Sebastian HartmannSPD - Aktuelle Stunde: Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Zeitenwende, und jede und jeder von uns hier in diesem Plenum muss sich angesichts der Verantwortung, die jede einzelne Kollegin und jeder einzelne Kollege von uns trägt, die Frage stellen, ob sie oder er der Verantwortung dieses Umbruches gerecht wird: in Wortwahl, strategischer Zielrichtung, Zusammenarbeit und Erkenntnissen, die wir abgeleitet haben. Prüfen Sie Adjektive, die Sie in Reden verwendet haben, prüfen Sie Wörter wie „Brandbeschleuniger“, „Krise“, „Versagen“!
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja, natürlich ist Krise! Das ist die Realitätsbeschreibung!)
Das richtet sich auch an diejenigen, die gemeinsam mit uns Sozialdemokraten über viele Jahre Verantwortung getragen haben.
Nichts von dem, was in den Kommunen „Herausforderung“ genannt wird, wird bestritten. Die Herausforderung der Zeit ist enorm. Es gibt Kommunen, die deutlich überlastet sind. Wir haben große Probleme, Menschen menschenwürdig unterzubringen, dem Ziel eines demokratischen Rechtsstaats, der die Menschenwürde kennt – nicht die Würde des Deutschen, sondern die Menschenwürde –, gerecht zu werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Das ist das, was das erfolgreiche Deutschland ausmacht: die Erkenntnis, dass die Stärke des Rechts über dem Recht des Stärkeren steht.
Deswegen ist die Aussage darüber, ob zu viele Menschen kommen, eine Teilaussage. Denn am Ende ist es der engste Verbündete der Rechtsradikalen, Putin, der dafür sorgt, dass mehrere Millionen Menschen innerhalb von 20 Monaten die Grenzen der Ukraine überschritten haben, und so Europa einem Test der Zeit unterstellt. Das ist der Versuch der Diktaturen, Syrien, den Irak zu zerstören, ein Land mit Terror zu überziehen wie die Hamas in Israel, die Ukraine zu bombardieren, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten zu vernichten. Das ist der Versuch der Zeit, unsere Rechtsstaaten zum Scheitern zu bringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir werden dem nicht nachgeben; darum bleibt die Hand ausgestreckt. Aber glauben Sie nicht, dass 26 Punkte, die die Union formuliert, das Allseligmachende sind und die Lösung dafür bieten könnten, etwas, was über Jahre entstanden ist, mal eben so, mit einem Handstreich zu lösen. Bei Seehofer waren es 65 Punkte. Die Migration war die Mutter der Probleme, die die CDU/CSU fast zur Spaltung gebracht hat. Merken Sie, dass es auch in Ihre Kreise bricht?
Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist nicht nur eine Frage des Sozialstaates, einer Sozialleistung – 100 Euro, 150 Euro mehr. Deutschland ist mehr. Deutschland ist Rechtsstaatlichkeit, ein Versprechen von Frieden, Freiheit und Sicherheit, ein attraktives Land, ein Land der Hoffnung. Das ist der Grund, warum wir versuchen, Fachkräfte einzuladen auf der Basis von Qualifikation und Bedarfen, was wir gleichzeitig schaffen müssen.
Aber ich glaube, dass Deutschland auch ein Ort der Hoffnung ist, wenn man Vertriebener und Verfolgter ist. Das hat doch unser Volk selbst erlitten nach dem Zweiten Weltkrieg
(Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])
auf einem Drittel unseres Staatsgebietes mit Millionen von Menschen.
Wir sind heute stärker, und der föderale Staat wird daran nicht zerbrechen. Es liegt aber nicht allein an einer Ebene. Wir müssen jetzt die Hand reichen und diesen Test der Zeit gemeinsam bestehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, indem wir das Gemeinsame erkennen. Ja, wir müssen die Kommunen besser unterstützen, Land und Bund. Wir müssen dafür sorgen, dass Verfahren zu schnelleren Ergebnissen führen, der Bund muss mit dem BAMF sicherlich schneller arbeiten. Aber wir werden auch nicht mehr hinnehmen, dass Länder 30 Monate für Verwaltungsgerichtsverfahren brauchen, um zu entscheiden, wer bleiben kann oder nicht.
Zur Wahrheit gehört: Wir wollen die irreguläre Migration auf null bringen, weil es das zynische Geschäft von Schleusern, menschenverachtenden Systemen und der Organisierten Kriminalität ist. Das heißt aber nicht, das Herz zu verschließen vor denjenigen, die tatsächlich schutzberechtigt sind. Ein funktionierendes Asylsystem trennt zwischen denen, die schutzberechtigt sind, und denen, die nicht schutzberechtigt sind. Es erkennt den individuellen Anspruch an.
(Stephan Thomae [FDP]: Ja!)
Ein Europa der rund 484 Millionen Menschen, der 27 Mitgliedstaaten, wird doch wohl in der Lage sein, 1 oder 2 Millionen Geflüchtete pro Jahr unterzubringen. Und darum müssen wir nicht nur über die Beschlüsse der MPK sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern wir müssen mit unserem deutschen Gewicht und unserer Verantwortung auch dafür sorgen, dass wir endlich zu einer fairen Verteilung in Europa kommen. Es wird zu einer Begrenzung der illegalen Migration in Deutschland kommen, indem wir zu einer gerechten Verteilung und einer gemeinsamen europäischen Verantwortungsteilung kommen. Kolleginnen und Kollegen der Union, unsere Hand bleibt ausgestreckt; die MPK hat es vorgemacht. Wir sind Parlamentarier und selbstbewusst. Es ist an der Zeit, das Thema nicht als Klein-Klein – 1 Prozent in der Umfrage rauf oder runter – zu begreifen, sondern jetzt unserer Verantwortung gerecht zu werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Detlef Seif [CDU/CSU]: Ja, dann gehen Sie auf unsere Maßnahmen ein! – Gegenruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU]: So ist es! Genau!)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Marcel Emmerich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602933 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration |