Ingo GädechensCDU/CSU - Nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr
Herr Präsident, vielen Dank für das Wort. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wehrbeauftragte! Herr Minister! Seit weit über anderthalb Jahren sind wir konfrontiert mit einem brutalen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Vor einem Monat haben wir einen in dieser Dimension bisher nicht gekannten bestialischen Angriff auf Israel erlebt. Beide Kriege sind keine lokalen Konflikte, sondern in beiden Kriegen werden unsere Werte, wird unsere Art des Lebens, mithin die ganze westliche Kultur frontal angegriffen. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen. Vor dem Hintergrund dieser sicherheitspolitischen Lage müssen wir für die Sicherheit Deutschlands und unserer Verbündeten endlich die richtigen Weichen stellen.
Wenn man die vielen Reden, zum Beispiel des Bundeskanzlers, aber auch des Verteidigungsministers, zur Verantwortung Deutschlands in der Welt hört, könnte man denken: Alles wird gut. – Bedauerlicherweise lassen die Reden und Ankündigungen aber oftmals kein schnelles Handeln erkennen. Selbst der Vorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbands, Oberst André Wüstner, beklagt, dass es zu viel Rhetorik und zu wenig konkretes Handeln gibt, und fordert einen erkennbaren politischen Ruck. Dass dieser Ruck fehlt, zeigt sich in dramatischer Weise in den Finanzplanungen. Im inzwischen dritten Haushalt nach dem Beginn des Ukrainekriegs will die Bundesregierung erneut keine ausreichende Finanzierung für die Bundeswehr sicherstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Desaster. Deshalb beantragen wir als Union heute, diesen erkennbaren Irrweg bei der Bundeswehrfinanzierung zu verlassen.
Was genau notwendig ist, lässt sich leicht feststellen, wird es doch unter anderem auch vom Verteidigungsminister selbst beschrieben. Vor einigen Monaten haben Sie hier an dieser Stelle ausgeführt, dass die Bundeswehr im Jahr 2024 mindestens 10 Milliarden Euro mehr benötigt als im laufenden Jahr.
Herr Kollege Gädechens, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Schäfer?
Ja, das erlaube ich gern.
(Zuruf von der SPD: Die Haushälter unter sich!)
Vielen Dank, Kollege Gädechens, dass Sie die Frage erlauben. – Ich halte die Spannung kaum aus, eine Woche vor der Bereinigungssitzung, was die 10 Milliarden Euro betrifft, die Sie eingestellt haben. Können Sie uns da vielleicht eine Sneakpreview auf die Gegenfinanzierung geben?
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lieber Kollege Schäfer, darauf antworte ich sehr, sehr gerne, weil wir uns als Haushälter und Berichterstatter für den Einzelplan 14 ja ständig über Finanzierungsmöglichkeiten aus anderen Etats austauschen.
(Zuruf von der FDP: Welche denn?)
Wir wissen, wie viel Freude das den Berichterstattern der anderen Etats macht.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Das ist keine Antwort!)
Es gab mal eine Zeit, wo sich die FDP als Serviceopposition dargestellt hat
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Geben Sie doch mal eine Antwort, Herr Gädechens!)
und immer versucht hat, Gegenvorschläge – teilweise abstruse Gegenvorschläge – zu machen, um ihre Schwerpunkte in anderen Ressorts zu setzen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: In dieser von mir beschriebenen sicherheitspolitischen Lage erwarte ich von einer Ampelkoalition
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ah!)
und von einer Regierung, dass sie Schwerpunkte setzt.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Sie haben keine Vorschläge, heißt das! – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Ist das peinlich, Herr Haushälter!)
Es gibt aus dem BMF das Instrument der Globalen Minderausgabe, das in alle Ressorts, in alle Einzelpläne hineinwirkt. Und so könnte es ein Instrument der Globalen Minderausgabe aller anderen Ressorts zugunsten des Einzelplans 14 geben,
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Das machen wir schon! Genau das machen wir doch schon!)
damit die Forderung des Bundesverteidigungsministers auf 10 Milliarden Euro mehr für Ausstattung für diesen Einzelplan erfüllt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Guten Morgen!)
Diese 10 Milliarden Euro werden zu Recht eingefordert. Das ist richtig. Nach jetzigen Planungen bekommt die Bundeswehr aber nur 1,7 Milliarden Euro. Das reicht nicht einmal für den gestiegenen Tarifabschluss und ist deshalb viel zu wenig. In der kommenden Woche beendet der Haushaltsausschuss seine Beratungen. Somit ist das die letzte Möglichkeit, den notwendigen Aufwuchs für den Verteidigungshaushalt umzusetzen. Diese Chance – auch an Sie gerichtet, Herr Dr. Schäfer – müssen wir jetzt gemeinsam nutzen. Das ist eine Aufforderung insbesondere an die Ampelkoalitionäre.
Aber es reicht nicht, nur im kommenden Jahr genügend Geld zur Verfügung zu stellen. Noch wichtiger ist es, auch die Finanzplanung anzupassen; denn die Bundeswehr braucht über Jahre eine langfristige finanzielle Sicherheit. Größere und komplexere Waffenbeschaffungen können sonst nicht umgesetzt werden. Was aber schlägt die Bundesregierung vor? Bis 2027 soll der originäre Verteidigungshaushalt auf 52 Milliarden Euro eingefroren werden. Der Minister sagte selbst wörtlich, dass wir auf Grundlage dieser Finanzplanung nach Auslaufen des Sondervermögens der Bundeswehr die Türen im BMVg abschließen können, dass dann das Thema Bundeswehr erledigt sei. So wahr diese Aussage ist, so entschieden muss doch jetzt politisch gegengesteuert und gehandelt werden.
Ein Aufwuchs bei den Bundeswehrfinanzen ist schon deshalb notwendig, um das 2-Prozent-Ziel der NATO einzuhalten. Wir haben uns dazu verpflichtet, 2 Prozent unserer Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren, und die Regierung behauptet, dass wir dies 2024 erstmals erreichen.
(Zuruf von der FDP: Machen wir auch!)
Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Wir erreichen das 2-Prozent-Ziel nur mit vielen Tricks und Täuschereien, weil zum Beispiel Kreditzinsen und Pensionen ehemaliger NVA-Soldaten als Verteidigungsausgaben deklariert werden. Solche Tricks und Spielchen passen aber nicht in unsere sehr ernste sicherheitspolitische Lage. Was wir unseren Verbündeten versprochen haben, müssen wir auch einhalten – nächstes Jahr und auch in den Jahren, die da kommen werden.
Die Ampelregierung erweist sich erneut als zerstritten und versagt in einem der wohl wichtigsten Themenfelder. Bei den Verhandlungen zum „Sondervermögen Bundeswehr“ wurde der Union eine langfristige und gesicherte Bundeswehrfinanzierung versprochen. Gehalten hat die Regierung dieses Versprechen nicht. Daher müssen wir mit unserem Antrag einmal mehr darauf hinweisen; denn uns läuft die Zeit davon. Jedes Jahr wird es schwieriger, die notwendigen Umschichtungen zugunsten unserer Sicherheit im Bundeshaushalt vorzunehmen; denn mehr Geld für Verteidigung heißt natürlich auch, weniger Geld an anderen Stellen ausgeben zu können. Das aber traut sich diese Koalition nicht.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, warum denn nicht?)
Und wie schon bei den vergangenen Haushaltsberatungen wird die Union auch bei den laufenden Beratungen im Rahmen der Bereinigungssitzung die entsprechenden Anträge einbringen. Dann wird sich einmal mehr zeigen – und sich die Spreu vom Weizen trennen –, wer es mit einer Stärkung der Bundeswehr wirklich ernst meint.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Dann muss da aber mehr kommen als heute!)
Meine Damen und Herren, klagen und Probleme beschreiben reicht nicht.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ah! – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten ja heute einen Vorschlag machen können!)
In dieser Situation ist Handeln gefordert. Wir stellen nicht die Regierung, Sie stellen die Regierung. Fordern Sie Ihre Regierung auf, zu handeln.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Gädechens. – Nunmehr spricht zu uns die Kollegin Sara Nanni, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7603075 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr |