Benjamin Strasser - Bericht: Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land steht vor immensen Herausforderungen. Nicht nur Krieg, Inflation, Energiepreise, Migration bewegen die Menschen, sondern auch ein anderes Thema. Denn egal in welchen Wahlkreisen man unterwegs ist und bei wem, ob bei sozialen Einrichtungen, bei Vereinen, bei Unternehmen, relativ schnell kommt auch noch ein anderes Thema: die überbordende Bürokratie.
Nun ist das Thema der Bürokratie ja kein neues Thema; aber wir haben es schon mit einer starken Dringlichkeit zu tun. Viele Menschen schildern uns, dass sie aus lauter Sorge vor der sie drückenden Regulierung und aus Angst, etwas falsch zu machen, sich lieber nicht mehr für die Gesellschaft organisieren, kein Unternehmen mehr gründen. Erst gestern sind in Ulm zum ersten Mal 500 Unternehmer auf die Straße gegangen, um gegen diese Bürokratie zu demonstrieren. Dass unser Land unter einem Bürokratie-Burn-out leidet, ist ein Umstand, den wir schlicht und einfach nicht mehr akzeptieren können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn man ehrlich ist, ist die Hoffnung bei den Leuten, dass nach vielen Jahren und Jahrzehnten des Bürokratieabbaus jetzt endlich mal etwas kommt, das man tatsächlich im Alltag spürt, begrenzt. Deswegen haben wir als neue Bundesregierung uns schon auch die Frage gestellt: Welche Fehler hat man denn in der Vergangenheit begangen, und was können wir als Staat methodisch besser machen, damit wir endlich mal ein Paket vorlegen, das im Alltag der Menschen ankommt?
So haben wir zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesregierung eben nicht nur die Häuser der Bundesregierung gefragt, wo in ihrem Geschäftsbereich mehr Bürokratie abzubauen ist, sondern auch die Betroffenen. Wir haben 70 Verbände eingeladen, an einer großangelegten Verbändeabfrage teilzunehmen. Diese Verbände haben uns innerhalb von wenigen Wochen 442 konkrete Vorschläge geliefert, die wir zur Grundlage unserer weiteren Bemühungen beim Bürokratieabbau gemacht haben.
Gemeinsam mit diesen Verbänden, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ist es uns jetzt gelungen, mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV und dem Wachstumschancengesetz ein Paket vorzulegen, das ein Entlastungsvolumen von über 2,3 Milliarden Euro hat, das doppelt so groß ist wie das größte Bürokratieabbaupaket der Großen Koalition. Das zeigt, dass wir mit dem ersten Schritt jetzt Tempo machen. Ja, es ist ein erster Schritt, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber es ist ein immens wichtiger Schritt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es finden sich nicht alle 442 Vorschläge in diesen genannten Gesetzen. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch alle anderen ad acta gelegt werden. Im Gegenteil: Uns als Bundesregierung war es wichtig, in diesem Sonderbericht auch mal darzustellen, welche dieser Vorschläge wir bereits umgesetzt haben und welche wir als Koalition jetzt sehr akut angehen wollen, beispielsweise beim Thema des Vergaberechts.
Ich freue mich sehr, dass das Bundeswirtschaftsministerium in der Staatssekretärsrunde noch mal angekündigt hat, dass es noch in diesem Winter eine umfassende Novelle des Vergaberechts vorlegen wird. Das ist ein echter Meilenstein, eine echte Entlastung für viele Kommunen und kleine und mittelständische Unternehmen in unserem Land.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber Bürokratieabbau ist nicht nur das Streichen von unnötigen Regeln, sondern Bürokratieabbau hat auch etwas mit besserer Rechtsetzung zu tun, also damit, wie wir die Gesetze hier überhaupt machen. Auch da ist es uns als Koalition innerhalb der letzten zwei Jahre gelungen, echte Trendwenden zu erreichen. Seit Anfang dieses Jahres muss bei jedem neuen Gesetz ein Digitalcheck durchgeführt werden, sodass wir die Chancen der Digitalisierung nicht nur für das Gesetzgebungsverfahren, sondern insbesondere für die Umsetzung der Gesetze nutzen werden. Wir werden verstärkt das Instrument der sogenannten Praxischecks nutzen. Dabei werden Betroffene sehr früh in das Verfahren eingebunden, um bürokratische Hürden zu identifizieren. Und die Reallabore bieten die Chance, innovative Ideen einfach mal auszuprobieren, bevor wir einen Rechtsrahmen setzen. Das zeigt, dass der Fortschrittskoalition auch hier echte Trendwenden gelungen sind.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürokratieabbau – das zeigen schon die wenigen Punkte, die ich ansprechen konnte – ist kleinteilig. Es wird nie das eine große Gesetz geben, das die komplette Bürokratie in Deutschland abschafft. Aber wir haben uns jetzt auf den Weg gemacht. Wir haben den Bürokratieabbaumarathon gestartet. Die ersten Kilometer sind gemacht, und ich lade Sie alle hier im Parlament herzlich ein, sich insbesondere im parlamentarischen Verfahren mit weiteren Ideen zu beteiligen; denn das Ziel ist ein gemeinsames. Ziel dieser Bundesregierung, das vom Parlament und von vielen Menschen in Deutschland geteilt wird, ist, dass Bürokratieabbau in Deutschland endlich mal spürbarer wird. Deshalb bitte ich Sie: Machen Sie mit! Unterstützen Sie uns!
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort Dr. Martin Plum.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603000 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Bericht: Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau |