20.10.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 132 / Tagesordnungspunkt 40

Tilman KubanCDU/CSU - Bezahlbarer Strom

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war vor einigen Wochen bei einem Mittelständler aus der Chemieindustrie in Hannover, der mir sagte: Unsere Strategie ist klar. Wir investieren in den USA und in Asien. Wir konsolidieren in Europa. – Dabei geht es insbesondere um das Thema der Energiekosten.

So wie diesem Mittelständler geht es auch vielen anderen aus der Aluminium-, Glas-, Kupfer-, Kunststoff- oder Stahlbranche. Genau das spiegeln auch die aktuellen Statistiken wider, die uns einmal mehr sagen: Die Investitionen ins Ausland übersteigen die Inlandsinvestitionen. – Das ist ein absolutes Warnsignal. Dabei reden wir nicht über irgendwelche Zahlen. Wir reden auch nicht nur über die Notwendigkeit der Grundstoffindustrie für die gesamte Transformation, sondern wir reden über viele, viele Tausend Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Industrie, die entweder erhalten bleiben und zukunftsfest gemacht werden oder abwandern und abgebaut werden.

Die momentanen Wachstumszahlen sprechen eine eindeutige Sprache: In China steigen sie, in den USA steigen sie, in Indien steigen sie, in der Eurozone steigen sie – in Deutschland schrumpfen sie. Was ist da Aufgabe von Politik? Aufgabe ist, dem Schiff Steuerung, Sicherheit und Stabilität zu geben. Aber was machen Sie? Absichtserklärung, Absichtserklärung, Absichtserklärung.

Der Arbeitgeberpräsident Dulger hat Ihnen diese Woche ins Gesicht gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis –: Als Unternehmer schaut man immer sehr genau auf den Lieferschein. Und der Lieferschein der Bundesregierung im Bereich Energiekosten ist leer. – Es ist keine Zeit mehr für Sonntagsreden. Beim Koalitionsausschuss muss endlich geliefert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft bildet unsere Industrie, ob im Bereich des Maschinenbaus, der Metall- und Elektroindustrie oder im Bereich Chemie. Aus Regionen mit diesen Branchen kommen die meisten Innovationen. Allein Bayern und Baden-Württemberg stellen über 60 Prozent der Patente in ganz Deutschland; denn wir haben viele tolle, kluge, junge Köpfe in diesem Land. Was hätten wir noch für große Chancen, wenn die Bundesregierung endlich auch die Energiekosten in den Griff bekommen würde!

Nun werfen sie uns ja häufig vor, wir würden keine konkreten Vorschläge machen. Wir machen es. Ich nenne drei konkrete Punkte: Erstens. Lassen Sie uns das Angebot an Energie ausweiten, indem wir Vorfahrt für die Erneuerbaren geben, aber für einen Übergangszeitraum die Atomkraft, gerade in Süddeutschland, weiterführen! Zweitens. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt wird, damit Privathaushalte und auch Handwerksbetriebe eine Entlastung erfahren!

(Bengt Bergt [SPD]: Bitte nicht um 50 Euro im Jahr! Das ist lächerlich!)

Drittens. Lassen Sie uns gemeinsam einen Industriestrompreis auf den Weg bringen, der nach marktwirtschaftlichen Mechanismen arbeitet! Denn wenn es für die großen Unternehmer eine Planwirtschaft auf Kosten des Mittelstandes gibt, haben wir die falschen Signale gesetzt. – Wir reichen Ihnen die Hand und geben Ihnen gerne auch die Kraft zur Umsetzung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun aber zum Antrag der Linken. Als ich das gelesen habe, habe ich mich gefragt, ob sie dem Praktikanten eine Chance gegeben haben, mal einen Antrag zu schreiben, oder ob sie momentan alle damit beschäftigt sind, Sahra Wagenknecht bei der Parteigründung zu unterstützen. Sorry, aber so etwas Substanzloses habe ich selten gelesen: kein Wort zur durchaus schwierigen beihilferechtlichen Lage, kein Wort zum Kreis der Berechtigten für den Brückenstrompreis, kein Wort zur Möglichkeit, den Industriestrompreis in das EU-Strommarktdesign zu implementieren, kein Wort zur Frage, bis wohin die Brücke eigentlich gehen soll.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Was sagen Sie denn zu der beihilferechtlichen Lage?)

Sie stellen sich hierhin, stellen einen solchen Antrag, aber gleichzeitig lese ich, dass Ihre Stiftung ein Papier veröffentlicht hat, in dem die Strompreiskompensation als Industrieprivileg kritisiert wird und abzuschaffen sei. Da frage ich mich schon, ob Sie sich wirklich für die Arbeits- und Ausbildungsplätze in der energieintensiven Industrie einsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Mehr ist Ihnen jetzt nicht eingefallen?)

Ich sage es Ihnen sehr offen: Weil es ein so komplexes Thema ist, ringen wir um die beste Lösung. Es ist allerdings kurz vor zwölf. Das hat, glaube ich, jeder begriffen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil er den vielen Arbeitsplätzen der deutschen Industrie nicht gerecht wird.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Das war ja so was von billig!)

Der nächste Redner ist Felix Banaszak für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602574
Wahlperiode 20
Sitzung 132
Tagesordnungspunkt Bezahlbarer Strom
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