08.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 133 / Zusatzpunkt 1

Ann-Veruschka JurischFDP - Aktuelle Stunde: Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration

Loading Interface ...
Login or Create Account






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Frei, ich habe Ihnen vorhin gut zugehört, aber – das muss ich ganz ehrlich sagen – ich habe wirklich nicht verstanden, was Sie im Gegensatz zu Ihren Ministerpräsidenten eigentlich wollen.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen sie selber nicht so genau! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ich habe die Liste dabei!)

Für mich klang es eher nach dem Motto: Wer sind wir – und, wenn ja, wie viele?

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Freie Demokraten setzen wir uns für Rechtsstaatlichkeit und Klarheit in der Migrationspolitik ein. Vieles von dem, was wir als Freie Demokraten schon lange gefordert haben, wurde in der Nacht auf Dienstag in der MPK beschlossen.

Erstens: die Einführung von Bezahlkarten. Asylbewerber werden künftig im Wesentlichen nur noch mit Bezahlkarten einkaufen können und außer einem Taschengeld kein Bargeld mehr erhalten. Mit Bezahlkarten können dann auch keine Überweisungen mehr getätigt werden.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Sie haben es gerade nicht gefordert!)

Wer zu uns kommt, weil er Geld nach Hause überweisen will, ist aus dem falschen Grund zu uns gekommen. Dieses Vorgehen wollen wir mit Bezahlkarten verhindern.

(Beifall bei der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Warum machen Sie es dann nicht?)

Und noch wichtiger: Durch die Bezahlkarten wollen wir auch verhindern, dass Überweisungen an Schleuser vorgenommen werden können. Mit Bezahlkarten bekämpfen wir das Geschäftsmodell von Schleusern, und das ist gut so.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass es einen deutlich späteren Übergang zu den sogenannten Analogleistungen gibt, also Menschen im Asylverfahren höhere Sozialleistungen erhalten. Im Moment dauern Asylgerichtsverfahren, die immerhin drei von fünf Asylbewerbern anstoßen, bis zur letzten gerichtlichen Instanz fast zwei Jahre. Es war meines Erachtens bisher das falsche Signal, dass Antragsteller schon vor Klärung ihres Aufenthaltsstatus Leistungen in Höhe des Bürgergelds erhalten haben. Deshalb haben wir uns jetzt konsequenterweise dafür eingesetzt, diese Frist zu verlängern.

(Beifall bei der FDP)

Das soll aber kein Persilschein für die Bundesländer sein, in denen Asyl- und Asylgerichtsverfahren teilweise zehnmal länger dauern als in anderen Bundesländern, so nach dem Motto: Die Asylbewerber bekommen jetzt sowieso erst später mehr Geld, dann ist es auch egal, wie lange diese Verfahren bei uns dauern. – Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich sagen: Auch und gerade in einigen Bundesländern gibt es Hausaufgaben zu machen, und zwar schleunigst! Das betrifft nicht nur die Personalausstattung von Gerichten und Ausländerbehörden, sondern auch das Vorhandensein von Abschiebehaft- und Ausreisegewahrsamsplätzen. Warum beispielsweise bei uns in Baden-Württemberg, in meinem Heimatland, unter einer CDU-Justizministerin 50 Haft- und Gewahrsamsplätze in einer einzigen zentralen Haftanstalt bei rund 40 000 Ausreisepflichtigen im letzten Jahr ausreichen sollen, ist mir schlicht ein Rätsel. Das wäre auch ein Rätsel, Herr Frei, das Sie zusammen mit Frau Gentges in Baden-Württemberg mal lösen könnten.

(Beifall bei der FDP)

Der dritte Punkt, für den wir uns als Freie Demokraten starkgemacht haben, ist die Prüfung von Asylverfahren in Drittstaaten. Ich weiß, dass das umstritten ist. Hier gibt es verschiedene denkbare Optionen, die alle einfach mal ohne Schaum vorm Mund schlicht und ergreifend zu überprüfen sind: einerseits die Antragstellung bereits in Dritt- oder Transitstaaten sowie andererseits die Verbringung von Antragstellern aus Deutschland in einen Drittstaat zur Antragsprüfung. Es ist mir klar, dass beides rechtlich und praktisch nicht ganz banal umsetzbar sein wird. Aber es ist meines Erachtens völlig sinnbefreit, demgegenüber den Status quo zu verherrlichen, der menschenunwürdige Überfahrten übers Mittelmeer und die Notwendigkeit von Seenotrettung sowie Leid und Tod beinhaltet. Wir haben diesen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag vereinbart, und jetzt ist es allerhöchste Zeit, ihn umzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Für diese drei Punkte wie auch für alles andere, was in der Nacht auf Dienstag vereinbart wurde, gilt: Das muss jetzt alles sofort kommen! Ich will nicht noch einmal so eine Hängepartie wie nach der MPK im Mai. Das war schlicht unverantwortlich

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Es ist bis jetzt nicht umgesetzt!)

und hat Menschen scharenweise in die Hände von Rattenfängern getrieben. Ich kritisiere für die verschleppte Umsetzung einiger Beschlüsse vom Mai, insbesondere die Vereinfachung von Rückführungen und die Benennung von Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten, ausdrücklich nicht die Innenministerin, um das auch mal klarzustellen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sondern? Wen denn dann? Das ist doch Ihre Koalition!)

Also noch mal: Ich erwarte, dass alles, was wir hier im Parlament beschließen, sofort auf den Weg gebracht wird – ohne Wenn und Aber. Beschlossen ist beschlossen!

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wir haben schon im Mai einen Gesetzentwurf dazu eingebracht!)

Von den MPK-Beschlüssen geht ein klares Signal aus: Wir wollen Migration ordnen. Wir wollen gesellschaftliche Überforderung beenden, auch weil wir weiterhin auf geordnete Migration angewiesen sind und diese auch von Herzen gerne wollen. Wir wollen den Rechtsstaat verlässlich für alle wirken lassen. Das sind wir allen Menschen in unserem Land, die sich Tag für Tag an Recht und Gesetz halten, schuldig. Und Sie bitte ich, die Debatte zu befrieden und verantwortliche Oppositionspolitik zu betreiben.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die Unionsfraktion hat das Wort Alexander Hoffmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7602939
Electoral Period 20
Session 133
Agenda Item Aktuelle Stunde: Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta