08.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 3

Johannes SchrapsSPD - Belarus-Politik

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Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Swetlana Tichanowskaja! Man kann heute schon ein wenig glücklich und stolz sein, wenn man hier vorne am Pult steht. Glücklich und dankbar vor allem deshalb, weil die wirklich gute und produktive Zusammenarbeit in der Parlamentariergruppe für ein demokratisches Belarus in den letzten Monaten wirklich herausragend war; das ist schon gesagt worden. Vielen herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen! Stolz können wir sein auf das gemeinsame Ergebnis: Das ist der heute vorliegende Antrag für ein demokratisches Belarus in der europäischen Familie. Dieser Antrag drückt nicht nur unsere ganz entschiedene Unterstützung für die belarussische Demokratiebewegung aus, sondern auch unsere starke Solidarität mit dem belarussischen Volk in der Sehnsucht nach Freiheit, Menschenrechten, fairen Wahlen und dem legitimen Recht, über sein eigenes Schicksal zu entscheiden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir sind fest an der Seite der mutigen Vertreterinnen und Vertreter, die für einen demokratischen Weg von Belarus stehen: Seien es diejenigen, die für ihre Liebe zu Freiheit und Demokratie in Scheinprozessen mit langjährigen Haftstrafen belegt wurden. Seien es diejenigen, die in Belarus unter extrem schwierigen Umständen und trotz massiver Repressionen weiter versuchen, mit kleinen Dingen das bürgerschaftliche Engagement nicht grundsätzlich untergehen zu lassen. Seien es diejenigen, die aus dem Exil heraus in vielen Ländern der Welt und natürlich auch hier bei uns weiter versuchen, durch zivilgesellschaftliches Engagement zu einem demokratischen Austausch beizutragen. Und natürlich auch diejenigen, die gemeinsam mit Swetlana Tichanowskaja und dem Vereinigten Übergangskabinett der Demokratiebewegung eine ganz deutlich hörbare Stimme geben. Mit vollem Herzen begrüßen und wertschätzen wir all diese Aktivitäten. Ihr zeigt, wie wichtig es ist, der Diktatur die Stirn zu bieten, und deshalb auch meinerseits: Herzlich willkommen, liebe Swetlana, herzlich willkommen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

In den vergangenen Tagen haben wir hier in Berlin eine Konferenz ausgerichtet, bei der zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus vielen europäischen Ländern zusammengekommen sind, die sich aktiv für eine demokratische Zukunft von Belarus engagieren. Nicht nur bei uns, auch in vielen anderen Parlamenten haben sich Freundschaftsgruppen für ein demokratisches Belarus gebildet. Die gestrige Konferenz bot eine ausgezeichnete Gelegenheit, über Länder- und Parteigrenzen hinweg darüber zu sprechen, wie wir unsere jeweiligen Bemühungen in den nationalen Parlamenten und im Europäischen Parlament noch besser gemeinsam miteinander koordinieren können; denn ein freies, demokratisches Belarus, das irgendwann einmal ganz fest zur europäischen Familie gehört, das liegt im ureigensten Interesse von uns allen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der geopolitischen Realitäten des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine. Momentan sehen wir, dass Diktator Lukaschenko das Land dem Willen des Kreml unterwirft: Ob es die angekündigte Stationierung taktischer Atomwaffen ist, ob es die Nutzung von Belarus als Ausgangspunkt für russische Truppen ist, die souveränes ukrainisches Territorium angreifen – beides ist absolut nicht hinnehmbar. Es ist gut, dass die demokratische Opposition sich hier auch ganz klar positioniert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Bei der gestrigen Konferenz hatten wir hier im Bundestag Parlamentarier aus den unterschiedlichsten europäischen Parteienfamilien zu Gast: Sozialdemokraten, Liberale, Grüne, Linke und auch eine ganze Reihe von konservativen Kolleginnen und Kollegen aus ganz Europa. Gemeinsam haben wir damit ein starkes Signal der Unterstützung des demokratischen Weges von Belarus gesetzt, übrigens auch mit der parteiübergreifenden Vorbereitung dieser Konferenz im Rahmen der Parlamentariergruppe. Das zeigt sich auch im Sprecherteam. Deshalb mein ausdrücklicher Dank nicht nur an Robin Wagener und an Anikó Glogowski-Merten, sondern eben auch an Knut Abraham, den CDU/CSU-Kollegen, für die hervorragende Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Trotzdem war es leider nicht möglich, hier im Bundestag einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen, der von allen gleichermaßen unterstützt wird.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Sie haben ja auch gegen unseren Antrag gestimmt!)

Kein Vertreter der Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern hat das in den letzten Tagen verstanden. Ich weiß aus zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Fachpolitikern und weiteren Kolleginnen und Kollegen aus der Unionsfraktion,

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Warum haben Sie dann gegen unseren Antrag gestimmt?)

wie gerne viele von ihnen dieses gemeinsame Zeichen hier gesetzt hätten. Leider gibt es aber ganz offensichtlich Kräfte in Ihrer Fraktion, die jede Zusammenarbeit, selbst bei einem Thema wie diesem, verhindern.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Sie können nur sich selbst meinen!)

Denn neben Unterstützungszusagen und Respektbekundungen, die sich in der Tat auch in Ihrem Antrag finden, geht es uns auch darum, Wege aufzuzeigen, wie politisch verfolgte Menschen geschützt werden können, nämlich indem man ihnen die Möglichkeit bietet, im Exil Schutz und Sicherheit zu finden.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Fair bleiben, Herr Kollege! Fair bleiben!)

Dies sind Werte, die für Deutschland immer gelten müssen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Leider entzieht sich die Unionsfraktion in diesem kleinen Punkt diesem gemeinsamen Konsens.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das ist die Unwahrheit! Sie heucheln!)

Wenn es konkret wird, zum Beispiel durch erleichterte Visa bei der Aufnahme einer niedrigen Zahl an politisch Verfolgten: Wenn irgendwie etwas am Horizont aufscheint, was nach Migration oder Zuwanderung klingt –

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Schämen Sie sich!)

das hat übrigens auch die Debatte vorher gezeigt –, dann nehmen Sie sich aus der Verantwortung.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Schämen Sie sich!)

Es haben doch auch Mitglieder Ihrer Fraktion, Herr Kollege, Patenschaften für politische Gefangene in Belarus übernommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

Ich frage Sie: Wo sollen die denn hingehen können, wenn sie hoffentlich irgendwann mal freigelassen werden?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eben dafür müssen wir doch Lösungen aufzeigen. Das ist der kleine Unterschied zwischen Ihrem Antrag und dem Antrag, den wir hier heute gemeinsam beschließen.

Ich persönlich habe die Patenschaft für Pavel Yukhnevich übernommen. Er ist als Mitglied der Bewegung Europäisches Belarus im September 2020 für seine ausschließlich friedlichen proeuropäischen politischen Aktivitäten verhaftet und zu fünf Jahren in einer Strafkolonie verurteilt worden. Lieber Pavel, ich möchte dir sagen: Wir werden hier und in anderen europäischen Ländern weiter dafür kämpfen, dass du genau wie alle anderen politischen Gefangenen irgendwann freikommst und, wenn du magst, auch eine sichere Zuflucht findest.

Liebe Vertreterinnen und Vertreter der belarussischen Demokratiebewegung, liebe Engagierte für Freiheit und Gerechtigkeit in Belarus, der Deutsche Bundestag solidarisiert sich mit euch allen; denn der Einsatz für Menschenwürde und Demokratie ist kein Verbrechen, sondern eine Leistung, die unseren Respekt und unsere große Unterstützung verdient.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Eugen Schmidt.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7602959
Wahlperiode 20
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Belarus-Politik
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