Luiza Licina-BodeSPD - Belarus-Politik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrte Frau Tichanowskaja! Die Europäische Union, das sind 27 Länder, das ist eine Wertegemeinschaft, die für Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte steht. Die EU bedeutet Frieden und Sicherheit; sie ist der Beweis für den Erfolg von freiheitlichen Gesellschaften.
Aktuell sind wir umgeben von Krieg und Machthabern, die uns deutlich machen, dass Frieden und Sicherheit nicht selbstverständlich sind. Die freiheitliche Gesellschaft, die wir hier haben, ist diesen Menschen ein Dorn im Auge. Auf der anderen Seite wird die Sehnsucht, Teil der EU zu werden, in vielen Ländern im europäischen Raum derzeit immer größer. Wir wollen diese Länder auf dem Weg zu uns unterstützen; das gilt auch für Belarus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deshalb freue ich mich sehr, Frau Tichanowskaja, dass ich Sie heute als belarussische Oppositionsführerin hier bei uns im Bundestag begrüßen darf. Denn Sie sind es, die unserer Debatte ein Gesicht geben. Sie kämpfen in Belarus für eine freiheitliche Gesellschaft. Vielen Dank dafür!
Seit dem Amtsantritt Lukaschenkas haben sich die Beziehungen der EU und Deutschlands zu Belarus allgemein graduell verschlechtert. Wir haben heute schon viel über die Folgen gehört. Seit 2010 verhängt die EU Sanktionen gegen das zunehmend autoritär regierte Land. Die Präsidentschaftswahlen wurden massiv gefälscht. Sie sind die wahre Wahlsiegerin, Frau Tichanowskaja.
Der Machterhalt Lukaschenkas wurde gewaltsam gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt. 30 000 Menschen wurden inhaftiert. Die Oppositionsbewegung und die kritische Presse wurden verfolgt und inhaftiert, ebenso die freien Gewerkschaften. Meinungs- und Pressefreiheit, die für uns selbstverständlich sind, werden mit Füßen getreten. Die Haftbedingungen sind katastrophal, Folter und Mord keine Seltenheit. Es herrschen menschen- und völkerrechtswidrige Bedingungen in Belarus, dem einzigen Land im europäischen Raum, das noch die Todesstrafe vollzieht. Das muss uns allen mehr als nur zu denken geben.
Belarus unterstützt den Krieg Russlands gegen die Ukraine und ist Stützpunkt für die Streitkräfte. Diese Länder rücken in bedenklicher Weise immer weiter zusammen. Mit unserem Antrag wollen wir nicht nur ein Zeichen setzen, sondern aktiv etwas tun. Wir müssen die Demokratiebewegung in Belarus auf allen Ebenen finanziell unterstützen, unsere Förderprogramme ausweiten, den Dialog mit den demokratischen Kräften suchen, aber auch das Sanktionsregime aufrechterhalten und ausweiten. Als Rechtspolitikerin ist mir vor allem wichtig, dass wir Beweise für Menschenrechtsverletzungen sammeln und dokumentieren, damit die Täter am Ende für die ganzen Gräueltaten, die Menschen dort erleiden müssen, zur Rechenschaft gezogen werden.
Im Ansatz liegen uns heute zwei ähnliche Anträge vor. Ich sage es mal so: Solange Sie unserem Antrag zustimmen, ist das unschädlich, da wir in entscheidenden Punkten weiter gehen. Wir wollen nämlich konkret die Aufnahme von politisch verfolgten Menschen aus Belarus nach § 22 Aufenthaltsgesetz fortführen. Das soll ebenso für ehemalige politische Gefangene gelten, die wir nach deren Freilassung geschützt wissen wollen. Deutsche Auslandsvertretungen, gerade in Georgien und Moldau, sollen dafür sensibilisiert werden, politisch Verfolgten aus Belarus nach dem Aufenthaltsgesetz Visa zu erteilen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Außerdem wollen wir auch hier die Anwendung von § 24 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit der Massenzustrom-Richtlinie der EU prüfen, so wie wir es im Falle der Ukrainerinnen und Ukrainer getan haben. Das soll für Belarussinnen und Belarussen gelten, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher und dauerhaft in ihr Heimatland zurückkehren können.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Politisch Verfolgte in Belarus, die auch für unser Wertesystem kämpfen, wollen wir ausdrücklich schützen. Deshalb habe ich bis ans Ende ausdekliniert, was in unserem Antrag steht. Das ist uns besonders wichtig; denn diese Menschen kämpfen ja gerade für Demokratie und Freiheit. Diese Menschen kämpfen auch dafür, dass Russlands Machtfantasien am Ende zurückgedrängt werden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Liebe Frau Tichanowskaja, wir stehen ganz fest an Ihrer Seite. Wir stehen für die, die für Demokratie und Menschenrechte, für freie und faire Wahlen in Belarus kämpfen, und wir gedenken der Opfer. Wir wissen auch um den tiefen Schmerz, den viele Menschen in Belarus durch das Regime erlitten haben und leider immer noch erleiden. Sie haben unsere volle Solidarität.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Nun hat das Wort Robert Farle.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602963 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Belarus-Politik |