirkungen der EU-Verpackungsverordnung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worüber reden wir eigentlich? Wir reden darüber, dass wir unsere Ressourcen auf der Welt nicht weiter so ausschöpfen können, wie wir das heute in unserer Wegwerfgesellschaft machen. Es geht einfach nicht so weiter.
Wir wollen die Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft umbauen; da sind wir uns, glaube ich, auch alle einige. Das ist auch Teil des Inhalts der europäischen Verpackungsverordnung. Betroffen sind sehr viele, auch hier in Deutschland: Handelsverbände, Produzentenverbände, Kunststoffindustrie, Ernährungsindustrie, Papierindustrie. Alle sind betroffen. Alle haben mit uns auch gesprochen. Ich glaube, das ist ein Grund, warum Sie den Antrag heute aufgesetzt haben. Ich finde das eigentlich gut – ich rede gerne über das Thema –, und ich finde es auch gut, dass wir noch eine Anhörung zu diesem Thema machen, weil es, wie ich glaube, ganz wichtig ist, dass wir allen da auch noch das Wort geben und uns genau anschauen: „Wo sind die Bedürfnisse? Was muss jetzt geregelt werden?“, um dann auch zu einer guten Lösung zu kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Entwurf sieht unter anderem den Einsatz von Rezyklatquoten vor. Herr Simon, bis jetzt waren Sie nicht so ein Fan von Rezyklateinsatzquoten. Ich finde es gut, wenn Sie jetzt darüber nachdenken. Das ist ganz wichtig, weil wir an vielen Stellen gemerkt haben, dass wir wirklich auch Einsatzquoten brauchen. Ich komme gleich noch darauf.
Es geht um Mehrweg-, um Rücknahmesysteme, es geht gegebenenfalls auf EU-Ebene auch um Verpackungsverbote. Es gibt auch heute noch Verpackungen, die man gar nicht recyceln kann. Das darf es eigentlich gar nicht geben. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt auf EU-Ebene darüber nachdenken.
Es geht aber auch um Pfand- und Rücknahmepflichten. Da steht bei Ihnen noch im Antrag drin, dass Sie da Sorgen haben. Diese Sorgen kann ich Ihnen schon mal nehmen, weil das mittlerweile geregelt ist. Das heißt, unsere Pfandsysteme – das ist ja auch eine gute Botschaft, dass die EU jetzt mal anerkennt, was wir hier gemacht haben: ein gutes System – wird es auch weiterhin geben. Also diese Angst kann ich Ihnen schon mal nehmen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Björn Simon [CDU/CSU]: Stand aber nicht drin!)
– Ist aber so.
Es wird eine Anhörung geben; das habe ich gerade schon gesagt. Das ist eine gute Sache. Wir müssen uns mit dem Thema beschäftigen; denn diese Verordnung wird sofort gelten. Das ist ganz wichtig, und deswegen ist es auch wichtig, dass wir im Vorhinein alles regeln, was dort drinsteht. Das ist insofern gut, und das begrüßt auch die Industrie in vielen Bereichen; sie sagt: Dann haben wir eben europaweit einheitliche Regeln. – Wir erleben das immer bei Richtlinien, die von der EU kommen, dass die Auslegungen in den Ländern sehr unterschiedlich sein können. Aber hier hätten wir dann Regeln für ganz Europa, die einheitlich sind: Die Quoten sind einheitlich, die Forderungen sind einheitlich. Ich glaube, das hilft der Industrie. Das hilft uns allen, dann wirklich Bedingungen vorzufinden, die Investitionen auslösen und diese auch absichern. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir wollen ja mehr Recycling, wir wollen mehr Nachhaltigkeit in diesem Bereich. Das erreichen wir dann genau mit diesen europäischen Regeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen aber auch ein bisschen aufpassen, weil wir noch nicht ganz genau wissen, ob das zeitlich – wir kommen so langsam in den Europawahlkampf hinein – noch klappt. Wenn nicht – das will ich an dieser Stelle noch mal sagen –, dann müssen wir selber handeln. Dann müssen wir unter anderem unser Verpackungsgesetz angehen und auch reformieren, damit zum Beispiel Recyclingquoten auf den Weg gebracht werden, damit das Fondsmodell auf den Weg gebracht wird. Ich habe das schon mehrere Male an dieser Stelle gefordert; denn nur so können wir ausgleichen, was zum Beispiel der Ölpreis immer wieder kaputtmacht, sodass wir zeitweise eine hohe Nachfrage nach Rezyklaten und dann wieder eine ganz niedrige haben. In dieser Phase würde ja keiner investieren. Deswegen ist es wichtig, dass wir, wenn das europäische Gesetz so nicht kommt, dann in Deutschland handeln.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich sehe das genauso wie Sie, Herr Simon: Wir haben eine ganz hervorragende Industrie in diesem Bereich. Wir haben sehr innovative Unternehmen, die Recycling in Deutschland durchführen. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir dann hier wirklich Investitionssicherheit schaffen.
Aber jetzt komme ich mal zu Ihrem Antrag. Sie haben ein paar Sachen geschrieben, die ich nicht so ganz verstehe. Sie haben zum Beispiel geschrieben, dass man bei kontaktsensiblen Materialien noch mal überlegen sollte, ob man diese überhaupt mit einer Quote versieht. Das ist aber genau der falsche Gedankengang. Wir müssen Quoten haben. Ich sage an der Stelle immer: Die Quoten sind nicht alles; aber ohne die Quoten ist das alles gar nichts. – Das muss funktionieren. Allerdings haben wir in Europa tatsächlich zu wenig Materialien, die zum Beispiel für den Bereich der Lebensmittel im Recycling zur Verfügung stehen; das ist ja momentan nur PET. Da gibt es eine ganze Reihe Unternehmen, die Zulassungsanträge in der EU gestellt haben. Und wir müssen dafür sorgen, dass diese Anträge in der EU schneller bearbeitet werden. Das ist genau das, worüber wir hier gerade eben auch gesprochen haben. Wir brauchen in diesem Bereich schnellere Genehmigungsverfahren, und wir brauchen mehr Recycling und nicht weniger. Insofern ist da in Ihrem Antrag auch ein Gedankenfehler.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dann haben Sie in Ihrem Antrag zum Beispiel geschrieben, dass Sie wollen, dass bei der Staffelung der Lizenzentgelte nur die Recyclingfähigkeit berücksichtigt wird. Das ist der zweite Fehler in Ihrem Antrag; denn wir sind da heute in Deutschland schon weiter. In § 21 des Verpackungsgesetzes steht ja, dass an der Stelle auch schon die Rezyklateinsätze berücksichtigt werden. Jetzt kann man darüber reden, dass der § 21 unbedingt weiterentwickelt werden muss; der Meinung bin ich auch. Aber das, was Sie hier fordern, wäre ja ein Rückschritt. Deswegen sage ich: Gucken Sie sich Ihren Antrag noch mal genau an. An der Stelle besteht aus meiner Sicht ein schwerer Fehler und findet sich auch ein Fehler im Gedankengang.
Sie sollten einfach noch mal überlegen, wo es hingehen soll; aus meiner Sicht zum Fondsmodell. Ich hoffe, das unterstützen Sie dann auch. Damit können wir dann wirklich innovative Verfahren unterstützen und andere Sachen verteuern, von denen wir genau wissen, dass sie zum Beispiel nicht recycelbar oder nicht nachhaltig sind. Ich glaube, das ist die Zukunft; da müssen wir hin. Vielleicht können wir uns darüber noch unterhalten. Ich glaube, die Anhörung bietet ein gutes Feld, sich darüber noch einmal miteinander auszutauschen.
Zum Schluss will ich noch sagen: Ich glaube, es ist ein kompliziertes Gesetz.
Genau, zum Schluss.
Es ist ein umfangreiches Gesetz. Deswegen bin ich froh, dass wir in einer Anhörung darüber noch reden können.
Herr Kollege.
Ich bin aber auch froh darüber, dass das heute aufgesetzt worden ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Thews. – Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Braun, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602545 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 132 |
Tagesordnungspunkt | Auswirkungen der EU-Verpackungsverordnung |