Reinhard HoubenFDP - Bezahlbarer Strom
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Debatte um den Industriestrompreis gibt es drei Annahmen, die schon einmal falsch sind:
Erstens. Unternehmen in Deutschland bezahlen nicht gleich viel für ihren Strom. Es ist so, dass sehr unterschiedliche Preise gezahlt werden und wir eigentlich auch nicht genau wissen, wie viel jeweils. Zum Beispiel hat Aurubis nun erklärt, sie hätten bis zum Jahr 2039 so günstige Konditionen von ihrem Lieferanten bekommen, dass sie in Hamburg gerne weiter investieren.
Zweitens. Die Aussage, die deutsche Industrie bezahle den höchsten Strompreis in Europa, ist auch nicht zutreffend. Wir liegen in Deutschland knapp unter dem mittleren Wert in Europa. Zwar ist der Strompreis in Deutschland zu hoch, nur zieht dieses Argument eben nicht.
Und drittens geht es um die Aussage, alle Verbände und Experten würden einen Industriestrompreis befürworten. Auch das ist nicht zutreffend. Ja, es gibt die IGBCE in Einheit mit dem VCI, die einen Industriestrompreis bevorzugen. Aber VDMA, die Familienunternehmer oder ZDH und DIHK lehnen den Industriestrompreis ab, außerdem in großer Mehrheit die Wissenschaft.
Meine Damen und Herren, wir als FDP sind vom Konzept des Industrie- bzw. Brückenstrompreises, wie man es auch nennen will, nicht überzeugt. Also müssen wir Alternativen anbieten.
(Beifall bei der FDP)
Unser entscheidender Punkt ist, erstens, dass wir sogenannte PPAs einführen wollen. Was heißt das inhaltlich? Industriebetriebe sollen Direktlieferverträge mit den Betreibern von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien abschließen können. Dabei sollten sie den Strom selbst erzeugen und verbrauchen und dies entsprechend behandeln. Das würde dazu führen, dass Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte reduziert werden würden. Zudem ist dieser Strom günstiger, weil er aus erneuerbaren Energien kommt. Damit könnten nicht nur energieintensive Betriebe, sondern auch KMU mit günstigem Strom versorgt werden, wenn sie sich zum Beispiel in Genossenschaften zusammenschließen.
Zweitens – das ist angesprochen worden – sollten wir die Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau senken. Und, Herr Kollege Banaszak, wenn wir das nicht in einem Schritt machen können, weil wir keine 8 Milliarden Euro „frei“ haben, dann kann man das auch schrittweise machen. Damit hätte man dann eine Perspektive, und das nicht nur für große Unternehmen, sondern auch für die Rentner/-innen, den Studenten und den deutschen Mittelstand.
(Beifall bei der FDP – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel Spaß bei der Geldsucherei!)
Und drittens. Wenn die Lage tatsächlich so schwierig ist, wie beschrieben – wir folgen der Analyse zumindest teilweise –, können wir uns vorstellen, den Spitzenausgleich für Strom bei energieintensiven Unternehmen fortlaufen zu lassen. Aber ich sage Ihnen – darauf basiert unsere Kritik am Brückenstrompreis –: Dieser Spitzenausgleich ist 1999 eingeführt worden, um energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, kurzfristig zu helfen. Seitdem sind 24 Jahre vergangen, und diese Subvention gibt es immer noch. Sie verstehen vielleicht unsere Skepsis bei solchen Maßnahmen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Vielleicht noch einige Bemerkungen. Die Industrie fordert Planungssicherheit. In Bezug auf den Brückenstrompreis habe ich schon so viele Angaben gehört, wie lange er gelten soll: zwei Jahre, vier Jahre, sieben Jahre, zwölf Jahre.
(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Für alle Zeiten!)
All das führt nicht dazu, der Industrie, die einen Investitionshorizont von zehn bis zwanzig Jahren hat, Planungssicherheit zu geben. Es ist also vollkommen unklar, wohin die Brücke führt. Außerdem wird durch einen Industriestrompreis nicht mehr Strom produziert, und das ist doch das Kernproblem, meine Damen und Herren.
(Bernhard Loos [CDU/CSU]: In der Tat!)
Wir müssen einfach ein höheres Angebot an Strom schaffen. Dann wird sich auch der Preis wieder beruhigen.
(Beifall bei der FDP)
Eine letzte Bemerkung. Wenn wir einen solchen Brücken-, Transformations- oder sonstigen Strompreis einführen wollten, wären wir abhängig von Brüssel. Das heißt, wir könnten davon ausgehen, dass er, selbst wenn wir uns im Herbst darauf einigen würden, frühestens am 1. Januar 2025 bei den Unternehmen ankommen würde. Deswegen: Lassen Sie uns einen alternativen Weg gehen! Ich habe die Vorschläge vorgetragen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat Julia Klöckner für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt Qualität in die Debatte!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602577 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 132 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbarer Strom |